18
Jul
2009

Blick in meine Handtasche

Meine Handtasche ist ganz genau betrachtet eine Schultertasche. Es ist eine Tausche Tasche. Eine grosse Tasche. Wenn ich darin grabe, staune ich immer über die Dinge, die ich in ihren Tiefen finde.

Heute Morgen fand ich:
- 10 gestern Abend ausgedruckte Seiten der Zeitung von heute
- einen Plan meiner Stadt mit Eselsohren, Marke Orell Füssli
- ein Diktiergerät Marke Sanyo
- eine Agenda Marke Bookbinders Design
- eine ausgedruckte Seite der Zeitung vom 15. Juli
- ein paar weisse Wollhandschuhe, total verkrümelt
- eine angebrochene Packung Papiertaschentücher Marke Paloma (vom Türken - mit Honigduft)
- meine Brille, Marke Dolce & Gabbana
- einen so genannten Concealer, Marke verblasst
- drei Rosskastanien, Geschenk von Tim, muss schon eine Weile her sein
- einen Kassabon der Hirschmatt-Buchhandlung vom 16. Juni über Fr. 19.80



Nicht gefunden habe ich einen karierten Knirps obskurer Marke mit ziemlich brüchigem Gerüst. Genau den hätte ich aber unbedingt gebraucht. Nicht nur, weil Regen drohte. Nein. Weil es ein ganz gewöhnlicher Samstag war. Ich brauchte eine Ahnung von Weltreichtum. Erinnerung. Etwas Nostalgie und Futter für die samstägliche Fabulierlust. Und genau das hätte mir der Schirm geboten. Denn ich habe ihn am 23. Juni auf diesem mächtigen Platz gekauft:

DSCN1190

der Piazza Unità d'Italia in Triest (Bild von Herrn T., einen Tag später). Als ich den Schirm kaufte, standen wir am Rande des Platzes, es war früher Abend und es regnete, und zwar richtig. Auch wenn Herr T. aus Gründen der Reisemoral hartnäckig das Gegenteil behauptete. Auf Regen hatte ich mich beim Packen bewusst nicht vorbereitet. Wir reisten schliesslich in den Süden. Doch hier standen wir, und der Regen machte Triest zu einer abweisenden Stadt, die Piazza lag riesig, grau und leer vor uns. "Das ist gar nicht Italien!" klagte die Frogg. Das einzige, was hier gegen die Nässe anzukommen schien, war ein leiser Duft von Jägermeister. Ein deutscher Duft. Aber vielleicht bildete ich mir das auch nur ein.

Da huschte wie aus dem Nichts ein Afrikaner auf uns zu und hielt mir eben jenen Schirm unter die Nase. "Ten Euro", sagte er oder vielleicht auch "Dieci Euro", ich weiss es nicht mehr. Ich schüttelte den Kopf. "Too expensive", sagte ich. Da sagte er "eight" und ich kaufte den Schirm. Ich hätte ihn noch weiter hinunterhandeln sollen, aber was solls. Wahrscheinlich hatte der Mann Schulden bei seinem Schlepper, und ich war erschöpft und wie erstarrt vor Fremdheit. Ich kaufte den Schirm. Er lächelte und bedankte sich sehr.

Ich brauchte das Ding später noch ein paarmal.

Heute Morgen habe ich ihn dann doch noch gefunden: In meinem kleinen Rucksack. Auch er hat eine Geschichte. Aber die erzähle ich ein andermal.
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