10
Feb
2005

«2046»: Nicht hingehen!

Frauen, «2046» ist ein Film, den Ihr Euch nicht anzusehen braucht! Ich meine, wir können unsere Zeit vernünftiger verbringen als dabei, Männern zuzuschauen wie sie ihre Bindungsängste zelebrieren. Und darum und um gar nichts anderes geht es in dem Film, so weit ich sehe.

Klar, visuell ist der Streifen eine Wucht. Diese alptraumhafte futuristische Eisenbahnlandschaften. Diese absolut perfekten Frauen.



Diese perfekten Figuren und Gesichter dieser Frauen – als wären sie aus Elfenbein geschnitzt. Diese wunderbaren, hoch geschlossenen Kleider. Diese perfekt inszenierte Melancholie. Und das alles nur, um wieder mal einen Mann zum tragischen Helden zu erheben, der nicht lieben kann und sich statt dessen in seine Träume verrennt.

Seht ihn Euch nur an, wenn Ihr unbedingt einen Film sehen müsst, in dem der Inhalt der Form überhaupt nicht gerecht wird.

Wenn Ihr aber unbedingt einen Film von Wong Kar Wai sehen wollt, dann sehr Euch «In the Mood for Love» nochmals an. Das ist ein grossartiger Film.

Für «2046» gilt: ** (Von fünf)

5
Feb
2005

Fasnacht in Frösch

Am Freitag um 22 Uhr hatte Kollege Karlo hinter der Glaswand genug. Nach zweimal zehn Stunden ununterbrochener Arbeit stand er auf, stöhnte und sagte: «Jetzt muss ich an all die armen Leute in der Dritten Welt denken. An all die, denen es bestimmt noch viel schlechter geht als uns.»

Das stöhnte auch Kollege Raffi und rief: «Ja, genau! An jene, die genau gleich viel arbeiten wie wir und dafür noch nicht mal genug zu essen bekommen!»

Wir lachten. Dann arbeiteten wir weiter.

Warum wir so viel arbeiten?
Weil in Frösch Fasnacht ist.
Und Fasnacht in Frösch ist ein Grossereignis.





Für die Leute vom Fröscher Tagblatt bedeutet das viiiiiiel Arbeit.
Die Fasnacht will organisiert und gelayoutet sein;
fotografiert, reporteriert und dokumentiert;
kolumniert und kritisiert
mit kreativem Wahnsinn, kritischem Blick und hochnotpeinlicher Präzision.

Alle Jahre wieder.
Alle Jahre von Neuem.

Und daneben geht das Tagesgeschäft weiter.
Auch heute arbeite ich.
Sonntagsdienst.
Es wird bestimmt was zu lachen geben.

2
Feb
2005

Vier Sterne für «Ray»

Endlich ein Viersternfilm für die Frogg: «Ray». Na gut, er ist vielleicht allzu sonnig, allzu optimistisch und am Schluss treibt er die Populärpsychologie eindeutig zu weit.

Aber die Frogg übersieht das gerne, weil: Der Film packt mit kraftvollen Bildern und der weit gehend tadellos aufgegleisten Story vom Erfolgsmenschen mit finsteren Kindheitserinnerungen.

Jamie Foxx soll gefälligst einen Oscar für seine Darstellung von Ray Charles bekommen.



Er gibt den blinden Star und dessen Mimik und Gestik nicht nur täuschend echt, sondern auch extrem expressiv. Sein ganzer Körper scheint zu sprechen.

Und der Sound ist natürlich toll.

Der ganze Film ist eine Hymne auf die Musik, Bilder, auf Sex and Drugs and Soul Music, auf die Lebenslust und die Gerissenheit.

Die Welt einer Dreijährigen

Aus einem Pferdchen macht sie eine Ente.
Aus einer Ente ein Büsi.
Aus einem Holzwägelchen wird bei ihr ein Hund.

Wenn vier empörte Erwachsene rufen: «Aber nein! Das Pferdchen hast Du doch eben von Mami geschenkt bekommen! Das ist doch keine Ente!»

Dann sagt sie in diesem ungeheuer beschwichtigenden Tonfall: «Ich tue nu schpilä!!!»

Und dazu hat sie diesen Augenaufschlag!

Das ist meine wunderbare Nichte Marie Christiane.

30
Jan
2005

Johnny Depp im Nirwana

Die Schweizer Medien überbieten einander gegenseitig mit Lobeshymnen auf «Finding Neverland» von Marc Forster. Das überrascht auch nicht. Forster gilt als einer der unseren, weil er einen seine Kindheit in der Schweiz verbracht hat. Und wenn es einer der unseren ennet dem grossen Teich schafft, dann sonnt man sich gerne in seinem Abglanz. Da muss man auch dafür sorgen, dass der Abglanz gross genug ist.

Ausserdem ist das Werk für einen Oscar nominiert.

Entsprechend hoch waren die frogg’schen Erwartungen, als sie sich den Film ansah. Einen Viersternefilm erwartete sie unbedingt.

Vielleicht machte sich bei ihr gerade deswegen bald eine gewisse Ernüchterung breit. Ein leises Déja-vu-Gefühl. Mit 20 Jahren Kinoerfahrungen kann die Frogg schliesslich auf ein paar Hollywood-Streifen zurückblicken, die die heilende Kraft der Illusion propagieren. Ich sage nur «The Purple Rose of Cairo» von Woody Allen, Baujahr 1985. Was an sich in Ordnung ist: Die Illusion ist schliesslich das Kerngeschäft von Hollywood. Aber der Film ist so bruchlos. So routiniert wunderbar. So frei von Ironie.

«Da war ja noch Johnny Depp», sage ich. Die Frogg mag Johnny Depp. Aber jetzt sagt sie: «Auch Johnny Depp hat mir als Captain Jack Sparrow besser gefallen. So:


Als Pirat war er verwegen und verrucht. Als J.M. Barrie bloss verträumt und ein bisschen neurotisch. Dazu viel zu jung und feminin, auf gut schweizerdeutsch ‚es Bubi`’!»

Na gut. Auf die Gefahr hin, als totale Banausin zu gelten: Die Frogg vergibt wieder mal drei Sterne.

An die Nachwelt

In den achtziger Jahren sagten die Politiker: «Wir wollen unseren Kindern eine intakte Umwelt hinterlassen. Aber das zu sagen, ist inzwischen aus der Mode gekommen.

Heute sagen die Politiker: «Wir wollen unseren Kindern einen schuldenfreien Staat hinterlassen.» Aber dass sie das gesagt haben, vergessen sie ja heute schon immer mal wieder.

Unsere Kinder können sich freuen.

28
Jan
2005

Bitterkalt I & II

I.
Als ich über die Schneehaufen am Strassenrand stolperte.
Als ich die matschrutschige Bahnhoftreppe hinunterhuschte.
Als die Kälte mich unten einholte und mir die Krallen in die Schulter haute.
Genau in die schmale Lücke zwischen Mantelkragen und Schal.

Da dachte ich an Swetlana.
Swetlana Burri Jeverova, aufgewachsen in Nowosibirsk.
Einen Winter lang wohnhaft gewesen in Holzerdingen.
Einem Hügel in der Schweiz.

Es war ein halbherziger Winter.
braungraue Wiesen; Hochnebel; Temperaturen im grünen Bereich.

Einmal rief ich Swetlana an und lud sie ein nach Frösch.
«Habt Ihr Schnee in Frösch?!» fragte sie, und es klang wie eine Bitte. «Bitteee habt Schnee!!!»
Aber wir hatten keinen Schnee in Frösch. Frösch lag ja noch tiefer als Holzerdingen.

Da kehrte Swetlana so schnell wie möglich nach Russland zurück.
Ich aber zog den Kragen näher zum Schal und hastete die andere Bahnhoftreppe wieder hoch.

II.
Nachts an der Bushaltestelle.
Der Bus hat Verspätung.
Kältebedingt.
20 Leute warten.

Es ist nicht wahr, dass Schweizer nicht miteinander reden, wenn sie nachts in Scharen auf den gleichen Bus warten.
Sie reden mit den Augen, alle durcheinander, ohne einander anzusehen.
Die Augen sagen: «Eine Affenkälte ist das» «...halte das ja aus, ich bin hart im Nehmen...» «...ärgerlich, dass der Bus noch nicht...» «wirklich mühsam...» «...wenn ich Zeit hätte, würde ich den Fröscher Verkehrsbetrieben...» «...ich würde ein Mail schicken und mich beschweren!»
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Journal einer Kussbereiten

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