bei freunden

6
Aug
2011

Parasit auf dem Computer

Mein Computer spinnt. Er braucht ewig, bis er eine einziges, klitzekleines Mail gelöscht hat. Und er ist dabei so beschäftigt, dass man gar nichts mehr mit ihm machen kann. Er ächzt und murmelt und ein blaues Rädchen dreht sich, da wo der Cursor wäre. Man kann sein ganzes Büro aufräumen beim Warten! Und ein Mittagessen kochen! Erst wenn man essen will, ist er ennndlich fertig.

Computerdoktor T. runzelt die Stirn und sagt: "Da ist irgendein Käfer drauf, der den ganzen Arbeitsspeicher belegt." Vielleicht sei er Heimat eines jener Viren geworden, die klamheimlich Spam in der Weltgeschichte hinausschicken. Ohne mein Wissen und ohne, dass ich etwas tun kann. Ein Parasit. Unheimlich. Herr T. weiss: "Da hilft alles nichts. Wir müssen die ganze Maschine neu aufsetzen."

So hat Frau Frogg an diesem wolkigen Nachmittag angefangen, ihr in vier Jahren auf dem Laptop angehäuftes Zeugs auf einen externen Speicher zu laden. Zum Beispiel eine Menge Mails.

Dabei habe ich gemerkt, wie unglaublich schnell wir alle vernetzt sind. All dieses Facebook-Zeugs! Und wir twittern und xingen und plingen und smsln ohne Unterlass. Und doch haben wir einander so schnell wieder vergessen. Da war zum Beispiel einmal ein Zimtlilawasserfroschabend. Als ich meine Mails löschte, habe ich die Reste unserer Korrespondenz dazu gefunden.

canela, acqua, madamelila: Erinnert Ihr Euch noch?

Dazu ein uralter Soundtrack - zur Beruhigung, gewissermassen.

11
Jul
2011

Auch ich



Deswegen.

Wobei ich zum Beitrag von Herrn Trithemius anmerken möchte: Zeitungsredakteure betrachten keineswegs als Selbstverständlichkeit, dass ihre Berichte gelesen werden. Im Gegenteil: Viele diskutieren jeden Tag den halben Tag lang darüber, wie man "den Leser" dazu bringt, etwas zu lesen. Oder darüber, ob "der Leser" dies oder jenes überhaupt gelesen habe - und wenn nein, warum nicht.

Zeitungsredakteure wissen schliesslich, wie wenig sie selber lesen.

6
Jun
2011

Stimmungskanone und Schlaftablette

Ich bin gesund und munter. Zuweilen breche ich sogar aus meiner Einsiedlerinnenklause auf und besuche gesellige Anlässe.

Da habe ich manchmal merkwürdige Erlebnisse. So traf ich neulich eine richtige Stimmungskanone, ein Energiebündel, ein Lippenstiftgewitter.

Um die Kraft und Modulierbarkeit ihrer Stimme hätte sogar Stephanie Glaser sie beneidet - etwas mehr als um ihre Pointen, vielleicht.



Die Stimmungskanone redete ohne Unterlass. Das heisst: Zuweilen unterbrach sie sich, indem sie in explosionsartiges Gelächter ausbrach. Daran erkannte jeweils sogar Frau Frogg, dass sie einen Witz gemacht hatte.

Sie setzt bei ihren Witzen stark auf den running-gag-Effekt häufiger Wiederholungen. Mit Erfolg. Die anderen Anwesenden schienen sie alle amüsant zu finden. Sie habe für ihren Humor sogar einmal eine Auszeichnung der Lokalzeitung bekommen, sagte sie.

Ich wurde nicht so warm mit ihr und erging mich in Selbstzweifeln. Bin ich eine eitle Schurni-Tusse geworden und einfach nicht zufrieden mit der geringen Aufmerksamkeit, die ich am Anlass bekam?

Oder eine humorlose Schlaftablette?

11
Mai
2011

Sie ist ständig müde

Meine Freundin Theres ist einmal ein Arbeitstier gewesen. Sie hatte ihre Abteilung bestens im Griff - auch den Chef. Bis sie vor einem Jahr schwer stürzte und sich am Kopf verletzte. Seither leidet sie an chronischer Müdigkeit und kann nicht mehr richtig arbeiten.

