7
Apr
2009

Hurra, er liebt mich!!!

Gestern ging ich zum Erstenmal mit meinen neuen Schuhen auf die Strasse. Ihr erinnert Euch: Diese hier.

"Na, wie gefallen sie Dir?" fragte ich Herrn T., bevor ich aus dem Haus stakste.

"Die sind aber gefährlich", brummelte Herr T.. Er klang wie ein Vater, der über den Zeitungsrand skeptisch die neueste Modelaune seiner ausgeflippten Tochter kommentiert. Ihr wisst nicht, was er damit sagen wollte? Keine Sorge, ich auch nicht. Ich vermutete so etwas wie ein Kompliment. Ich meine: Herr T. hat eine ausgesprochen minimalistische Art, Komplimente zu machen. Er ist zum Beispiel berühmt dafür, dass er an Neuanschaffungen stets das Manko entdeckt: einen losen Knopf. Oder die Tatsache, dass das neue T-Shirt gelb ist, obwohl ich doch ein Weisses wollte. Wenn er keinen Fehler findet, dann brummelt er jeweils irgend etwas vor sich hin. Zum Beispiel "Ach, ein bisschen bieder!" Das bedeutet dann "ganz ok", da bin ich mir im Grunde sicher.

Ihr seht: Wenn es um Komplimente geht, ist Herr T. nicht ganz einfach zu verstehen. Dennoch versuche ich ihm so zweimal im Jahr eins aus der Nase zu ziehen. Freiwillig macht er mir nie eins, das fände er uncool. Aber ich kann einfach nicht glauben, dass er mich potthässlich findet und trotzdem seit neun Jahren Tisch und Bett mit mir teilt. Auch wenn das vielleicht naiv ist. Vielleicht müsste ich mich damit abfinden, dass nichts als Bequemlichkeit ihn so lange an meiner Seite gehalten hat.

Warum er aber meine neuen Schuhe für gefährlich hielt, begriff ich dennoch nicht. Deshalb fragte ich nach.

"Na, die haben doch so hohe Absätze! Wo Du doch sagst, Dir sei ständig schwindlig!"

Glaubt mir, Freunde, nun war ich wirklich baff. Denn das war kein Kompliment. Das war eine Liebeserklärung! Der Mann hatte irgendwo aufgeschnappt, dass ich ungern auf hohen Absätzen herumlaufe, wenn mir schwindlig ist. Er brachte in einem hingebrummten Satz seine Sorge um mein Wohlergehen auf den Punkt! Und liess mich irgendwie verstehen, dass er nicht gleich aus dem Haus laufen würde, auch wenn er längst gemerkt hat, dass ich nicht die Gesündeste bin.

Ich war gerührt. Das muss ihm mal einer nachmachen!

Oder habe ich da etwas überinterpretiert?

5
Apr
2009

Krimi in der Krise

Neulich wachte ich um fünf Uhr morgens auf und konnte nicht mehr einschlafen. "Na gut", sagte sich die Frogg, "Dann arbeitest Du jetzt an Deinem Krimi weiter. Vielleicht wäre es sowieso besser, wenn Du diese Arbeit auf den frühen Morgen verlegen würdest."

So nahm ich das zweite Kapitel zur Hand, an dem ich gerade arbeite. Ich las es wieder einmal in seiner Gänze - und fand es unerträglich. Die Details erspare ich Euch. Vielleicht lag es ja nur daran, dass das Frogg'sche Urteilsvermögen um fünf Uhr morgens noch nicht in Vollbetrieb ist.

Aber wahrscheinlich habe ich Recht und das Ding ist einfach nur ein Riesenhaufen Mist.

Ich sagte mir: "Also gut. Ich vergesse dieses Geschreibe. Ich finde mich damit ab, dass ich doch nicht zur Schriftstellerin geboren bin. Statt dessen werde ich:

- den Frühling so richtig geniessen
- meine Türkisch-Kenntnisse für die Ferien im Mai aufpolieren
- wieder mehr bloggen
- noch ein paar dringende Anschaffungen machen, bevor die Wirtschaftskrise meine Ersparnisse vernichtet

Ich fühlte mich froh und erleichtert.

