30
Dez
2004

Hausfrau in Colombo

An der Bushaltestelle bekomme ich ein Gespräch zwischen zwei Frauen mit. Die eine sagt: «Nein, wir waren nicht auf der Seite. Wir waren mehr auf der Seite von Colombo und sind dann von dort nach Süden gefahren.»

Aha. Wieder mal ein Gespräch über die Flutkatastrophe in Südasien.

Ich drehe mich um und sehe die Sprecherin an. Sie trägt einen grauen Chignon, ist untersetzt und sieht so aus, als hätte sie sich seit ihrer Heirat 1958 nie mehr von ihrem festen Platz am Kochherd wegbewegt. Naja, ausser für zwei Geburten ins Elisabethenspital. Und für einmal im Monat zum Lädele in der Altstadt.

Es wird immer klarer: In der ganzen Schweiz gibt es kaum jemanden, der noch nie in Südasien gewesen ist.

Möge es den Betroffenen dort zu Gute kommen.

29
Dez
2004

Damenbart & Malediven

Heute war ich bei Frau Varlon. Gesichtshaare entfernen. Eine schmerzhafte Sache, und Frau Varlon ist keine gewöhnliche Kosmetikerin. Es schmerzte sie schrecklich, mir weh zu tun. Am meisten an den Augenbrauen, auf die freute sie sich gar nicht!

«Furchtbar!» sagte sie nach dem dritten Haar an der rechten Braue. Erst dachte ich, sie meine die Tatsache, dass Schönheit leiden muss.

Aber dann sagt sie: «Diese Katastrophe in Südasien!»

Da denke ich, dass sie davon redet, um mir den Schmerz leichter zu machen. Anderswo ist es noch viiiel schlimmer, so lautet das Prinzip dieser Erzählform.

Dann stellt sich heraus, dass Frau Varlon vor ein paar Jahren auf den Malediven gewesen ist. «Auf einer Insel, nur 50 Meter breit und ganz flach! Die Flut hat alle Leute dort fortgeschwemmt! Alle Leute, die dort gearbeitet haben! Stellen Sie sich das vor!»

Sie wechselt zu meiner linken Augenbraue ich begreife, dass sie mir all das auch erzählt, um es für sich leichter zu machen.

Das bin ich

Neulich hat mich ein wohlmeinender Kollege darauf aufmerksam gemacht, dass meinem Blog ein Impressum fehlt. Jetzt, wo ich mich auch zu Buchkritiken aktueller Titel versteige, wird es wohl Zeit, eins nachzuliefern. Also:

Autorin dieses Blogs ist diefrogg. Geboren am 2. 7. 1965, wohnhaft in Frösch, Schweiz, seit 10 Jahren beruflich als Redaktorin diverser Printmedien tätig.

Dies ist eine private Homepage. Für Inhalte der extern verlinkten Seiten wie auch für Kommentare, die nicht ich schrieb, übernehme ich keine Verantwortung. Da für mich keine presserechtliche oder gar meinungsbildende Relevanz dieser Seite erkennbar ist, können die für das Presserecht relevanten Impressumsdaten nur aus wichtigem Grund unter folgender E-Mail-Adresse erfragt werden:

pfrogg@gmx.ch

Einer kommerziellen Nutzung der oben genannten Adresse widerspreche ich.

Vielleicht noch eine Anmerkung zu meinen Gehörproblemen, von denen hier ab und zu (vorsichtig ausgedrückt) die Rede ist: Ich habe Morbus Menière, seit vielen Jahren und auf beiden Ohren. Hier schreibe ich mir oft den Frust von der Seele. Aber nicht nur. Dieser Blog sagt auch: "Ich lasse mich von den Ohrenproblemen nicht definieren. Ich bleibe kussbereit."

28
Dez
2004

Zum Buch «Blogs»



Ok. Die beiden Herausgeber Don Alphonso und Kai Pahl haben mit ihrem Buch das Bloggen geadelt. Das ist verdienstvoll. Denn noch immer gilt für fast alle: Nur was auf Papier erscheint, ist auch etwas Wert.

Allerdings scheint das Papier für dieses Buch wieder mal besonders geduldig gewesen zu sein. Jedenfalls das für den Theorieteil verwendete Papier.

Denn was die Begriffe Medien, Journalismus und News betrifft, so machen die beiden Herausgeber meiner Meinung nach ein Durcheinander.

Ja, «die Medien» haben heute beträchtliche strukturelle Probleme – egal ob sie in Print oder im Internet erscheinen. Und ja: «die Medien» verlieren Leser an Blogs.

Aber daran wird sich auch dann nichts ändern, wenn Blogs bei «den Medien» einen Platz bekommen. Denn «die Medien», die Kai Pahl und Don Alphonso wahrscheinlich meinen, sind von Journalisten produzierte Medien. Und Blogger sind keine Journalisten (mit Ausnahme von Don Alphonso und ein paar anderen mit ihren Fachblogs, klar). Das sage ich als Bloggerin und als Journalistin.

