Brief aus der Schweiz
Lieber Trox
Ich soll nicht zu früh um die Banken weinen, schreibst Du. Mache ich auch nicht, denn dazu sähe ich nun wirklich keine Veranlassung. Aber ich mache mir Sorgen um die Schweiz.
Ich habe ja lange hin- und herüberlegt, ob ich das hier überhaupt schreiben soll. Erst war ich sprachlos vor Bestürzung. Dann erinnerte ich mich an einen früheren Entscheid: Dieser Blog ist meine Spielwiese. Hier schreibe ich nicht über Politik. Schon gar nicht über Banken, das Bankgeheimnis, die UBS. Dann schwieg ich vor Scham. Wer wird jemanden aus der Schweiz noch ernst nehmen? Profiteure alle. Und dazu noch erpressbar.
Doch ich habe entschieden: Scham ist ein schlechter Ratgeber. Und dann werfen die Ereignisse der letzten Tage ihre Schatten gross und düster noch über die hinterste Spielwiese. Da scheint es mir naiv, so zu tun, als wären sie nicht da.
In den letzten Tagen habe ich mich ein paarmal gefühlt, als flöge mir die Schweiz in Trümmern um die Ohren. Recht, Ordnung, Vertrauen, alles mit Füssen getreten, kaputt*.
Jetzt weiss ich nicht, über wen ich am wütendsten sein soll:
Auf die Gangster bei der UBS: Weil sie mit ihren kriminellen Machenschaften in den USA dafür gesorgt haben, dass jeder in diesem Land so aussieht, als wäre er ein fröhlicher Nutzniesser von ertrogenen Steuergeldern.
Auf unsere Regierung. Weil sie es verpennt hat, das Debakel zu verhindern. Obwohl sie es gekonnt hätte.
Auf das Parlament: Weil es ebenfalls in der Lage gewesen wäre, uns diese Ungeheuerlichkeit zu ersparen.
Auf die Amerikaner: Weil sie uns allen gezeigt haben, dass wir in einem kleinen Land leben und uns von jeder Grossmacht in den Arsch treten lassen dürfen.
Ich meine: Ich selber war nie besonders glücklich mit dem Bankgeheimnis. Vor vielen Jahren habe ich an der Urne sogar einmal für seine Abschaffung gestimmt. Heute sehe ich, dass es auch Argumente für seine Beibehaltung gibt. Aber jetzt ist es genug. Jetzt will ich von allen Verantwortlichen, dass sie alles dran setzen, in unserem Staat wieder für Ordnung und Würde zu sorgen. Und für einen ehrbaren Umgang mit Geldern jeglicher Herkunft. Dafür würde ich sogar selber einen Beitrag leisten! Meine Spielwiese werde ich deswegen ja nicht aufgeben müssen.
*Für alle Nichtschweizer hier eine kurze Chronologie der Ereignisse:
Mittwoch, 18. Februar, abends: Unsere Regierung beschliesst, den USA Unterlagen über 300 amerikanische Kunden der Schweizer Bank UBS zu liefern. Sie tut es auf Druck der Amerikaner. Die hätten der Schweizer Grösstbank die Lizenz in den USA entzogen, wenn die Daten nicht subito gekommen wären. Das hätte unsere Volkswirtschaft ruiniert. Unsere Regierung will also das Beste für uns tun, verstösst dabei aber gegen unsere eigenen Gesetze: Wir haben hierzulande ein Bankgeheimnis. Ob wir es mögen oder nicht.
Freitag, 20. Februar, gegen Abend: Das Bundesverwaltungsgericht schreitet ein. Die Auslieferung der Daten sei gesetzwidrig, teilt es mit und verbietet sie.
Später am selben Abend wird klar: Das Gericht steht mit abgesägten Hosen da. Die Kundendaten sind bereits in den USA.
Seither herrscht Heulen und Zähneknirschen und die Medien suchen nach den Schuldigen für den Skandal, die Staatskrise. Aber niemand weiss, wie es weitergehen soll.