Bis mir Tree einfiel. Tree, der mir bei meinen Recherchen so viel geholfen hat. Ich habe ihn zum letzten Mal vor ein paar Wochen an einem Fest gesehen. Wir waren die Letzten, die noch in den Sofas hingen, vier fünf Leute, morgens um zwei oder drei. Irgendwie kamen wir auf Bücher zu reden, auf das, was wir so lesen und lesen möchten. Es gab eine kurze Pause, und plötzlich murmelte Tree, etwas betrunken wie wir alle: "Frogg möchte ich endlich lesen! Ja, Frogg möchte ich lesen!"

Wenn mir ein Gedanke wirklich einfährt, dann denke ich Englisch. Nicht immer the Queen's English, aber so ist es nun mal. Als mir Tree in diesem Sofa einfiel, dachte ich: "Oh God!" und dann sagte ich halblaut: "Fucking Hell!"

Heute Morgen um 10 Uhr habe ich beschlossen, dem Ding noch eine Chance zu geben. Ich weiss nur noch nicht, wann. Und wie genau.

3
Apr
2009

Beim Zahnarzt

"Kommen Sie im Mai wieder", sagt mein Zahnarzt. "Es wird Zeit, dass wir in dieser Sache zu einer Entscheidung kommen." Er spricht von den drei Weisheitszähnen, die seit Jahrzehnten so tief in meinen Kiefern ruhen wie verborgene Schätze. Er will sie endlich ausgraben.

Ich würde ihn gerne dran erinnern, dass es nicht Unentschlossenheit war, die ihn bislang daran gehindert hat. Ganz im Gegenteil. Ich habe ihn mit Entschiedenheit daran gehindert. Schon vor ein paar Jahren hat er mich zu überreden versucht, ihn an die vergrabenen Drei heran zu lassen. Er warnte mich damals vor allerhand hässlichen Problemen, die nie ausgewachsene Weisheitszähne verursachen können. "Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich solche Komplikationen einstellen?" fragte ich. Da wusste er, dass das Spiel gelaufen war. Er grinste: "Zwei Prozent." Worauf ich Deutsch und deutlich sagte: "Dann lassen wir sie drin!"

Ich verzichte darauf, ihn auf seine kleine Erinnerungslücke anzusprechen. Ich werde meinen Atem brauchen, wenn er wir ernsthaft über die Sache reden. Er hat neue Argumente.

Ich bin kein misstrauischer Mensch. Ich lebe nicht in der ständigen Erwartung, dass mich jemand ausnehmen will. Warum werde ich den Verdacht nicht los, dass mein Zahnarzt sich nicht in erster Linie aus Sorge um mich für meine Weiheitszähne interessiert?

31
Mrz
2009

Der Speck der Poesie

Einige von Euch mögen sich gewundert haben, wo ich in den letzten Tagen abgeblieben bin. Ja, Eure Wahrnehmung stimmt. Ich bin auf meinem eigenen Blog viel weniger anwesend als früher. Das ist nicht meine Art. Ich liebe meinen Blog. Ich bin besessen von ihm. Aber dieser Tage fehlt mir das, was ich den Speck der Poesie nenne.

Jenes bisschen extra Sattheit im Hirn, das Kraft für Gedankenflüge gibt. Jenes nicht von Arbeit überwucherte Fleckchen Geist, aus dem Blogeinträge wachsen.

Nicht, dass mir die Arbeit im Büro stinkt. Sie macht sogar Spass. Aber sie frisst an mir. Ihr könnt Euch vorstellen, wie es um meinen Krimi steht, wenn ich schon keine Zeit mehr zum Bloggen habe!