Von Journalisten will ich wissen, dass Phuket überflutet wurde. Ich will von ihnen wissen, was mit unserer Altersversorgung passiert und ob unsere Kinder anständige Schulen besuchen. Und ob es morgen eine neue Radspur gibt in Frösch. Ich will von ihnen auch wissen, ob das gut ist oder nicht.

Blogger aber lese ich, weil ich mich in der Alltagswelt anderer wieder finden möchte. Weil ich lachen möchte. Bloggerin bin ich, weil ich die Welt durch mit noch anderen Mitteln beschreiben möchte als mit denen des Journalismus.

Deshalb sage ich: Sie ergänzen einander gut, Journalisten und Blogger.

Und: Im Buch lieber nur den Teil mit den Blog-Texten lesen. Schöne Texte sind das! Literarische Texte!

Ja. Und die Frogg wird noch den Schlussteil des Buches lesen. Damit sie endlich weiss, wie ein schöner Blog aussehen soll ;)

Bewertung: *** (von fünf möglichen).

«Blogs! – Text und Form im Internet», Hrsg. Don Alphonso und Kai Pahl; schwarzkopf & schwarzkopf, 2004

24
Dez
2004

Grüngraues Jahrhundert

Gelesen: «Orlando» von Virginia Woolf.

(Ausgabe von 1992).

Warum die Frogg ein so aus der Mode gekommenes Buch liest? Sie wollte sich wieder mal in die Bilderwelten der Woolf versenken.

Erwartung eingelöst. Das Buch ist das witzigste der Woolf. Geschliffen, verkünstelt wie stets, mit farbigen (im wahrsten Sinne des Wortes) Schilderungen historischer Epochen von Elizabeth I. bis in die Zwischenkriegszeit des 20. Jahrhunderts. Die Zeit nach Viktoria etwa ist «verdigris», grüngrau und orange.

Weil Orlando als Bub zur Welt kommt und nach ein paar Jahrzehnten eine Frau wird, gilt das Buch als feministisches Dokument. Über die Geschlechterfrage las die Frogg allerdings wenig erhellendes. Ja, keinen Anspruch auf Besitz und umständliche Kleider, das hatten Frauen früher. Das weiss die Frogg. Auch, dass alle Menschen eine vielschichtige Persönlichkeit haben.

Dafür: ein paar erhellende Bemerkungen über Kunstmäzene.

Bewertung deshalb: *** (von fünf möglichen)

Euch allen: schöne Festtage!

22
Dez
2004

Einkaufsrummel

Szene im Bus. Die Nummer 19 fädelt sich gerade in den Verkehr am Denkmalplatz ein.



Draussen im Bushäuschen neben der Bank steht eine einsame Migros-Tüte.

«Können Sie bitte anhalten!!!???» ruft eine ältere Frau nach vorne. «Ich habe meine Tasche stehen lassen!»

«Hallo!!!» liefert ungeduldig ein Mann hinten nach.

Der Busfahrer hält, die Frau hechtet hinaus, so gut sie das kann. Dann knallen die Türen zu, der Bus fährt ab.

Der nächste wird in 20 Minuten kommen.

«Das darf ja wohl nicht wahr sein», ruft eine Frau hinter mir halblaut.

Philemon Frogg sagt: «Also, der hätte jetzt wirklich warten können.» Ich antworte: «Aber Du weisst doch, Philemon! Der Chauffeur muss seinen Fahrplan einhalten. Und so, wie er jetzt steht, verursacht er sowieso einen Verkehrsstau. Stell Dir das Hupkonzert vor, das gleich eingesetzt hätte.»

Die Frogg seufzt.

Dann sagen wir beide gar nichts mehr.
logo

Journal einer Kussbereiten

User Status

Du bist nicht angemeldet.

Suche

 

Impressum

LeserInnen seit dem 28. Mai 2007

Technorati-Claim

Archiv

Dezember 2025
Mo
Di
Mi
Do
Fr
Sa
So
 1 
 2 
 3 
 4 
 5 
 6 
 7 
 8 
 9 
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
22
23
24
25
26
27
28
29
30
31
 
 
 
 
 
 
 

Aktuelle Beiträge

Kommentar
Liebe Frau frogg, schauen Sie bitte bei WordPress...
Freni - 28. Nov, 20:21
Ein schreckliches Tal
Soglio im Bergell, Oktober 2013. Was habe ich Freunde...
diefrogg - 6. Okt, 20:27
Liebe Rosenherz
Danke für diesen Kommentar, eine sehr traurige Geschichte....
diefrogg - 11. Jan, 15:20
Ja, die selektive Wahrnehmung...
auch positives oder negatives Denken genannt. In den...
diefrogg - 9. Jan, 18:14
liebe frau frogg,
ein bisschen versuch ich es ja, mir alles widrige mit...
la-mamma - 5. Jan, 14:04

Status

Online seit 7761 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 25. Aug, 12:26

Credits


10 Songs
an der tagblattstrasse
auf reisen
bei freunden
das bin ich
hören
im meniere-land
in den kinos
in den kneipen
in den laeden
in frogg hall
kaputter sozialstaat
kulinarische reisen
luzern, luzern
mein kleiner
offene Briefe
... weitere
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren