15
Jun
2009

Zwischenfall mit Polizeiauto

Um 11 Uhr heute Morgen will ich zu Fuss die Tagblattstrasse überqueren. Bei der üblichen Ampel. Sie steht auf Rot, aber da ist Null Verkehr. Die Strasse liegt da wie ausgestorben. Sie jetzt nicht bei Rot zu überqueren, wäre widersinnig. Deshalb tue ich, was ich in den letzten zehn Jahren bestimmt schon hundert Mal getan habe: Ich ignoriere die Ampel und tipple hinaus auf die Strasse. Ich habe gerade drei Schritte gemacht, da donnert aus dem Nichts ein Auto auf mich zu.

Ich mache einen Sprung auf die Seite. Es kommt zum Stillstand. Zwischen uns gerade noch zehn Zentimeter. Zum Glück! Sonst würde ich Euch aus dem Spital schreiben. Oder gar nicht.

Als erstes sehe ich: Verdammt, das ist ein Polizeiauto! Ich denke: "Uii! Das gibt Ärger!"

Dann fährt mir der Schreck ein und die Knie beginnen mir zu zittern. Ich hopple aufs Trottoir gegenüber.

Da lässt der Polizist die Autoscheibe hinunter und beginnt zu brüllen. "Wenn es Rot ist, ist es Rot! Das gilt auch für Sie!"

Ich will mich zaghaft rechtfertigen, doch im Grunde weiss ich: Gegen Polizisten und andere Autoritätspersonen sollte man sich nicht wehren, wenn man allein ist. Vor allem dann nicht, wenn sie am längeren Hebel sind. Und er ist am längeren Hebel. Juristisch betrachtet habe ich hier gar nichts zu melden.

"Ja, ja, schon gut!" brummle ich, immer noch verdattert, da geht seine Scheibe wieder hoch und er röhrt davon. Er muss aus dieser elenden Seitenstrasse gekommen sein. Als er in die Strasse einbog, schaute er wahrscheinlich nach Links statt nach vorn und gab wegen der Steigung der Seitenstrasse ziemlich Gas. Ich glaube, er ist genauso heftig erschrocken wie ich. Und irgendetwas am Polizistendasein befähigt einen, in solchen Momenten zu brüllen statt nur zu zittern (wie ich es wahrscheinlich auch getan hätte, wenn ich an seiner Stelle gewesen wäre). Eigentlich bewundernswert.

"Na, wenigstens hat er Dir keine Busse gegeben!" sagte eine Kollegin beim Mittagessen.

13
Jun
2009

Benji geht hinaus in die Welt

Vor gut einem Jahr hat er seine Keimblätter der Sonne über unserem Balkon entgegengehalten. Hier ist das hübsch im Bild dokumentiert. Und jetzt ist Benji ein stattliches, gesundes Bäumchen geworden.

Last picture of Benji

"Wenn er so weiterwächst, wird ihm bald mein grösster Topf zu klein", sagte sich die Frogg. Zeit, das Baumkind in die grosse, weite Welt zu entlassen.

Gestern haben wir ihm ein Plätzchen am Rand eines bewaldeten Tobels* gefunden. Die Verpflanzung wurde zum Familienfest: Das Plätzchen liegt nahe beim Haus der Eltern Frogg. Vater Frogg hat den richtigen Ort mit Bedacht ausgewählt und Benji mitsamt dem neuerlich in seinem Topf gewachsenen Glücksklee in den Boden eingegraben. Dann habe ich ihn ein letztes Mal kräftig mit Giesskannenwasser getauft. Mutter Frogg und Herr T. haben zugeschaut.

Meiner Kamera ist leider vor lauter Stress der Akku ausgegangen.

Jetzt wünsche ich dem Kleinen alles Gute. Möge er ein grosser, starker Baum werden.

* schweizerdeutsch für ein kleines, tief eingeschnittenes Flusstal

12
Jun
2009

Türkei für Tee-Allergiker


(Quelle: www.antalya.de)

Wer Schwarztee nicht verträgt, ist in der Türkei eine arme Sau. Denn Çay trinkt man dort jederzeit und überall. Er ist Nationalgetränk und eine geläufige und gleichzeitig symbolhafte Geste der Gastfreundschaft. Sagt man zum tulpenförmigen Glas "nein danke", so scheint das Zustandekommen zwischenmenschlicher Wärme von Anfang an gefährdet. Und ausserdem: Nichts erfrischt nach einer langen, den Kreislauf abtörnenden Busfahrt so tiptop wie ein Glas Tee.

Deshalb schlug ich zu Beginn unserer Lykien-Reise meine eigenen Erkenntnisse in den Wind. Hemmungslos gab ich mich dem Teegenuss hin. Bis mich am dritten Tag ein heftiger Schwindelanfall packte. Zum Glück sass ich schon. Sonst wäre ich wieder einmal hingeknallt.

Ich wusste: Frau Frogg muss jetzt Alternativen finden. Und sie fand Alternativen, die ich hier etwaigen Leidensgenossen nicht unterschlagen möchte:

Sie bestellte Salbeitee, auf Türkisch adaçay.

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(Quelle: farm1.static.flickr.com/187/415305568_e17a3f41c8.jpg)

Manche Kellner rümpfen die Nase, wenn man ihn bestellt. Adaçay scheint ein etwas ländliches Image zu haben. Andere mögen einen dann erst recht. Sie geben sich freudig der Illusion hin, dass dieser eine Gast etwas mehr als nur die Oberfläche ihres Landes kennt. Salbeitee wird aus den Blüten (wie im Bild), häufiger aber aus ihren Blättern der Salbeipflanzegemacht. Beides wird im Glas gleich mitserviert. Salbeitee ist hierzulande ja vor allem ein Heil- und Gurgeltee und schmeckt abscheulich. In der Türkei aber ist er milder und mit einem Stückchen Zucker durchaus ein Genuss.

Sehr zu empfehlen: Apfeltee, türkisch elmaçay: Ich hielt ihn für ein Mischgetränk aus Schwarztee und habe ihn deshalb bei unserer Lykien-Reise verschmäht - obwohl er mir mehrfach als Alternative angeboten wurde. Ich hätte ihn trinken können, wie ich zu Hause feststellte. In unserem Teeschrank fand ich eine Packung elmaçay, die Herr T. letztes Mal aus der Türkei mitgeschleppt hatte. Das Getränk enthält Apfel, Hibiskus, Zimt, Geschmacksstoffe, Brombeerblätter und Zitronenschale. Es wird zwar im Beutel serviert, ist aber schmackhaft und angenehm süsssauer.

Gelegentlich (eher selten) gibts auch Pfefferminztee, Türkisch nanaçay. Aber Achtung: Nanaçay ist ein maghrebinisches Getränk, kein türkisches.

Wo es das alles nicht gibt, gibt es oft nur Kräutertees aus dem Beutel, und die schmeckend nach seit Jahren vertrocknetem Gras und sonst nach gar nichts. Man hüte sich etwa vor Spearmint & Lemon. Da bleibt man besser beim Wasser. Oder gönnt sich, wie ich es tat, ein einziges Glas Tee im Tag. Das reicht nicht für einen Schwindelanfall.

10
Jun
2009

Spaziergang mit Kind

Soll mir nie mehr jemand erzählen, Kinder kämen als unbeschriebenes Blatt zur Welt und würden alles von ihren Eltern und anderen Bezugspersonen lernen,auch das Geschlechterrollenverhalten. Seit ich gestern mit meinem Göttibub die Tagblattstrasse hinunterging, weiss ich, dass Kinder schon mit vier ganz selbständig Dinge sehen, die zu sehen ihnen mit grosser Wahrscheinlichkeit niemand beigebracht hat.

