Top 5 Engadin: Val Plavna
Das Unterengadin hat mindestens ein Dutzend Seitentäler. Von aussen betrachtet sehen sie alle gleich aus: Waldig. Bergig. Aber Herr T. fuhr an guten Aussichtspunkten gerne mit dem Zeigefinger durch die Gegend und deklinierte die Namen der Täler mit unüberhörbarer Begeisterung herunter: Da das Val Sinestra, dort das Val d'Uina, hier das Val Sowieso, dort das Val Soundso und eben das Val Plavna.
An unserem ersten Schönwettertag gab es für ihn kein Halten mehr: Er führte uns auf den Engadiner Touren-Klassiker vom Val Mingèr ins Val Plavna. Hier eine genaue Tourenbeschreibung.
Das Val Mingèr ist hübsch und voller Alpenveilchen. Es liegt im Nationalpark, und wir sahen in der Ferne Munggen* herumhoppeln und wahrscheinlich mindestens einen Bartgeier. Mindestens.
Aber der erste Hammer kam nach einem fast dreistündigen Aufstieg auf dem Pässchen Sur il Foss.
Ich meine: Wenn man Frau Frogg früher solche Bilder zeigte, dann lächelte sie höflich und dachte: "Rotsockenhuberei!" Frau Frogg ist eine ausdauernde Spazierergängerin. Eine Hochgebirgs-Ziege ist sie nie gewesen. Aber das hier, das war irgendwie überwältigend. Diese Weite! Wildheit! Diese Ödnis! Dieses Licht!
Der Abstieg ins Val Plavna war ebenso überwältigend. Er führt einer riesigen, steil abfallenden Geröllhalde entlang. Für Menière-Patientinnen fahrlässig. Aber ich merkte es erst, als es zum Umkehren zu spät war. Ich steckte tapfer meine Stöcke ins Gestein und schritt weiter. Und ich war glücklich. Ich wusste plötzlich, dass diese Wanderung einen Soundtrack hat. Ich sang ihn leise vor mich hin - oder versuchte es wenigstens:
Am unteren Ende der Geröllhalde steht eine Alphütte. Dort hätte ich stundenlang an der Sonne sitzen und dem Mungg weit unten auf der Bergwiese vor mir zuschauen können. Aber wir hatten zu wenig Wasser, um hier lange herum zu hängen. Und uns standen noch drei Stunden Abstieg nach Tarasp bevor. Herr T. zückte seine Karte aus dem Jahr 1985 und zeigte mir, wo's langging.
Einen weiteren Kilometer talabwärts zeigte sich, dass seine Karte nicht mehr aktuell war: Vor uns lag eine gewaltige Steinwüste. Geschiebe hatte seinen hübschen Weg total zugedeckt. Zum Glück gab es eine neue Piste. Und im Zweifelsfall wiesen da eine Baumskulptur, dort ein Steinmannli oder ein Maultierdung-Haufen den Weg.
Wir brauchten eine Stunde, um die Wüste zu durchqueren. Nun befanden wir uns im Bärenland. Auf dem Hügel, der auf dem Bild Herrn T.s Hals schneidet, war Meister Petz am Tag zuvor gesichtet worden. Er hatte dort auf einer Alp ein Schaf gerissen. In einem Schneerest am Wegrand hielt Herr T. Ausschau nach Bärenspuren. Aber wir sahen weder das Tier noch seine Fussabdrücke.
* Murmeltiere
An unserem ersten Schönwettertag gab es für ihn kein Halten mehr: Er führte uns auf den Engadiner Touren-Klassiker vom Val Mingèr ins Val Plavna. Hier eine genaue Tourenbeschreibung.
Das Val Mingèr ist hübsch und voller Alpenveilchen. Es liegt im Nationalpark, und wir sahen in der Ferne Munggen* herumhoppeln und wahrscheinlich mindestens einen Bartgeier. Mindestens.
Aber der erste Hammer kam nach einem fast dreistündigen Aufstieg auf dem Pässchen Sur il Foss.
Ich meine: Wenn man Frau Frogg früher solche Bilder zeigte, dann lächelte sie höflich und dachte: "Rotsockenhuberei!" Frau Frogg ist eine ausdauernde Spazierergängerin. Eine Hochgebirgs-Ziege ist sie nie gewesen. Aber das hier, das war irgendwie überwältigend. Diese Weite! Wildheit! Diese Ödnis! Dieses Licht!
Der Abstieg ins Val Plavna war ebenso überwältigend. Er führt einer riesigen, steil abfallenden Geröllhalde entlang. Für Menière-Patientinnen fahrlässig. Aber ich merkte es erst, als es zum Umkehren zu spät war. Ich steckte tapfer meine Stöcke ins Gestein und schritt weiter. Und ich war glücklich. Ich wusste plötzlich, dass diese Wanderung einen Soundtrack hat. Ich sang ihn leise vor mich hin - oder versuchte es wenigstens:
Am unteren Ende der Geröllhalde steht eine Alphütte. Dort hätte ich stundenlang an der Sonne sitzen und dem Mungg weit unten auf der Bergwiese vor mir zuschauen können. Aber wir hatten zu wenig Wasser, um hier lange herum zu hängen. Und uns standen noch drei Stunden Abstieg nach Tarasp bevor. Herr T. zückte seine Karte aus dem Jahr 1985 und zeigte mir, wo's langging.
Einen weiteren Kilometer talabwärts zeigte sich, dass seine Karte nicht mehr aktuell war: Vor uns lag eine gewaltige Steinwüste. Geschiebe hatte seinen hübschen Weg total zugedeckt. Zum Glück gab es eine neue Piste. Und im Zweifelsfall wiesen da eine Baumskulptur, dort ein Steinmannli oder ein Maultierdung-Haufen den Weg.
Wir brauchten eine Stunde, um die Wüste zu durchqueren. Nun befanden wir uns im Bärenland. Auf dem Hügel, der auf dem Bild Herrn T.s Hals schneidet, war Meister Petz am Tag zuvor gesichtet worden. Er hatte dort auf einer Alp ein Schaf gerissen. In einem Schneerest am Wegrand hielt Herr T. Ausschau nach Bärenspuren. Aber wir sahen weder das Tier noch seine Fussabdrücke.
* Murmeltiere
diefrogg - 9. Jul, 10:39
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