29
Jan
2012

Lieber reich und gesund

Die Lektüre der Sonntagspresse kann man sich heute sparen. Hingegen möchte ich vor allem meine Schweizer Leser auf einen Beitrag bei ivinfo aufmerksam machen. Der Bericht zeigt - zugespitzt formuliert: Wer in unserem Land krank wird und in eine Rentenabklärung gerät, lebt unter Umständen gefährlich. Dafür können sich Gutachter schamlos an ihm bereichern. Das ist besonders stossend, weil unsere Invalidenversicherung - für die wir alle zahlen - mit den Renten äusserst knausrig geworden ist.

Ein Freund von mir pflegte zu sagen: "Lieber reich und gesund als arm und krank".

Damals war ich noch jung und wollte nicht begreifen, dass es dieser lakonischen Aussage nichts hinzuzufügen gab. Ich glaubte, in einer gerechten Gesellschaft zu leben, die auch für ihre Kranken nach bestem Gewissen sorgte. Heute verstehe ich sie. Jeden einzelnen Buchstaben.

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https://froggblog.twoday.net/stories/64962815/modTrackback

steppenhund - 29. Jan, 14:46

Wirft kein gutes Licht auf die Schweiz im Allgemeinen. Ich preis mich ja glücklich, dass das in Österreich anders gehandhabt wird. Eine MRT kann bis zu 1500€ kosten, wurde aber in meinem Fall ohne wenn und aber durchgeführt, nachdem mit Ultraschall keine eindeutige Diagnose zu erstellen war. (Mit der MRT zwar auch nicht, aber zumindest konnten ein paar Dinge ausgeschlossen werden.)
Bei solchen Artikeln muss man natürlich auch die andere Seite zu Wort kommen lassen. Das mit den Bonuszahlungen ist aber eine Sauerei sondergleichen. Man könnte dazu auch Kopfgeld sagen. Für jeden, der aufgrund unzureichender Begutachtung draufgeht, kassiert der Gutachter ein paar Tausender. Man müsste den Zusammenhang nur klar darstellen...

diefrogg - 30. Jan, 10:12

Vielleicht muss ich...

für nicht-schweizerische Leser noch hinzufügen: Bei dieser Story geht es nicht um Leute mit akuten Erkrankungen im regulären Gesundheitswesen (wie das wahrscheinlich bei Ihnen der Fall war, Herr Steppenhund). Wenn bei uns ein Patient mit einer akuten Erkrankung zum Arzt oder ins Spital geht, dann erhält er - soweit mir bekannt ist - die nötigen Behandlungen und muss nur einen relativ geringen Anteil dafür selber bezahlen. Bei den geschilderten Fällen handelt es sich um Verfahren für Rentenabklärungen.

Diese Rentenabklärungs-Stellen wurden im letzten Jahrzehnt eingeführt. Man wollte mit diesen Institutionen verhindern, dass Hausärzte ihre Patienten einfach für invalid erklären konnten, wenn sie es für richtig hielten. Früher war es so, dass dann eine Invalidenrente praktisch automatisch folgte. Die neuen Gutachterstellen sollten nun genauer prüfen, ob der Rentenanwärter wirklich eine gesundheitliche Störung mit "Krankheitswert" aufweist. Da unsere Invalidenversicherung aber lieber gar keine Neurentner mehr möchte, ignorieren die "unabhängigen" Gutachter (die von der IV bezahlt werden) gesundheitliche Störungen oft.

Und manchmal läufts noch anders: Ein Fall, bei dem die Gutachter eine gesundheitliche Störung durchaus gesehen haben, ist mir bekannt. In dem Fall waren es dann die Bundesrichter, die den Mann gesund und voll arbeitsfähig schrieben. Er geht heute aufs Sozialamt. Auch das kommt vor.
Jossele - 30. Jan, 11:14

Na ja, so glorreich ist das österreichische Gesundheitssystem leider nicht. Die Invaliditätseinstufung wird auch hierzulande eher restrektiv gehandhabt.
Spitzenmedizin, da sind wir voll dabei (Im Keller unseres größten Krankenhauses stehen seit Jahren, originalverpackt, einige High-Tech Geräte, die aufgrund von Umstrukturierungen "vergessen" wurden), allerdings kann es passieren, wie jüngst, dass eine Schwangere mit Blutungen von einigen Spitälern, mangels Zuständigkeit, abgewiesen wird und ihr Kind verliert (wär vielleicht auch so passiert, aber eine gewisse Präpotenz zeigt es allemal auf).
mia_ivinfo - 29. Jan, 17:22

@steppenhund
Mir ist bewusst, dass der Artikel etwas zugespitzt formuliert ist, ich habe ihn nun noch ergänzt mit einem Link zu einem Beitrag des Schweizer Fernsehens, in welcher der Chefarzt eben dieser MEDAS, um die es geht, zum einen erwähnten Fall (dem Spontanpneumothorax) Stellung nahm (das war 2008). Dieser Chefarzt äusserte sich dahingehend, dass bei der Abklärung aus seiner Sicht «alles korrekt» vor sich gegangen sei.
Im Beitrag ab 4.41 http://www.videoportal.sf.tv/video?id=8bbae495-c0f9-49f1-8ff5-ae33929477b3

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