21
Apr
2008

Nach Geheimnissen suchen

Ich habe ja immer geglaubt, wer im Abfall wühle, entdecke Geheimnisse. Oder wenigstens Kuriositäten. Aber als die Frogg gestern den Abfalleimer bei der nahen Tankstelle durchwühlte, entdeckte sie überhaupt nichts derartiges. Nur Bananenschalen, meterweise verdrecktes Papier, leere Colaflaschen, Quittungen von der Tankstelle und Zigarettenstummel. Viele Zigarettenstummel. Das höchste der Gefühle war ein leergegessener Becher Schoggidessert mitsamt Plastiklöffel. Keine zerfetzten Kleider, keine Schmuckstücke, keine zerknüllte Kündigung, nicht einmal ein gebrauchter Pariser (zum Glück).

Auch mein Hörgerät fand ich nicht. Und das Hörgerät, ja, das suchte ich.

Wie ich auf die Idee kam, mein Hörgerät im Abfalleimer der nahen Tankstelle zu suchen? Nun, das ist eine lange Geschichte (@Herr Redder: ein Mobility-Auto war involviert). Genügt es, wenn ich sage, dass ich den Engerling am Morgen nicht in dem Schächtelchen fand, in dem er hätte sein sollen? Dass ich voller Entsetzen an meine erst kürzlich verlorene Uhr denken musste. Daran, dass ein Hörgerät noch viel teurer ist als eine Uhr. Und daran, dass mir die Invalidenversicherung kein neues zahlen würde. Dass ich deshalb augenblicklich, ja augenblicklich, sämtliche auch nur im entferntesten möglichen Fundstellen abklappern musste?

Also wühlte ich schliesslich im Abfalleimer bei der nahen Tankstelle. Ich trug dazu einen blauen Plastikhandschuh. Das Hörgerät aber fand ich nicht.

Ich fand es erst eine Viertelstunde später, wieder zu Hause: in der Schmuckschatulle, in der ich meine Ohrringe versorge.

19
Apr
2008

Jaja, die Zürcher!

Eine Macke der Frogg ist, dass sie sich bei jeder Gelegenheit über die Zürcher aufregt. Ich meine: Zürcher mit ein bisschen Horizont fragen sich ja manchmal, warum man sie in der Restschweiz nicht besonders mag. "Zürcher mit Horizont? Gibt es das?" fragen jetzt die Nichtzürcher. "Ja, das gibt es", sagt die Frogg, "Ich lebe mit einem von ihnen zusammen. In Frösch, eine Zugstunde von Zürich entfernt, seit sieben Jahren." Doch im Allgemeinen gilt für Zürcher schon die Regel: je breiter der Dialekt, desto enger der Horizont.

Wie breit der Dialekt von Stephan Pörtner ist, weiss ich nicht. Ich habe heute lediglich seinen Feature über Zürich im "TagesAnzeiger" gelesen (Seite 15). Darin beschäftigt er sich mit der Lieblingsfrage der Zürcher: jener, ob Zürich nun eine Weltstadt sei oder nicht. Das lässt für seinen Dialekt und seinen Horizont nichts Gutes ahnen. Wie alle Zürcher kommt er schnell zu einem negativen Schluss. Nein, Zürich sei keine Weltstadt schreibt er. Und wer ist schuld daran? Natürlich die Provinzler, von denen es in Zürich laut Pörtner zu viele gibt. "Die begeistertsten Zürcher stammen aus Käffern", schreibt er, "Allen voran der Stadtpräsident, ein Engelberger, der zweite Innerschweizer Stapi in Folge. Die Dörfler sind vor allem davon begeistert , den Sprung in die vermeintliche Metropole geschafft zu haben." Pörtner selber ist selbstverständlich kein Dörfler. Er stammt aus Zürich Seefeld und hätte somit Kraft seiner Geburt das Zeug zum echten Weltstädter. Doch er, zu Hause geblieben, hat keine Chance, denn: "Provinzielle Selbstzufriedenheit hindert Zürich daran, Weltstadt zu sein."

