27
Feb
2010

Pures Glück

Gestern Abend sass ich mit dem Poeten in der Beiz. Nach 20 Uhr füllte sich das Lokal und der Geräuschpegel stieg beträchtlich. Da merkte ich plötzlich: Der Lärm störte mich nicht. Ich brauchte keine wächsernen Freunde, keine Ohropax. Hörte keine Tauchsieder. Ich konnte mich bestens verständigen.

Was für ein Glück!

26
Feb
2010

Song für Herrn T.

Es gibt keinen klaren Siegersong meiner kleinen Umfrage. Das heisst: Es gibt ihn doch, und es ist "Mystery Train" von Elvis Presley. Denn für Fred Buscaglione hat unter anderem Herr T. gestimmt, bei einem Test-Durchlauf. Und das gilt ja nicht, denn Herr T. ist befangen. Schliesslich ist Buscagliones Song der Song von Herrn T. Dennoch schreibe ich hier erst einmal über Buscaglione.



Das hat drei Gründe:

1) Eine abergläubische Furcht hat Frau Frogg gepackt: Sie fürchtet, mit Taubheit geschlagen zu werden, sobald sie die Rubrik "10 Songs" abschliesst. Um das von ihr abzuwenden, werde ich hier vielleicht nie über Elvis schreiben. Sondern über Dutzende andere Songs - ohne die Sammlung je umzutaufen. Well, wir werden sehen...

2) Herr T. zeigte sich etwas gekränkt darüber, dass er in "10 Songs" nicht vorkommt - wo es darin doch Liebesgeschichten à gogo gibt.

3) Der Song hat sich mit seinem lateinischen, etwas ältlichen Schalk einen Platz in meinem Herzen erobert. Er lässt mich auch an meinen geliebten Grossvater Walholz denken.

Und, ja, es ist der Song von Herrn T.

Nun ist es erstaunlich, dass Herr T. überhaupt einen Song hat. Denn er ist im Grunde überhaupt nicht musikalisch. Okay, er mag den Jazztrompeter Peter Schärli (zu Recht). Aber das hat eher berufliche Gründe. Und wenn ich wegen irgendeines alten Songs leuchtende Augen bekomme, ist er jeweils eher peinlich berührt. Aber das stört mich nicht, denn es hat grosse Vorteile: Herr T. wird nie herkommen und behaupten, Bob Dylan sei Gott. Andere Liebhaber der Rockmusik tun das noch mit 50, und das wiederum berührt Frau Frogg jeweils ein wenig peinlich.

Herr T. besitzt nur wenige Platten, die meisten Punk-Scheiben aus den 70-er und 80-er Jahren. Einfach, weil man damals in seiner Szene Häuser besetzte und dabei Punk-Scheiben hörte. Und er besitzt ein paar wenige CDs. Wie diese hier ihren Platz in seiner bescheidenen Sammlung fand, wird mir für ewig ein Rätsel bleiben.



Denn Herr T. ist keiner, dem zu alten Songs immer alte Geschichten einfallen. Und wenn ihm doch eine einfällt, hat er sie mir vielleicht nie erzählt, weil die Platte ihn an eine alte Flamme erinnert oder so. Wer weiss. Jedenfalls war sie da, die CD. Und wir hörten sie auch hie und da, etwa, wenn wir für Gäste kochten oder zum Apero. Obwohl ich zunächst nicht viel mit ihr anzufangen wusste.

Doch sie hat die rätselhafte Angewohnheit, an den überraschendsten Orten aufzutauchen. Zum Beispiel auf der Harddisk meines Computers. Ich habe sie nicht dorthin getan. Und Herr T. behauptet steif und fest, er sei es auch nicht gewesen. Aber von der Harddisk meines Computers hat sich Buscaglione ohne zu fragen auch auf meinen MP3-Player geschlichen. Zusammen mit ein paar Dutzend Fotos, die ich dort nie wollte. Die Fotos habe ich dann gelöscht.

"Il dritto di Chicago" liess ich stehen. Ich muss immer schmunzeln, wenn mein MP3-Player den Song hervorshuffelt.

24
Feb
2010

Song No. 10: Umfrage

Die Vervollständigung meiner Rubrik 10 Songs steht bevor: 9 1/2 Songs sind aufgelistet und damit zu Essentials in der Frogg'schen Musikbiografie erklärt. Nun muss ein würdiger Abschluss her. Aber ich kann mich nicht entscheiden. Ich habe noch mindestens fünf Kandidaten auf der Liste. Also lasse ich Euch Leser auswählen:

1) Elvis: "Mystery Train" (Weil alle grossen Stories über den Rock 'n' Roll mit Elvis anfangen und enden. Auch meine)
width=50%

2) Robert Plant & Allison Krauss: "Killing The Blues" (Über ein stilles Jahrzehnt)

3) van Halen: "Jump" (Weil manche Songs lange Geschichten haben)

4) Massive Attack: "Safe from Harm" (Der Sound der Grossstadt)

5) Fred Buscaglione: "Il dritto di Chicago" (Ein Song für Herrn T.)


