27
Feb
2008

Muttergefühle

Als ich heute früh meinen Rucksack öffnete, fand ich darin eine (saubere) Babywindel und einen ganzen Packen Feuchttücher. Veronika hatte mir die Sachen gestern mitgegeben, als ich mit Tim auf den Spielplatz ging. Ich hatte sie ihr zurückzugeben vergessen.

Als ich die Sachen in meinem Rucksack sah, fiel plötzlich der Abglanz eines Muttergefühls auf Nichtmutter Frogg. Denn eins habe ich bei der Beobachtung von Müttern festgestellt: Sie tragen immer, ja, immer, irgendwelche potenziell unappetitlichen Sachen und Sächelchen für ihre Sprösslinge durch die Welt. Nuggis und Noscheli, Wasser- und Teeschoppen, Reservewindeln und Feuchttücher, später Müeslistengel oder Bananen für die Zwischenverpflegung, liegengelassene Puppen, Trottis, Handschuhe und Kappen und ein Büechli für allfällige Wartezeiten.

Er fühlt sich schön an, dieser Abglanz von Muttergefühl. Nach Verbundenheit und Unentbehrlichkeit. Dennoch brachte ich die Sachen schnellstmöglich zurück.

25
Feb
2008

Süssstoff

Manche Leute gehen für ihre Gesundheit unglaubliche Kompromisse ein. Zum Beispiel dieser ältere Mann, der neulich im Bahnhofrestaurant resolut folgende Bestellung aufgab: "Bitte ein Kafi Träsch ohne Zucker, dafür aber mit vier Assugrin."

24
Feb
2008

Mysteriöser Steinschlag

Mein Zug nach Basel SBB hatte 35 Minuten Verspätung. Oder noch mehr, und er war gestern Abend der letzte, der mich von Frankfurt am Main zurück in die Schweiz bringen konnte. Ursache seiner Verspätung war ein Steinschlag, hiess es. Naja, dafür hat man Verständnis. Wenn Steine auf den Gleisen liegen, dann muss so ein Zug doch halten, dachte ich. Ich wartete ohne Begleitung. Meinem Kumpel English hatte ich tschüss gesagt.

Im Bahnhof herrschten chaotische Zustände. In der allgemeinen Verwirrung stieg Madame Frogg sogar in einen Intercity nach Ostberlin. Ich bemerkte meinen Fehler im letzten Moment und konnte gerade noch aussteigen. Mit klopfenden Herzen stand ich da und sah die grossen, traurigen Wälder von Ostdeutschland vor mir, sah den Himmel über dem Frankfurter Bahnhof dunkel werden. Ich begann mir Sorgen zu machen. Wo sollte ich übernachten, falls mein Intercity nicht käme? Nicht bei English. English war längst im Kino und hat kein Handy.

Als mein Zug dann doch noch kam, war ich so erleichtert, dass ich der Deutschen Bahn sofort verzieh und beglückt einsteigen wollte. Doch mein Hochgefühl verflog, als ich den Waggon 3 verschlossen vorfand. Im Waggon 3 hatte ich nämlich einen Sitzplatz reserviert, und ich wollte diesen Sitzplatz, weil… nein, es würde zu weit führen, das jetzt zu erklären. Jedenfalls war der Waggon 3 wegen Steinschlags geschlossen, sagte der Schaffner. Ich musste mir im Waggon 2 einen Sitzplatz suchen. Was auch gelang, denn am späteren Samstagabend fährt zum Glück fast niemand ICE.

Als der Schaffner dann meine Fahrkarte kontrollierte, hatte ich einen merkwürdigen Dialog mit ihm.
Ich: „Wo war denn dieser Steinschlag?“
Er: „Im Waggon 3.“
Ich: „Ja, ja, das habe ich mitbekommen. Aber wo in Deutschland, meine ich,“
Er: „Ach so. Der Steinschlag war in Fulda!“
Ich: „Und was ist denn mit dem Waggon 3? Ich meine: Ich habe dort einen reservierten Platz…“
Er (grinsend): „Ja, da bleiben Sie mal besser hier!“
Ich: „Ähh…“
(Schaffner eilig ab).

Klar, dass ich beim Aussteigen in Basel einen langen, aufmerksamen Blick in den Waggon 3 warf. Die Frogg verspürte voyeuristische Lust darauf, Kraterlöcher zu sehen, vielleicht eine zersplitterte Scheibe oder einen staubigen Brocken auf Sitz 83. Aber nichts dergleichen. Was ich von Waggon 3 sah, war still, finster und vollkommen intakt.