Wenn ein Zürcher das Wort "Innerschweiz" unter die Tastatur nimmt, dann schnellt bei der Frogg das Ereiferungsbarometer sowieso jedesmal ein paar Grad in die Höhe: "Innerschweiz", jenes Wort, das den Weltzürchern Chiffre für alles ländlich-konservativ-Zurückgebliebene ist. Als wären sie je weiter als bis ins Sihltal gekommen und wüssten genau, was die Innerschweiz ist. Dabei haben sie ja keine Ahnung... ausser der Ahnung einer Angst, die Innerschweiz könnte sie in ihre Provinzialität aufsaugen vielleicht? Nicht nötig, liebe Zürcher: Die Innerschweiz ist mit sich selbst beschäftigt, deshalb bleibt sie, was sie ist. Ohne Zürich.

Aber das kann Pörtner nicht wissen. Denn er blickt noch kurz ein bisschen nach Berlin, dann befasst er sich wieder mit dem, was seinem Bauchnabel am nächsten ist: mit Zürich und seinen Bünzlis aus der Provinz. Dabei sollte er die nicht zu gering schätzen: Die wissen wenigstens, wovon sie reden, wenn sie das Wort "Provinz" in den Mund nehmen.

15
Apr
2008

Endlich: 6 Marotten

So, endlich ist es soweit. Stolz werfe ich Euch das erste Stöckchen vor die Füsse, das mir zugeworfen wurde. Es geht so:

1. Setze einen Link zu der Person, welche dir das Stöckchen zugeworfen hat.
Das war katiza

2. Erwähne die dazugehörigen Regeln in deinem Blog.
a) Mann/Frau verlinke die Person, die ihr/ihm das Stöckchen zugeworfen hat
b) Mann/Frau zähle sechs ihrer/seiner Marotten auf
c) Mann/Frau werfe je ein Stöckchen an sechs StöckchennehmerInnen

3. Erzähle von dir 6 unwichtige Dinge/Gewohnheiten/Macken.
a) Andere behaupten ja vollmundig von sich, sie hätten keine Marotten. Die Frogg aber hat Marotten, Mödeli, kleine Unsitten und unsinnige Gewohnheiten in geradezu biblischer Zahl. Eigentlich kann sie sich problemlos einen ganzen Tag lang mit der Ausübung ihrer Marotten beschäftigen. Ja. Und jetzt, wo das gesagt ist, werde ich mich an fünf weniger wichtige davon halten...

b) zum Beispiel die, dass sie alles und jedes googelt. Auch wenn es nur halbwegs von Belang ist. Natürlich hat sie das Wort Marotte sofort auch gegoogelt.

c) Dabei stiess sie, wie immer, auf Wikipedia. Normalerweise gibt sie sich damit zufrieden und lobt leise die Wikipedia und deren erstaunlich umfassendes Wissen. In diesem Fall aber findet sie Wikipedia höchst unbefriedigend. Denn das, was sie suchte, fand sie dann doch erst hier, aber auch das ist irgendwie unbefriedigend.

d) Sie begann also zu nörgeln. Nörgeln tut sie gerne, und zwar in leidenschaftlichem Ton. Nur Herr T. nörgelt besser: vielseitiger, mit mehr Ausdauer und vor allem in diesem Ärgerton, den wir Schweizer so gut drauf haben! Sie aber nörgelt mit erhobenem Zeigefinger: "Hier hätte ich eine vertiefte etymologische Abhandlung über den Zusammenhang zwischen diesen mittelalterlichen Puppen am Stock und dem erwartet, was wir heute als Marotte verstehen!"

e) Unzufrieden und in der Sackgasse wie sie ist, geht sie schnell nachschauen, ob sie eine Email oder eine Nachricht auf ihrem Blog bekommen hat (das tut sie, wenn sie zu Hause ist, vielleicht 50 Mal am Tag)

f) Dann nimmt sie einen Schluck heisses Wasser aus ihrer blauen Thermosflasche Marke Sigg.

4. Und das Stöckchen geht an:
Frau Acqua
Frau Canela
Madame Lila
Frau Pipistrella
Herrn Steppenhund
Frau Walküre

14
Apr
2008

Wurm am Ohr

Seit ein paar Tagen klemme ich mir wieder mein Hörgerät ins Ohr, wenn ich unter die Leute gehe: Mein linkes Ohr schwächelt wie seit einem Jahr* nicht mehr.

