Beatles als Boygroup
Die anderen Mädchen standen alle auf die Bay City Rollers. Aber doch nicht die Prinzessin und ich! Uns waren die Bay City Rollers viel zu bieder. Wir waren etwas Besonders. Wir waren Beatles-Fans. Wir waren 12 oder 13, und irgendwann begann sich für uns alles um die Pilzköpfe zu drehen. Die Beatles wurden unsere Boygroup.
Wir organisierten uns gut: Sie schwärmte für Paul McCartney. Ich, die Intellektuelle von uns beiden, für John Lennon. Sie, die Experimentierfreudige, mochte das Album "Sgt. Pepper's".
Ich stand auf "Help".
Die Eltern der Prinzessin hatten einen Hund. Den musste die Prinzessin an schulfreien Nachmittagen Gassi führen. Oft begleitete ich sie. Dann wurde aus dem "Ämtli" meist ein langer Spaziergang. Wir gingen über die Hügel hinter unserer Vorortssiedlung und bauten schottische Luftschlösser. Wir erzählten einander Geschichten, in denen wir John, Paul, George und Ringo trafen und mit ihnen ganz und gar unglaubliche Stories erlebten. In meiner Erinnerung dauern diese Spaziergänge ewig und die Geschichten hören nie auf. Es störte uns nicht im geringsten, dass es die Band seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr gab. Unsere Geschichten waren zehnmal besser als die Realität. Und die Musik war ja noch da.
Unsere Enthusiasmus hielt mehrere Jahre an. Als John Lennon 1980 erschossen wurde, war ich 15. (Hier ein lesenswerter Eintrag von nömix zum Thema). Die Prinzessin und ich waren immer noch Beatles-Fans. Natürlich besprachen wir die Sache im Bus zum Gymnasium. Natürlich war das ein Schock. Aber es war ein Schock für Fünfzehnjährige. Viel "Jesses" und "Eia!" Aber das alles war ja weit weg passiert, in New York. Und für uns waren die Vier sowieso fiktive Figuren. Echte Tränen gab es damals keine.
Dann verschwand die Prinzessin von der Bildfläche. Und ich begann andere Bands zu mögen.
Erst als George Harrison 2001 starb, verspürte ich einen Moment lang wirklichen Schmerz.
Ich habe mir lange überlegt, ob ich hier den Clip zu "Help" bringen soll. Der hätte meine Gefühle als Teenager gut illustriert. Aber dann wurde mir klar, dass die Beatles mehr für mich waren als eine Boygroup. Sie haben für mich den Begriff "Englishness" definiert (noch bevor er überhaupt Eingang in die deutsche Sprache fand). Und das ist nicht nichts. Schliesslich habe ich sieben Jahre meines Lebens dem Studium Englischer Literatur gewidmet. Deshalb hier ein anderer Lieblingssong von mir, der visuell etwas besser auf den Punkt bringt, was ich damit meine: Bobbies und Pferde und Fussgängerstreifen und ein ganz und gar anderes Alltagsdesign:
A day in the life
Wir organisierten uns gut: Sie schwärmte für Paul McCartney. Ich, die Intellektuelle von uns beiden, für John Lennon. Sie, die Experimentierfreudige, mochte das Album "Sgt. Pepper's".
Ich stand auf "Help".
Die Eltern der Prinzessin hatten einen Hund. Den musste die Prinzessin an schulfreien Nachmittagen Gassi führen. Oft begleitete ich sie. Dann wurde aus dem "Ämtli" meist ein langer Spaziergang. Wir gingen über die Hügel hinter unserer Vorortssiedlung und bauten schottische Luftschlösser. Wir erzählten einander Geschichten, in denen wir John, Paul, George und Ringo trafen und mit ihnen ganz und gar unglaubliche Stories erlebten. In meiner Erinnerung dauern diese Spaziergänge ewig und die Geschichten hören nie auf. Es störte uns nicht im geringsten, dass es die Band seit mehr als einem Jahrzehnt nicht mehr gab. Unsere Geschichten waren zehnmal besser als die Realität. Und die Musik war ja noch da.