Man muss sie mit Samthandschuhen anfassen. Man darf sie nicht mal anlächeln und fragen: "Wie gehts?" Das heisst: Man darf natürlich. Aber man muss damit rechnen, dass sie als Antwort eine Gähn-Attacke bekommt. Oder diesen leidenden Blick, der in etwa sagt: Wenn ich dürfte, würde ich Dir für eine solche Frage die Fresse polieren!

Ich kenne dieses Gefühl. Ich bin auch schon krank gewesen und die Leute haben mich angestrahlt und gefragt: "Wie gehts?!" Sie wollten mit ihrem Lächeln Kraft und Lebensfreude vermitteln und einfach nicht verstehen: Ich empfand es als Diskriminierung durch das Schicksal, dass mein Gegenüber überhaupt so aufgestellt lächeln konnte - und als Antwort auch noch ein Lächeln zurückerwartete.

Ich kenne dieses Gefühl, und ich mag Theres. Und doch bin ich ein Jahr lang immer wieder in dieselbe Falle getappt. Ich habe sie gefragt: "Wie gehts?" - und sie dabei angelächelt.

Gestern habe ich endlich den richtigen Dreh gefunden. Ich begegnete ihr auf der Strasse. "Hallo Theres", sagte ich lächelnd. Dann neigte ich ernst, aber nicht zu teilnehmend den Kopf und fragte: "Gehts?"

Sie sagte: "Ja, es geht. Ich will nicht sagen, dass es gutgeht. Aber es geht."

Das war ok. Und ich kann dieses Wissende Kopfneigen im Umgang mit gesundheitlich angeschlagenen Menschen durchaus zur Nachahmung empfehlen. Ungefähr.

Und noch eine Empfehlung: Unbedingt in dieses Video reinschauen. Eine Wucht!

23
Apr
2011

Kussbereit

Frosch

Wagenmoos, Meggen, Schweiz, heute Mittag.

14
Mrz
2011

Der spirituelle Weg

Gestern habe ich meinen alten Kumpel François getroffen. Unsere Beziehung ist in den letzten Jahren etwas steinig gewesen. Früher einmal waren wir grosse Freunde. Dann interessierte er sich immer mehr für Esoterik. Ich immer weniger. Wir haben deswegen oft gestritten.

François kann reden wie ein Wasserfall. Er erzählte vom Sonnentanz der Lakota. Er fliegt jeweils einmal im Jahr in die Indianer-Reservation nach North Dakota, um bei diesem Ritual dabei zu sein. Obwohl wir an einer lauten Strasse standen, hörte ich diesmal fasziniert zu. Seine Schilderung wechselte von der Philosphie und der ungeheuren Spiritualität der Lakota-Sprache zum Elend, in dem die Ureinwohner Amerikas leben.

Er erzählte davon, dass die Lebenserwartung der Lakota ungefähr 38 Jahre betrage. Dass sein "spiritueller Lehrer" in den letzten beiden Jahren seine beiden Kinder verloren habe. Seine Tochter sei kürzlich an einer Leberzyrrhose gestorben - mit 21. Und der Sohn habe draussen in der Wildnis einen epileptischen Anfall gehabt. Man habe ihn zu spät gefunden.

"Jetzt stellt er seine spirituellen Werte in Frage", sagte François, "Er sagt: 'Was nützt es mir, wenn ich das alles tue - wenn dann doch meine Kinder sterben?'"

Glaubt mir: Ich empfand keine Genugtuung. Nur ein gewaltiges Bedauern.

2
Mrz
2011

Engel an der Autobahnauffahrt

In meinem letzten Eintrag habe ich über einen Tobsuchtsanfall nachts auf der Bushaltestelle berichtet - und wie ich bei der Autobahnauffahrt in einem finsteren Winkel ein weinendes Mädchen sah. Sie weinte zum Steinerweichen.

Ich warf einen misstrauischen Blick ins Gebüsch. Die junge Frau war allein. Ich dachte einen Augenblick lang besorgt an das Portmonee in meiner Manteltasche. Dann warf ich alle Vorsicht in den Wind. Ich setzte ich mich zu ihr und fragte, was los sei. Ich hatte vergessen, dass ich je wütend gewesen bin.

Sie warf sich in meine Arme und weinte in meinen Mantel. Erst mit der Zeit schluchzte sie ihre Geschichte heraus. Das übliche. Der Freund. Sie war seinetwegen hergezogen und kennt niemanden hier. Und er hat sie einfach sitzenlassen.