Das Ding sieht ungefähr so aus:

(Bild von www.gbiu.de)

Nein, das stimmt natürlich nicht. Das behauptet die Frogg nur, weil sie es nicht mag und deshalb abfällig "den Engerling" nennt. In Wirklichkeit ist es ein Designerteil und sieht genau so aus:


(Bild: uk.designagenda.dk)

Und ich hätte allen Grund, es zu mögen. Denn eigentlich fühle ich mich viel wohler, wenn ich es trage (zumal ich eine Frisur habe, die es tiptop verdeckt). Mein Kopf fühlt sich dann nicht an, als hätte er eine radioaktive Delle, wo andere Leute ein linkes Ohr haben. Und ich höre wirklich besser... naja, nach ein paar Tagen. In den ersten Tagen rauscht und dröhnt so ein Ding bloss fürchterlich. Nach einer Weile höre ich dann jeweils Grüppchen von Leuten in weiter Entfernung sprechen. Das fühlt sich an, als wäre ich eine Spionin und hätte eine Wanze in ihrer Mitte platziert. Auch wenn ich noch nicht verstehe, was sie sagen. Erst nach drei, vier Tagen schälen sich aus dem allgemeinen Gedröhn und digitalen Quaken und Schnarren Geräusche heraus, die einigermassen normal klingen.

* Tatsächlich: Es ist genau ein Jahr her, dassheftige Drehschwindelanfälle mich für mindestens zwei Wochen ausser Gefecht setzten. Danach hörte ich wieder besser. Ich frage mich gerade, ob das ein feiernswertes Jubiläum ist.

12
Apr
2008

Schicksalshafte Begegnung

Neulich wollte ich gediegen shoppen und fuhr deshalb nach Bern. Klar, in Zürich hätte ich auch gekonnt. Aber ich wählte Bern, weil eine innere Stimme zur Frogg sagte: "In Bern wirst Du jemanden treffen, der Dir etwas bedeutet." Das ist nicht abwegig, ich habe früher in Bern gewohnt. Und dennoch staunte ich selber, mit welcher Gewissheit ich mich genau aus diesem Grund für Bern entschied. Ich pfeife nämlich sonst auf Vorahnungen und derlei esoterisches Zeug.

Item. Ich fuhr nach Bern und shoppte und traf niemanden.

Dann suchte ich meine Lieblingsbar auf. Sie war aber so voll, so dass ich ins Kornhauscafé wechselte. Dort bestellte ich Tee und las ein bisschen. Ich trank Tee und und las noch ein bisschen. Dann zahlte ich und las noch ein bisschen. Dann stand ich auf und zog meinen Mantel an. Zwei Männer mit zwei kleinen Kindern kamen herein. Der eine fragte, ob er einen Stuhl von meinem Tisch haben könne. Ich sagte: "Ja, klar" und zog meinen Schal an und plötzlich stand der andere vor mir und sagte: "Moni! Du bist doch Moni!"

Es war Zeno.

Zeno, mit dem ich in Bern ein paar Jahre lang eine Wohnung geteilt hatte. Mit dem ich halbe Nächte durchdiskutiert hatte. Zeno, der mich gelehrt hat, wie man Meinungsverschiedenheiten ohne persönliche Ressentiments austrägt. Zeno, in den die Frogg sogar ein bisschen verliebt war (wobei mir lieber ist, wenn er es nicht weiss). Zeno, der später irgendein prestigeträchtiges Nachdiplomstudium in Wien in Angriff nahm und dann in den luftigen Höhen der Berner Beamtenhierarchie verschwand.

Es war, als hätte das Schicksal Frau Frogg ins Kornhaus-Café getrieben, auf dass sie dort Zeno treffe.

Wir redeten nur kurz, denn Zeno war im Stress. Die Kinder waren nämlich seine, und er war ja mit seinem Kollegen dort. Aber es gelang uns doch noch, uns kurz in eine Meinungsverschiedenheit zu verheddern. Sie wurde weniger verständnisvoll ausgetragen als anno dazumal. Herr Zeno hat gelernt, bundesbernische Beamtengeringschätzung zu markieren.

Überhaupt: Als die Frogg später über das Treffen nachdachte, war sie unzufrieden. Sie fühlte sich provinziell, kleinbürgerlich und unangenehm an alte Zeiten erinnert. In der Erinnerung sah sie sich als hässliches Entlein. Als eines, das nicht mal zum schönen Schwan wurde, sondern einfach zur lahmen Ente.

Dabei habe ich immer geglaubt, so ein schicksalshaftes Treffen müsse einen glücklich machen. Oder wenigstens etwas Positives bedeuten. Aber an diesem schicksalshaften Treffen kann ich wenig Positives sehen. Also: Was soll ich davon halten?
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Journal einer Kussbereiten

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