Die Tagblattstrasse hinunter gehe ich seit einem Jahrzehnt mindestens einmal die Woche. Meistens allein. Ich weiss längst, dass dort ein alter Handwerker-Betrieb mit einem riesigen Metallgerüst im Hof steht. Ich bin mir nicht sicher, wozu es gut sein soll. Es ist mächtige drei Meter hoch und stammt eindeutig aus dem industriellen Zeitalter. Viel Beachtung habe ich ihm trotzdem nie geschenkt. Mir gefallen zwar diese historischen Zeugen des Industriezeitalters schon. Aber eher auf Reisen. Nicht auf dem Weg von und zur Arbeit. Ein stetiges Interesse an den Errungenschaften der Technik ist etwas für Männer, findet Frau Frogg.

Wobei auch Tims Vater, so weit ich weiss, kein besonderes Interesse an mächtigen Stahlgestellen in Hinterhöfen an den Tag legt. Und auch seine Mutter, Veronika, tut das eher nicht, glaube ich (correct me if I'm wrong). Hat Tim wohl in der Waldspielgruppe eine Betreuerin, die mit offenem Mund vor einem alten Saurer-Lastwagen oder einem offenen Schlossereitor stehenbleibt?

Als Tim jedenfalls mit offenem Mund stehenblieb, wusste ich erst gar nicht, was er eigentlich sah. Das ist mir mit ihm auch schon passiert. Einmal blieb er in der Stadt mit offenem Mund vor einem ziemlich wüsten Chaos stehen und blickte mit staunenden Augen ins Durcheinander. Als ich fragte: "Was siehst Du denn da?!", sagte er ehrfürchtig: "Eine Baustelle!"

Diesmal fragte er: "Was ist das?!"

Endlich sah ich das Stahlgestell, das er meinte. Aber ich wusste halt nicht, was es war. Ich werde es herausfinden!

Und dass Du auf dem Nachhauseweg so weinen musstest, tut mir leid. Nächstes Mal nehmen wir den langen Weg! Versprochen!

8
Jun
2009

Nach dem Zahnarzt

Endlich. Nach fast zwei Wochen habe ich heute Hoffnung geschöpft, dass mein Mund eines Tages nicht mehr wehtun wird. In den 14 (vierzehn!) Tagen zuvor fühlte sich zeitweise jeder Schluck Wasser, jedes Wort, ja, jeder Atemzug, so an, als würde irgend so ein Typ sein Rasiermesser an meinem Zahnfleisch wetzen. Und zwar genüsslich.

Ja, ich gebe es zu: Ich habe mich von Zahnarzt Schwytzer zu einem kleinen Eingriff überreden lassen. Ich erlaubte ihm, mir den tief sitzenden Zahnstein am hintersten Backenzahn oben links operativ zu entfernen. Und als kleine Draufgabe durfte er mir das Zahnfleisch dahinter mit einem glühenden Dingsda wegsengen. "Damit sich das Zahnfleisch dort nicht noch mehr entzündet! Sonst fällt Ihnen in 10, 15 Jahren noch ein gesundern Backenzahn aus", erklärte die Zahnarztgehilfin sachlich. Es zischte und stank.

Ich hatte mir bekanntlich vorgenommen, Schwytzer abzuwimmeln. Ich verdächtigte ihn der Geldgier. Aber dann entpuppte sich eine meiner Bekannten als gelernte Zahnarzt-Gehilfin. "Oh, Zahnarzt Schwytzer!" schwärmte sie, "Das wäre der Chef meiner Träume gewesen. Der ist so ruhig und gelassen! Und er tut überhaupt nichts Unnötiges!"

Ich glaubte ihr.

Ich büsste schwer. Die Operation ging ja noch. Na gut, eine Weile hing Schwytzer mit seinem gesamten Gewicht an meinem Zahnstein. Und riss. Und riss. Also, wenn alles an mir so stark wäre wie mein Zahnstein, dann hätte ich auf der Welt nichts zu befürchten. Aber sonst ging alles gut.

Aber die Schmerzen nachher! Ich kann nur sagen: Tut es mir niemals nach! Verzichtet besser in ferner Zukunft auf Eure Backenzähne! Wie gut, dass endlich alles besser wird!

Dumm ist nur, dass ich übermorgen zum Kieferchirurgen muss. Über die Zukunft meiner verbliebenen drei Weisheitszähne entscheiden.
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