Ich bin selber einmal ein verzweifeltes Mädchen gewesen. Mehr als einmal. Manchmal möchte ich heute mit der jungen Frau Frogg von damals sprechen. Ich möchte ihr sagen, dass ich all die zentnerschweren Probleme von damals gelöst habe. Dass ich ein paar Dinge getan habe, auf die ich stolz bin. Dass ich einen netten Mann habe. Dass es mir gutgeht. Naja, mehr oder weniger. Aber Details müsste die junge Moni Frogg nicht wissen.

Auch die junge Frau nicht, die jetzt neben mir sitzt. Ich kann sie höchstens spüren lassen, dass die Zeit die meisten Wunden heilt.

Schliesslich hört sie auf zu schluchzen. Die Linie zwischen Trost und Zudringlichkeit wird merkwürdig dünn. Sie sagt: "Ich sollte nach Hause." Ich stehe auf und verabschiede mich.

Ich werde sie wahrscheinlich nie wieder sehen.

Später bin ich nicht sicher, ob ich sie gerettet habe oder sie mich.

1
Mrz
2011

Nächtlicher Tobsuchtsanfall

Neulich nachts nach dem Theater am Stadtrand. Ich gehe allein zur Busstation. Oder vielmehr: Ich renne, doch der Bus fährt mir vor der Nase weg. Scheisse! Wenn dieser Deppen-Tubel von einem Schafseckel-Chauffeur ein Profi wäre, dann hätte er mich gesehen! Gut, dann gehe ich zu Fuss! Ich stehe mir doch nicht wegen so einem Idioten-Bus an der Kälte zehn Minuten die hohen Absätze in den Bauch! Neben mir braust vierspurig der Verkehr. Ich schicke dem Busfahrer Verwünschungen hinterher, so laut ich kann. Die Wut von Jahren steigt in mir hoch. Wenn sie Flügel verleihen würde, würde ich in die Nachtluft schiessen, drei Kreise über der Autobahnausfahrt ziehen und dann nach einem sauberen Bogen zu Hause landen.

Aber Wut verleiht keine Flügel. Ich gehe schnell. Ich kann gar nicht mehr aufhören zu brüllen.

Nach zehn Minuten tun mir Hals und Füsse weh. Aber ich möchte immer noch jeden, den ich sehe, mit Blicken töten.

Ich komme zur Autobahnauffahrt. Das ist ein ungastlicher Ort. Zwar stehen hier ein paar Bänke zwischen finsteren Büschen. Doch wenn eine Frau drauf aus ist, nachts um ihr Portmonee oder ihre körperliche Unversehrtheit gebracht zu werden, dann sollte sie es hier versuchen.

Hier sehe ich sie. Sie ist jung und hat langes, blondes Haar. Sie sitzt auf einer Bank und weint. Sie weint zum Steinerweichen.

Sorry, Telefon. Rest erzähle ich morgen.

26
Feb
2011

Nachts an der Autobahnauffahrt

Neulich nachts nach dem Theater am Stadtrand. Ich gehe allein zur Busstation. Oder vielmehr: Ich renne, doch der Bus fährt mir vor der Nase weg. Scheisse! Wenn dieser Deppen-Tubel ein echter Chauffeur wäre, dann hätte er mich gesehen! Gut, dann gehe ich zu Fuss! Wäre ja gelacht, wenn ich mir hier an der Kälte 10 Minuten meine hohen Absätze in den Bauch stehen würde! Neben mir braust vierspurig der Verkehr. Ich schicke dem Busfahrer Verwünschungen hinterher, so laut ich kann. Die Wut von Jahren steigt in mir hoch. Wenn sie Flügel verleihen würde, würde ich in die Nachtluft schiessen, drei Kreise über der Autobahnausfahrt ziehen und dann nach einem sauberen Bogen zu Hause landen.

Aber Wut verleiht keine Flügel. Ich gehe schnell. Ich kann gar nicht mehr aufhören zu brüllen.

Nach zehn Minuten tun mir Hals und Füsse weh. Aber ich möchte immer noch jeden, den ich sehe, mit Blicken töten.

Ich komme zur Autobahnauffahrt. Das ist ein ungastlicher Ort. Zwar stehen hier ein paar Bänke zwischen finsteren Büschen. Doch wenn eine Frau drauf aus ist, nachts um ihr Portmonee oder ihre körperliche Unversehrtheit gebracht zu werden, dann sollte sie es hier versuchen.

