3
Dez
2008

So sicher sind wir!

Neulich sass ich mittags allein in einem Restaurant und habe am Nebentisch diese Konversation gehört.

Er: (jung, im Anzug und mit Krawatte): "Hast Du Dir eigentlich schon überlegt, was Du mit dem Geld anfangen willst?"
Sie: (Eine elegant gekleidete Frau gegen 50, vielleicht seine Mutter): "Ich habe alles auf einem Sparkonto bei der Kantonalbank. Ich will, dass es sicher ist.
Er: Dann solltest Du es bei der Post anlegen, dort...
Sie: Das sagst Du doch nur, weil Du Finanzberater bei der Post bist! Wahrscheinlich willst Du jetzt, dass ich es in irgendwelche Post-Aktienfonds stecke! So einen haben die mir bei der Post vor zwei Jahren aufschwatzen wollen. Ich habe ihnen aber gesagt, dass ich nichts anderes will, als dass mein Geld sicher ist. Da haben sie mich ausgelacht. So viel Sicherheitsbedürfnissen war einfach jenseits für die!
Er (schüttelt begütigend den Kopf): Nein, nein, eine sichere Anlage ist schon in Ordnung. Aber sooo wahnsinnig sicher ist es bei der Kantonalbank ja auch nicht.
Sie: Ach nein? Dort habe ich doch Kantonsgarantie! Geht die Bank hops, dann zahlt mir der Kanton das Geld zurück.
Er: Ja, aber überleg mal! Der Kanton! Der ist doch unter Umständen glatt überfordert, wenn er alle Sparer der Kantonalbank auszahlen muss! Da gehst Du doch besser zur Post! Dort hast Du Bundesgarantie!
Sie (prustet heraus): Das sind ja tolle Szenarien! Ach, und der Bund? Kann der nicht überfordert sein, wenn er zu vielen Sparern die Gelder auszahlen muss?! Also wirklich: Ihr Anlageberater seid mir ein lustiges Völkchen! Jahrelang belächelt Ihr das Sicherheitsdenken der Kleinen Kunden. Und plötzlich kann Euch plötzlich alles nicht sicher genug sein! Ich glaube, ich stecke mein Geld doch in die Matratze!

2
Dez
2008

Du oder Sie?

Plötzlich fällt mir auf: Ich duze in meinen Kommentaren meinen Bloggerkollegen jonas. Aber ich sieze frau chamäleon. "Ja, Gopfriedstutz nochmal, Frau Frogg!" denke ich, "Du kannst doch nicht jemanden duzen, nur weil er bei den Studenten bloggt! Und alle anderen siezt Du! Das geht doch nicht!"

Nun ja. Ich könnte auch frau chamäleon duzen. Sicher würde es Ihnen nichts ausmachen, oder, frau chamäleon? Wir sind hier schliesslich in der Schweiz. Da duzt man sich unter Kollegen. Und wir sind ja alle Bloggerkolleginnen und -kollegen und sitzen auf den selben Websites herum.

Und doch: Ich sieze meine Bloggerkollegen gern: frau walküre, frau katiza oder herrn steppenhund. Es ist für mich ein bisschen wie Fasnacht (aber umgekehrt, denn an der Fasnacht duzt man ja angeblich jeden): Das Sie ist hier eine ironische Hommage an den Nick meiner Gäste. Eine Verbeugung vor der Maske, in der sie sich präsentieren. Ich tue es um so lieber, weil viele hier es tun. Madame nanou verlangt sogar ausdrücklich, von Erstkommentatoren gesiezt zu werden. Duzen tue ich fast nur Dich, acqua. Denn Dich kenne ich so gut, dass ich mir Dich nicht mit einer Maske vorstelle.

Soll Sie jetzt auch siezen, herr jonas? Ich kenne Sie ja noch nicht.

Ich muss gestehen, ich täte es ungern. Erstens, weil jonas kein Nick ist wie steppenhund oder frogg oder walküre. Zweitens und besonders aber, weil ich weiss, dass ich schon mal im selben Saal wie Sie Orhan Pamuk gesehen habe. Und Recai Hallaç . Das ist schon fast so, als würde ich Sie kennen.

28
Nov
2008

Panik im Spital

Gestern war ich im Spital (oder, für alle jene, die die Deutschschweizer Hochsprache nicht verstehen: im Krankenhaus). Ich war im Kantonsspital. Oh, nichts Ernstes! Ein ambulanter Routineuntersuch im Frauenspital. Ich hatte deshalb auch keine Angst, als ich mich kurz vor 10 Uhr dem rostbraunen Turm am Stadtrand näherte. Das an sich ist bemerkenswert, denn ich muss zugeben: Die Frogg ist gar keine Fröschin, sondern ein grün verkleideter Angsthase.

Leise Unruhe ergriff mich denn auch, als ich durch den Haupteingang trat. Eine Drehtür. Nun hat die Frogg eine leicht furchtgefärbte Abneigung gegen Drehtüren. Drehtüren haben etwas Heimtückisches, finde ich. Kaspar, ein Bekannter, hatte mir neulich auch noch ausgerechnet von der Drehtür zum Kantonsspital erzählt. "Ideal, weil man damit viel Energie sparen kann", hatte er gesagt. Nur würde es in dieser Tür ständig Notstops geben. Patienten und Besucher würden stecken- und hängenbleiben und sich verklemmen. Das trug auch nicht gerade dazu bei, sie zu beruhigen. Aber sie schaffte die Drehtür. Easy.

