Danke, Nina!
An einem Tag im September traf ich sie bei uns im Grossraumbüro. Sie stellte gerade eine Schüssel auf die Ablagefläche für Geschenke ans Team. "Mhhm, Feigen!", sagte ich und dann: "Hallo Nina!", und dann, etwas verblüfft: "Du bist doch Nina, oder?" Sie hatte einen neuen Haarschnitt, der ihre Augen ganz schelmisch aussehen liess. Und sowieso habe ich auch nach zehn Jahren in diesem Betrieb immer noch ein wenig Mühe, die Leute aus den Grossraumbüros im oberen Stock auseinander zu halten.
Ich bin bestimmt nicht die einzige. Wir arbeiten denen im oberen Stock zwar täglich in die Hände. Aber natürlich nur virtuell. Real sehen wir sie selten: Dann, wenn sie herunterkommen und nörgeln, weil wir etwas verbockt haben. Wir stehen bei ihnen im Ruf, arrogant zu sein.
Nina lächelte. "Die sind vom Baum in unserem Garten. Probier mal!"
Es waren wunderbare Feigen. Viel besser als die Dinger aus dem Supermarkt. Aber meine Kollegen hatten zum Glück weniger Appetit als sonst. Am Abend nahm ich fünf oder sechs Stück mit nach Hause. Ich genoss noch zwei Tage lang Feigen von Ninas Baum. Ich liebe Feigen.
Ich wollte ihr eine Mail senden und mich für die köstlichen Früchte bedanken. Aber im Trubel des Tagesgeschäftes vergass ich es.
Gestern las ich in den Todesanzeigen unserer Zeitung, dass sie tot ist. Später erfuhr ich: Sie war mit dem Velo gestürzt, hatte sich schwer am Kopf verletzt und war an der Unfallstelle gestorben. Sie war 56.
Man muss der Wirklichkeit in die Augen blicken: Ich werde mich nie mehr bei Nina bedanken können. Und doch: Wenn ich Blog-Einträge schreibe, so weiss ich nie, wen sie eigentlich erreichen. Manchmal stelle ich mir vor, ich würde sie in eine unendliche Weite, ins Daten-Nirwana verschicken. Vielleicht erreicht mein Dank Dich auf diesem Weg noch irgendwie, Nina! Man weiss nie.
Ich bin bestimmt nicht die einzige. Wir arbeiten denen im oberen Stock zwar täglich in die Hände. Aber natürlich nur virtuell. Real sehen wir sie selten: Dann, wenn sie herunterkommen und nörgeln, weil wir etwas verbockt haben. Wir stehen bei ihnen im Ruf, arrogant zu sein.
Nina lächelte. "Die sind vom Baum in unserem Garten. Probier mal!"
Es waren wunderbare Feigen. Viel besser als die Dinger aus dem Supermarkt. Aber meine Kollegen hatten zum Glück weniger Appetit als sonst. Am Abend nahm ich fünf oder sechs Stück mit nach Hause. Ich genoss noch zwei Tage lang Feigen von Ninas Baum. Ich liebe Feigen.
Ich wollte ihr eine Mail senden und mich für die köstlichen Früchte bedanken. Aber im Trubel des Tagesgeschäftes vergass ich es.
Gestern las ich in den Todesanzeigen unserer Zeitung, dass sie tot ist. Später erfuhr ich: Sie war mit dem Velo gestürzt, hatte sich schwer am Kopf verletzt und war an der Unfallstelle gestorben. Sie war 56.
Man muss der Wirklichkeit in die Augen blicken: Ich werde mich nie mehr bei Nina bedanken können. Und doch: Wenn ich Blog-Einträge schreibe, so weiss ich nie, wen sie eigentlich erreichen. Manchmal stelle ich mir vor, ich würde sie in eine unendliche Weite, ins Daten-Nirwana verschicken. Vielleicht erreicht mein Dank Dich auf diesem Weg noch irgendwie, Nina! Man weiss nie.
diefrogg - 16. Nov, 12:53
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Nachtreise - 20. Nov, 22:04
danke
danken kann man nicht oft genug und man tuts meist nicht oder zu selten. Das erstaunliche, es hilft auch uns. Der dank für Hilfe zeigt unsere schwache Seite, der Dank für selbstverständliches schafft Bewusstsein dafür.
Danke für Deine Beiträge, die ich oft unkommentiert genieße.
Danke für Deine Beiträge, die ich oft unkommentiert genieße.
Kätzerin - 21. Nov, 04:09
Sie bekommt alles mit...
dort wo sie jetzt weilt, und sie ist unendlich nachsichtig für alles Menschliche. Sei unbesorgt und mal wieder ganz lieb gegrüßt von der edith.
PS. Ich war dennoch sehr bestürzt, nicht allein, weil sie nur ein Jahr älter werden durfte als ich jetzt bin, sondern auch, weil ich mich früher unbeirrt verlachen ließ mit meinem Fahrradhelm, doch hör: Mein Vater starb vor anderthalb Jahren nach schwerem Leiden, weil er behelmt an meinem Fünfzigsten (rein zufällig und fernab von mir) mit dem Rad verunglückt ist.
PS. Ich war dennoch sehr bestürzt, nicht allein, weil sie nur ein Jahr älter werden durfte als ich jetzt bin, sondern auch, weil ich mich früher unbeirrt verlachen ließ mit meinem Fahrradhelm, doch hör: Mein Vater starb vor anderthalb Jahren nach schwerem Leiden, weil er behelmt an meinem Fünfzigsten (rein zufällig und fernab von mir) mit dem Rad verunglückt ist.
diefrogg - 23. Nov, 14:07
Sei auch herzlich...
gegrüsst, liebe edith! Ja, radfahren ist nicht so harmlos, wie man es sich gemeinhin vorstellt... Ich habe es schon vor Jahren aufgegeben. Ist mir alles viel zu hektisch im Stadtverkehr. Inzwischen bin ich deshalb ja Hardcore-Fussgägnerin. Aber das mit Deinem Vater ist ja auch eine ganz traurige Geschichte! Das tut mir sehr leid!
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