29
Jun
2013

Zweimal Hochwasser

An unserem ersten Morgen in Deutschland (am 10. Juni) stellte ich fest: Menière-Patientin Frogg hatte Hochwasser im Ohr. Mein Gehör hatte merklich nachgelassen. Ich beschloss, mich nicht ins Bockshorn jagen zu lassen. Vielleicht würde sich die Lage ja bald wieder bessern.

Wir brachen zu einer Besichtigung von Meißen auf.

Herr T. musste unterwegs ständig alles zweimal zu mir sagen, dennoch stellte ich bald fest: Meine Augen waren so hungrig auf die ungewohnte Umgebung, dass mich der Zustand meiner Ohren nur mässig störte.

Die Anfahrt nach Meißen per S-Bahn war ein grosses Abenteuer. "Reisen weitet den Blick", schreibt Birgit Schmid in der aktuellen Print-Ausgabe des "TagiMagi". "Ja. Eine Reise belebt, berichtigt, belehrt und bildet." Und sie hat recht. Das wusste ich an jenem Tag.

Der Altstadt näherten wir uns von etwas ausserhalb. Die grosse Flut der letzten Tage hatte hier kaum Spuren hinterlassen. Wir hatten sie schon fast vergessen, als wir auf der Strasse vor uns grosse Haufen Müll sahen.



Es waren kaputte Matratzen, kaputte Stühle, Kinderspielzeug. Ganze Wohnungseinrichtungen auf der Strasse, das Innerste nach aussen gekehrt. Die Erdgeschosse daneben leer und zum Teil verdreckt. Überall. Es war ein schockierender Anblick, nicht für die Augen Fremder bestimmt. Doch was sollten wir tun? Wir sahen.

Auch den Marktplatz: total verschlammt, alle Läden geschlossen, überall Helfer mit Gummistiefeln. Die ganze Altstadt: verschlammt, sämtliche Ergeschosse verdreckt, die Läden geschlossen. Sperrgut auf der Strasse.

Erst jetzt bekam ich eine Ahnung davon, was für eine Katastrophe diese Flut gewesen war.

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