Ich soll nicht zu früh um die Banken weinen, schreibst Du. Mache ich auch nicht, denn dazu sähe ich nun wirklich keine Veranlassung. Aber ich mache mir Sorgen um die Schweiz.
Ich habe ja lange hin- und herüberlegt, ob ich das hier überhaupt schreiben soll. Erst war ich sprachlos vor Bestürzung. Dann erinnerte ich mich an einen früheren Entscheid: Dieser Blog ist meine Spielwiese. Hier schreibe ich nicht über Politik. Schon gar nicht über Banken, das Bankgeheimnis, die UBS. Dann schwieg ich vor Scham. Wer wird jemanden aus der Schweiz noch ernst nehmen? Profiteure alle. Und dazu noch erpressbar.
Doch ich habe entschieden: Scham ist ein schlechter Ratgeber. Und dann werfen die Ereignisse der letzten Tage ihre Schatten gross und düster noch über die hinterste Spielwiese. Da scheint es mir naiv, so zu tun, als wären sie nicht da.
In den letzten Tagen habe ich mich ein paarmal gefühlt, als flöge mir die Schweiz in Trümmern um die Ohren. Recht, Ordnung, Vertrauen, alles mit Füssen getreten, kaputt*.
Jetzt weiss ich nicht, über wen ich am wütendsten sein soll:
Auf die Gangster bei der UBS: Weil sie mit ihren kriminellen Machenschaften in den USA dafür gesorgt haben, dass jeder in diesem Land so aussieht, als wäre er ein fröhlicher Nutzniesser von ertrogenen Steuergeldern.
Auf unsere Regierung. Weil sie es verpennt hat, das Debakel zu verhindern. Obwohl sie es gekonnt hätte.
Auf das Parlament: Weil es ebenfalls in der Lage gewesen wäre, uns diese Ungeheuerlichkeit zu ersparen.
Auf die Amerikaner: Weil sie uns allen gezeigt haben, dass wir in einem kleinen Land leben und uns von jeder Grossmacht in den Arsch treten lassen dürfen.
Ich meine: Ich selber war nie besonders glücklich mit dem Bankgeheimnis. Vor vielen Jahren habe ich an der Urne sogar einmal für seine Abschaffung gestimmt. Heute sehe ich, dass es auch Argumente für seine Beibehaltung gibt. Aber jetzt ist es genug. Jetzt will ich von allen Verantwortlichen, dass sie alles dran setzen, in unserem Staat wieder für Ordnung und Würde zu sorgen. Und für einen ehrbaren Umgang mit Geldern jeglicher Herkunft. Dafür würde ich sogar selber einen Beitrag leisten! Meine Spielwiese werde ich deswegen ja nicht aufgeben müssen.
*Für alle Nichtschweizer hier eine kurze Chronologie der Ereignisse:
Mittwoch, 18. Februar, abends: Unsere Regierung beschliesst, den USA Unterlagen über 300 amerikanische Kunden der Schweizer Bank UBS zu liefern. Sie tut es auf Druck der Amerikaner. Die hätten der Schweizer Grösstbank die Lizenz in den USA entzogen, wenn die Daten nicht subito gekommen wären. Das hätte unsere Volkswirtschaft ruiniert. Unsere Regierung will also das Beste für uns tun, verstösst dabei aber gegen unsere eigenen Gesetze: Wir haben hierzulande ein Bankgeheimnis. Ob wir es mögen oder nicht.
Freitag, 20. Februar, gegen Abend: Das Bundesverwaltungsgericht schreitet ein. Die Auslieferung der Daten sei gesetzwidrig, teilt es mit und verbietet sie.
Später am selben Abend wird klar: Das Gericht steht mit abgesägten Hosen da. Die Kundendaten sind bereits in den USA.
Seither herrscht Heulen und Zähneknirschen und die Medien suchen nach den Schuldigen für den Skandal, die Staatskrise. Aber niemand weiss, wie es weitergehen soll.
diefrogg - 24. Feb, 21:01
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