Zu Hause angekommen, schlug ich Fulda im Atlas nach. Ich sah dort keine steinschlagverdächtigen Berge. Dann googelte ich „Fulda“ und „Steinschlag“. Wieder nichts. Auch technorati.com gab mir keinerlei Suchergebnisse.

Was war da geschehen?

19
Feb
2008

ach, übrigens...

Bis Sonntag ist hier Schreibpause: Ich fahre wieder mal nach Deutschland. Dafür werde ich viel Zeit zum Lesen haben. Im Zug nach Mannheim.

18
Feb
2008

Flachgewälzert

Es steht in allen Zeitungen: Philip Roth soll einen neuen Roman herausgegeben haben. Exit Ghost heisst er, und ich müsste ihn lesen. Denn seit mich um das Jahr 2000 sein Buch American Pastoral total gepackt hat, finde ich, eigentlich müsste ich jedes Buch von Roth lesen.

Nur: Exit Ghost ist ein Altherrenroman. Sein Held ist 71 und hat Prostatakrebs. Und von Altherrenromanen und Prostatakrebs habe ich gerade genug, ich lese nämlich seit bald einem Monat Richard Ford’s The Lay of the Land, auch einen Altherrenroman mit einem prostatakrebskranken Helden. Nicht, dass mich das Thema nicht interessieren würde. Es interessiert mich immer, wie Menschen mit der Nachricht umgehen, dass sie eine üble Krankheit haben. Aber zweimal hintereinander Prostatakrebs… das ist mir denn doch zu viel.

Dabei hatte ich mich auf The Lay of the Land gefreut. Der Titel gefiel mir, er verspricht Erdiges und einen gewissen Perspektivenreichtum, und die Besprechung auf DRS2 war geradezu euphorisch. Aber, Freunde, ich leide. Ich meine: 726 Seiten! Und das Buch hat noch nicht mal einen spannenden Plot. Nein. Held Frank Bascombe mäandert darin in seiner Heimat an der Küste von New Jersey herum wie weiland Leopold Bloom in Dublin. Frank badet ihm eiskalten Meer, versucht ein paar Häuser zu verkaufen (Er ist Immobilienhändler), bekommt Besuch von seinem lebenden Sohn, gerät in eine Barschlägerei, denkt über den Krebs, seinen verstorbenen Sohn und seine entlaufene Ehefrau Sally nach. Er wird sogar Verdächtiger in einem Bombenanschlag, was aber das Buch keineswegs an Dramatik gewinnen lässt. Im Gegenteil: Sämtliche Schilderungen bleiben geruhsam, wohl reflektiert, ausführlich. Jeder Moment wird ausgekostet. Das hat Witz und Weisheit, zieht die Lektüre für Voreinschlaf-Leserinnen wie die Frogg aber in uneeeendliche Längen. So ab Seite 550 wünschte ich Bascombe nur noch, dass er endlich seine Frau zurückbekomme, damit er aufhören könne zu erzählen. Ich erwog sogar, mit Lesen aufzuhören. Aber das ging nicht. Dafür habe ich zu viel Respekt vor Herrn Ford. Zudem wollte ich wissen, ob er Sally tatsächlich zurückbekommt.

Dennoch werde ich vorderhand keinen weiteren Altherrenroman lesen!

Alternativen gibt’s genug. In der Sonntagszeitung lese ich die euphorische Besprechung Jonathan Littell’s (41) Roman Die Wohlgesinnten. Ja, das müsste ich lesen. Der „Held“ ist eine Täterfigur im Dritten Reich, was für eine Ausgangslage! Aber, jesses, der Wälzer hat 1384 Seiten! Unzumutbar.

Nein, nein. Wenn ich erst Richard Ford fertig gelesen habe, ist ein kompletter Richtungswechsel angesagt. Weg von den Feuilletons mit ihren hoch aktuellen Altherren-Epen. Ich werde mich lektüremässig meinen Freundinnen und der Vergangenheit zuwenden. Jener Zeit, als junge, wilde Autoren noch Bücher im Bereich der Anstandsgrenze von 500 Seiten schrieben. Ich werde zum zweiten Mal White Teeth, den Erstling von Zadie Smith lesen (naja, 541 Seiten…). Weil ich den Roman meiner Freundin Veronika zur Lektüre für unsere London-Reise im März richtiggehend aufgedrängt habe. Weil ich ihn um das Jahr 2000 grossartig fand. Und weil Veronika über das Buch diskutieren wollen wird, wenn wir im März nach London reisen.

Und dann, ja, dann, ist endlich Armistead Maupin an der Reihe!
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Journal einer Kussbereiten

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