Also, versuchen wirs mal: hier ist die Umfrage. Es funktioniert!

20
Feb
2010

Warum ich?

Ich zermartere mir gerade das Hirn mit der Frage: "Warum ich?". Warum habe ich die Menière'sche Krankheit? Warum habe ich sie auf beiden Ohren?

Neulich hat ein Arzt zu mir gesagt: "Wenn Sie Ihr Arbeitspensum nicht reduzieren, denn verlieren Sie Ihr Gehör." Das legt auch den Gedanken nahe: Wenn ich anders gelebt hätte, wäre vielleicht alles anders. Dann wäre mein gutes Ohr letzten Herbst vielleicht nicht ausgestiegen. Dann würde ich nicht in ständiger Angst vor dem nächsten Hörsturz leben. Dann würde ich nicht da stehen, wo ich heute stehe: Ein Esel am Berg. Ziemlich beladen. Ohne Ausblick auf einen einigermassen attraktiven Weg. Und ohne jemanden, der mir sagt, wos langgeht.

Und so frage ich mich:

1) Ginge es mir heute besser, wenn ich Berufsziel Nummer 1 verfolgt hätte und in einer Bibliothek eine ruhige Kugel geschoben hätte? Dann würde ich heute nicht in einer Krisenbranche arbeiten, in der der Jobs schneller verschwinden als in der Landwirtschaft. Aber, nein, es würde mir nicht besser gehen. Wahrscheinlich hätte ich keine ruhige Kugel geschoben. Wahrscheinlich hätte ich mich ein Berufsleben lang die Tatsache gequält, dass mir die für den Beruf der Bibliothekarin nötige Pedanterie so etwas von abgeht!

2) Aber vielleicht hätte ich dann Teilzeit gearbeitet und mein Buch früher geschrieben Nein, hätte ich wahrscheinlich nicht. Irgendwie wäre mir doch immer das Bedürfnis in die Quere gekommen, eine Karriere hinzulegen, mit der man sich auch bei den Nachbarn meiner Eltern zeigen kann.

3) Hätte ich nicht alles daran setzen sollen, ein Buch zu schreiben? Naja, die finanzielle Unsicherheit dieses Unterfangens hätte mich wahrscheinlich gesundheitlich auch ruiniert.

4) Was, wenn ich Kinder gehabt hätte? Dann wäre ich möglicherweise an der Doppelbelastung von Mutterschaft und Karriere gescheitert.

Hätte... wäre... Fest steht: Ich hatte schon Probleme mit meinem linken Ohr als ich 16 war. Als ich 20 war, als ich 22 und 25 war. Wahrscheinlich sass ich mit meinem rechten Ohr einfach auf einer Zeitbombe, die früher oder später sowieso hochgegangen wäre.

Aber das sagt mir noch nicht, wie es weitergehen soll.

18
Feb
2010

Song Nummer 9 1/2

Der Feminismus gehört nicht zu den wichtigen Dingen in meinem Leben, glaubte ich. Ich habe ihm 1997 oder 98 abgeschworen. Als alle über die Dekonstruktion der Kategorie "Geschlecht" zu labern begannen, hatte ich genug. Alles akademischer Quatsch. Ich war keine Studentin mehr. Ich schrieb, ich kam herum. Aber nicht mit Feminismus. Femismus interessierte in meiner Welt keinen mehr. Ich konnte mehr bewegen, wenn ich nicht damit anfing.

Vor meinem Hörsturz, als ich noch gelegentlich am Newsdesk war, verblüffte ich meine jungen Kollegen ab und zu mit feministischen Kurzanalysen irgendwelcher Sachverhalte. Dann grinste Fröhlich, 30 und ein kluger Kerl, zuckt mit den Schultern und sagte: "Siehe da, unsere Hardcore-Feministin!" Das ist alles.

Aber dann entdeckte ich auf der Suche nach meinem Song Nummer 10 dieses Video und musste es einfach zu meiner Essentials-Sammlung stellen (womit es wohl elf Songs werden, denn mit Feminismus kann ich meine Kollektion nicht abschliessen). Ich hatte es in den 80ern nie gesehen. Ich war Studentin und gehörte somit zu einer sozialen Schicht, für die Fernsehen pfui ist. Ich guckte kaum je MTV. Aber das Video hier brachte etwas vom Spirit der 80er und 90er zurück. Da war Pioniergeist und Lebensfreude. Und manches war ein bisschen handgestrickt, aber das war ganz in Ordnung so.



Und der Streifen feiert die Weiblichkeit. Das taten wir Studentinnen damals nicht. Im Leben da draussen war Weiblichkeit nicht so gefragt, glaubten wir. Erst später entdeckte ich sie als taktische Waffe.

Und jetzt habe ich Zeit, sie mit Annie Lennox und Aretha Franklin mitzufeiern.

Ich frage mich bloss, ob Annie Lennox zu Lederhosen wirklich solche Schuhe tragen sollte.
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