Doch nun musste sie zur Patitentenanmeldung. Und als sie die sah, drohte eine Woge Panik sie gleich wieder zur Drehtür hinaus zu schwemmen: Denn vor den fünf kümmerlichen Anmeldungsbüros sah sie eine endlose Wartesitzreihe, vollständig besetzt mit Patienten. Ein paar andere Wartende standen herum. Der halbe Kanton schien genau jetzt ins Spital zu wollen! Wie sollte sie da um 10 Uhr drüben in der Frauenklinik sein?!

Eine ältere Krankenschwester verteilte Nümmerchen. Sie bemühte sich ausserdem, eine Atmosphäre von Ruhe und Effizienz zu verbreiten. Das mit der Ruhe machte sie wunderbar, das mit der Effizienz etwas weniger gut. Aber wenigstens brachte sie die Frogg dazu, sich zu setzen. Obwohl da zwischen Krückenpaaren, werdenden Müttern und Vätern und bleichen Gestalten kaum Platz war. Obwohl die Frogg am liebsten weggelaufen wäre. Mit angstgeweiteten Augen starrte sie um sich. Was war das für ein Ort? Hier würde man eine fürchterliche Krankheit an ihr entdecken! Oder man würde sie verwechseln! Man würde ihr einen Fuss wegoperieren! Man würde sie auf ein Fliessband legen und zu Corned Beef verarbeiten!

"Schau Dich doch um!" sagte sie sich. "Ist doch spannend! Ein Panoptikum der kantonalen Gesellschaft!" Und sie sah sich um. Sah Krücken, werdende Väter und Mütter und bleiche Gestalten. Wenigstens, stellte sie fest, wurde die Schlange vor den fünf Büros schnell kürzer. Was damit zusammenhängt, dass die Schweizer sich im Spital verhalten wie Türken in der Türkei. In der Türkei, hat die Frogg festgestellt, geht kaum jemand allein irgendwohin. Jedenfalls nicht dann, wenn er gebrechlich, alt oder weiblich ist. In der Türkei hatte die Frogg das stets rührend gefunden: dass die Leute dort zu einander Sorge tragen. Dass dort jeder immer jemanden zu finden scheint, der einen schwierigen Gang mit ihm tut. Hier erschien es vor allem praktisch: Wurde eine Nummer aufgerufen, dann standen immer zwei Leute oder gar halbe Kleinfamilien auf statt nur einer.

Die Frogg hatte Nummer 80. Als die Nummer 79 aufgerufen wurde, bekam sie Herzrasen.

Als sie schliesslich in dem kleinen Büro sass, staunte sie, dass sie überhaupt noch wusste, wie sie hiess.

Um 10.15 Uhr war sie dann doch in der Frauenklinik. Der ganze Rest war ok.

Später sagte mir jemand, man könne sich im Kantonsspital auch schriftlich anmelden. Jetzt frage ich mich nur noch, warum mir das vorher niemand gesagt hat. Oder hat man es mir gesagt, und ich habe abgelehnt? Weil man mir nicht gesagt hat, dass ein Gang zur Patientenanmeldung noch mehr Unannehmlichkeiten mit sich bringt als ein Gang zur Post?

26
Nov
2008

Geschafft!

Eben habe ich den zweiten Entwurf meines Krimis fertiggestellt. Die ausgedruckte Version habe ich meinem Allererstleser Herrn T. neben das Bett gelegt. 135 A-4-Seiten, Zeilenabstand 1,5.

Damit habe ich zwar einen Monat Vorsprung auf meinen Zeitplan. Aber es gibt noch viel zu tun. Und ich habe keine Ahnung, welche Probleme an der nächsten Ecke auftauchen.

25
Nov
2008

Sie haben Recht

Gewisse Dinge gehören einfach nicht auf einen Blog, liebe Frau Chamäleon. Dazu gehören allzu pauschale Verurteilungen von ganzen Berufsgruppen. Da habe ich mich von einer Wut lenken lassen, die eigentlich woanders hingehört. Aber auch das gehört nicht in einen Blog.

Eins möchte ich zu Ihrem Kommentar jedoch anmerken: Es passiert mir oft, dass jemand mich für Berichte oder Inserate in unserer Zeitung verantwortlich machen will, für die ich gar nichts kann. Im Schnitt etwa einmal wöchentlich passiert mir das. Eigentlich ist das etwas ganz Normales. Ich sage dem Klagenden dann jeweils, er könne jederzeit einen Leserbrief schreiben. Damit ist uns beiden geholfen. In der von mir geschilderten Situation wurde mir aber nicht geholfen. Meinem Gesprächspartner dagegen schon. Ich hatte den Eindruck, dass er alle Zeit der Welt hatte, die Situation zu geniessen.

Deshalb hinkt Ihr Vergleich.

Und für alle, die jetzt nicht wissen, um was es geht: Vergesst es einfach und kommt ein andermal zurück.
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