Hier sehe ich sie. Sie ist jung und hat langes, blondes Haar. Sie sitzt auf einer Bank und weint. Sie weint zum Steinerweichen.

Sofort vegesse ich, dass ich je wütend gewesen bin. "Kann ich helfen?" frage ich. Ich werfe einen Blick ins Gebüsch hinter ihr und denke an den Geldbeutel in meiner Tasche. Dann werfe ich alle Vorsicht in den Wind und setze mich zu ihr. Sie wirft sich in meine Arme und weint. Es ist das übliche. Der Freund.

Ich bin selber einmal ein verzweifeltes Mädchen gewesen. Manchmal möchte ich heute zu der jungen Frau sprechen, die ich gewesen bin. Ich möchte ihr sagen, dass ich all die zentnerschweren Probleme von damals gelöst habe. Dass ich einen netten Mann habe und Dinge getan, auf die ich stolz bin. Dass es mir gutgeht. Naja, mehr oder weniger. Aber Details müsste die junge Moni Frogg nicht wissen.

Auch die junge Frau nicht, die jetzt neben mir sitzt. Aber ich kann sie spüren lassen, dass die Zeit die meisten Wunden heilt.

Schliesslich richtet sie sich wieder auf. Die Linie zwischen Trost und Zudringlichkeit wird dünn. Sie sagt: "Ich sollte wohl nach Hause." Ich stehe auf und verabschiede mich.

Ich werde sie wahrscheinlich nie wieder sehen.

Später bin ich nicht sicher, ob ich sie gerettet habe oder sie mich.

14
Dez
2010

Das richtige Christkind

Kinder müssen heute viel mehr können als früher. Nehmen wir zum Beispiel das Christkind. Als ich ein Kind war, gabs ein einziges Christkind. Man schrieb ihm seine Weihnachtswünsche auf ein Zettelchen. Mutter legte es abends aufs Fensterbrett, damit das Christkind es abholen konnte. Am Weihnachtsabend legte es ein paar Sachen unter den Baum und hatte auch noch Zeit, diesen aufleuchten zu lassen wie ein Wunder.

Heute ist alles anders. Da gibts ja schon am ersten Adventssonntag Lichterorgien allüberall.

Und kompliziert wirds mit den Wunschlisten: Tim (5) etwa gab seiner Patentante seinen Wunsch an ihr Christkind telefonisch durch. Dabei zitierte er gleich die Bestellnummern aus dem Spielwaren-Katalog. "Ich möchte vom Christkind eine Packung Lego City 6743 oder dann 6534", sagte er. Mein Gottenmädchen Carina (5) schickte derweil hübsche Collagen aus dem Spielwaren-Katalog an Gotte, Götti und die beiden Omamis, total vier Bastelarbeiten. So landen also vier Wunschlisten für vier Christkinder auf vier Fensterbrettern - für ein einziges Kind. Uns hätte eine solch wunderbare Christkind-Vermehrung ja misstrauisch gemacht. Die Fünfjährigen von heute aber schaffen es spielend, in ihren kleinen Köpfen die Vorstellung von Myriaden von generalstabsmässig organisierten Christkindern aufrecht zu erhalten.

Oder der Samichlaus. Als ich ein Kind war, gabs einfach den Samichlaus. Als klein Moni Frogg einmal irgendwo einen zweiten sah, begann sie sich zu fragen, wie das mit rechten Dingen zugehen könne. Heute gibts in jedem Warenhaus einen anderen Samichlaus. Aber sind die Kinder verwirrt? Ach wo! Tim soll neulich zu so einem Warenhaus-Samichlaus gesagt haben: "Nein, nein. Mir Dir will ich nichts zu tun haben. Ich rede dann lieber zu Hause mit dem richtigen Samichlaus."
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Journal einer Kussbereiten

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Liebe Rosenherz
Danke für diesen Kommentar, eine sehr traurige Geschichte....
diefrogg - 11. Jan, 15:20
Ja, die selektive Wahrnehmung...
auch positives oder negatives Denken genannt. In den...
diefrogg - 9. Jan, 18:14
liebe frau frogg,
ein bisschen versuch ich es ja, mir alles widrige mit...
la-mamma - 5. Jan, 14:04

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