28
Mrz
2009

Joggen mit Hindernissen

Mein neuer Job hält mich ganz schön auf Trab. So hatte ich gestern zwar morgens frei und mir fest vorgenommen, an meinem Krimi zu arbeiten. Aber irgendein dummes Jobproblem surrte der Frogg im Kopf herum. Sie sah sich ausser Stande, sich auf die Feinheiten ihres dramaturgisch anspruchsvollen Plots zu konzentrieren. Sie musste grübeln.

Draussen schien ausnahmsweise die Sonne.

"Joggen wäre jetzt genau das Richtige!", sagte sich die Frogg. "Das beruhigt den Geist und sorgt für Ausgleich!" Und siehe da: Ich ging joggen. Obwohl ich selber staunte über diesen ungewohnten Drang hinaus an die frische Luft. Naja, vielleicht war er nur eine seltsame Blüte der Prokrastination. Vielleicht lief ich einfach vor meinem Krimi davon.

Ich war auf das Schlimmste gefasst. Im letzten halben Jahr beschränkten sich meine Fitness-Programme auf eine halbe Stunde Gummizellen-Joggen pro Woche und ein paar Turnübungen vor dem Fernseher. Mit dem Schwindel würde ich umgehen können. Aber ich fragte mich dennoch, ob ich fit genug für die einstündige Runde um den Göttersee war.

Der Start war tatsächlich ein Desaster. Ich bin immer unsportlich gewesen, und als Joggerin war ich auch zu meinen besten Zeiten eine Lachnummer: Immer etwas schwerfällig, immer viel zu langsam. "Du läufst ja vor Ort!" pflegte Herr T. zu feixen. Aber diesmal war es wirklich schlimm: Meine eigenes Gewicht schien mich magnetisch an den Boden zu heften. Und wie das Bäuchlein schwabbelte! Wie die Speckröllchen an den Schenkeln bremsten! Damit wir uns richtig verstehen: Ich bin nicht dick. Höchstens etwas üppig. Ich habe einen BMI von 23,6. Aber ich fühlte mich, als sei ich 200 Kilo schwer. Wenn das so weiter geht, werde ich bald zu gravitätischeren Sportarten übergehen müssen: Nordic Walking oder so. Schlimm.

Dennoch wollte ich gerade erfreut feststellen, dass ich das Ende des Sees wohl erreichen würde. Da stoppte ein rotweisses, über den Waldweg gespanntes Band mein Getrampel. "Holzschlag", hiess es auf einer Tafel, und im Gehölz, weit weg sah die Frogg Männer in orangen Gwändli. Ein furchtbares Dilemma. Sollte ich klein beigeben und umkehren? Oder durchs Unterholz zum nahen Strässchen hoppeln, von dem aus es einen Umweg um das beholzte Gebiet gab? Einen weiten Umweg.

In einem früheren Leben hätte ich auf die Zähne gebissen und hätte den Umweg gewählt. Diesmal kehrte ich um. "Du wirst in Deinem Leben noch viel Zeit zum Joggen haben!" sagte ich zu Frau Frogg.

Die Strafe für meine Faulheit ereilte mich schon nach wenigen Hundert Metern: Ich sah den schönen Pascal auf mich zukommen. Wenn es jemanden gibt, von dem ich beim Joggen nicht gesehen werden will, dann ist es der schönste Mann, den ich kenne. Nicht, dass der eine Sportskanone wäre. Ich stehe nicht auf Sportskanonen. Aber keine Frau will dem schönsten Mann, den sie kennt, in der uncoolsten Lebenslage begegnen, in der sie sich sich selber vorstellen kann.

Ich versuchte, wenigstens einigermassen normal auszusehen. Es gelang mir so halbwegs, glaube ich. Jedenfalls rollte er sich nicht auf dem Boden vor Lachen. Im Gegenteil: Er beachtete mich kaum.

Was auch gut war. Sonst müsste ich mir noch überlegen, künftig in einer Burkha joggen zu gehen. Und das würde alles noch viel schwieriger machen.
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Journal einer Kussbereiten

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