Unsere Enthusiasmus hielt mehrere Jahre an. Als John Lennon 1980 erschossen wurde, war ich 15. (Hier ein lesenswerter Eintrag von nömix zum Thema). Die Prinzessin und ich waren immer noch Beatles-Fans. Natürlich besprachen wir die Sache im Bus zum Gymnasium. Natürlich war das ein Schock. Aber es war ein Schock für Fünfzehnjährige. Viel "Jesses" und "Eia!" Aber das alles war ja weit weg passiert, in New York. Und für uns waren die Vier sowieso fiktive Figuren. Echte Tränen gab es damals keine.
Dann verschwand die Prinzessin von der Bildfläche. Und ich begann andere Bands zu mögen.
Erst als George Harrison 2001 starb, verspürte ich einen Moment lang wirklichen Schmerz.
Ich habe mir lange überlegt, ob ich hier den Clip zu "Help" bringen soll. Der hätte meine Gefühle als Teenager gut illustriert. Aber dann wurde mir klar, dass die Beatles mehr für mich waren als eine Boygroup. Sie haben für mich den Begriff "Englishness" definiert (noch bevor er überhaupt Eingang in die deutsche Sprache fand). Und das ist nicht nichts. Schliesslich habe ich sieben Jahre meines Lebens dem Studium Englischer Literatur gewidmet. Deshalb hier ein anderer Lieblingssong von mir, der visuell etwas besser auf den Punkt bringt, was ich damit meine: Bobbies und Pferde und Fussgängerstreifen und ein ganz und gar anderes Alltagsdesign:
A day in the life
diefrogg - 1. Feb, 18:49
7 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
jueb - 2. Feb, 10:19
Der Blog ist wirklich schön! Ich werde ihn jetzt regelmäßig lesen.
diefrogg - 2. Feb, 18:52
Danke :)
Ich habe vorhin auch ein bisschen bei Ihnen gelesen und wollte einen Kommentar schreiben. Habe aber keinen Account (oder hatte mal einen und weiss das Passwort nicht mehr... ich ahne komplexe Probleme). Aber ich werd's noch herausfinden!
punctum - 2. Feb, 21:46
Oh ja... Mir fiel gerade spontan "Girl" ein - das habe ich endlos oft angehört, wenn ich meinen Cousin besuchte, der etliche Platten von den Beatles hatte. Ich finde es immer noch toll. Danke für die Anregung, noch mal in alten Platten zu kramen (wo ist eigentlich der Plattenspieler geblieben...?).
jueb - 3. Feb, 11:03
Sagen könnte man auch: die Alternative ist falsch gestellt. Beatles versus Bay City Rollers. In meiner Kindheit (oder war es schon die Jugend?) schwärmte ich (1964*) für ABBA, mein Bruder (1962*) für die Beatles, ich wusste damals schon, ich hatte die schlechtere - eine peinliche - Wahl getroffen. Die Bay City Rollers hingegen waren so unerotisch-clean wie heute die Jungschauspieler aus diesen Vampyrfilmen sind, für die ich zu alt bin...
diefrogg - 3. Feb, 21:07
Ich kann mich...
überhaupt nicht mehr erinnern, wie die Bay City Rollers klangen. Geschweige denn, wie sie aussahen. Aber bestimmt haben Sie recht. Ich erinnere mich vage, dass es den einen oder anderen Song gab, den ich mochte. Hätte ich eine andere Freundin gehabt, wäre ich vielleicht in das Bay City-Rollers-Fieber eingefallen. Aber die Prinzessin und ich wollten eben etwas Besonderes sein. Nicht, dass wir auf Grund musikalischer Qualität hätten urteilen können, welche Musik rein qualitativ besser war (ich kann das bis heute sehr schlecht. Ich mag einen Song oder ich mag ihn nicht. Aber ich bin musikalisch immer ein einfaches Gemüt geblieben). Dass die Bay City Rollers "eine peinliche Wahl" waren, die Beatles aber "besser" wussten wir auf Grund subtiler Signale aus unserer Umwelt.
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