17
Mai
2008

Warum die Türkei?

Wie wählt man ein Reiseziel aus? Auf Grund von Hochglanzbroschüren? Von Reiseberichten in der Zeitung? Bei der Fröschin ist es keins von beidem. Denn beides liest sie nicht. Nein. Die Fröschin ist eine Träumerin. Sie folgt am liebsten irgendwelchen Fingerzeigen aus dem Wolkenkuckucksheim hinter ihrer Stirn. Biedere Hochglanz-Bilder würden sie dabei nur stören. Dass die Touristiker den Begriff "Destination" kennen und eine bestimmte "Destination" bis aufs Blut vermarkten, ist ihr in der Freizeit völlig egal.

Sie setzt lieber auf Eingebungen. Als ich jung war hatte ich zum Beispiel diese merkwürdige Vorliebe für bizarre Küstenformen. So sass ich eines Augusttages anno 1989 in Ballina, Irland, und brütete über einer Karte der Gegend. Nicht allzu weit von Ballina sah ich Blacksod (um zu verstehen, was mich dorthin zog, muss man den Link hier anklicken und dann die Karte zoomen - und zwar auf der Halbinsel links von Ballina). Ich zeigte mit dem Finger auf Blacksod und sagte zu meinem damaligen Reisegefährten Konrad: "Dort will ich hin!" Konrad verdrehte die Augen, denn selbst von Ballina war Blacksod eine halbe Tagreise entfernt. Aber wir fuhren hin.

Es sah dort so aus:
blacksod

Und es war wunderbar. Warum, werde ich Euch ein andermal erzählen. Denn hier geht es ja um ums Wolkenkuckucksheim im Kopf. Also. Meine Vorliebe für bizarre Küstenformen habe ich jedenfalls behalten. Doch in den nächsten Jahren waren es immer öfter Bücher, die mich zu einer Reise bewegten. Oder merkwürdige Begebenheiten. Zum Beispiel las ich den Roman Middlesex von Geoffrey Eugenides. Teile davon spielen in der Türkei, in Izmir (damals Smyrna, was für ein poetischer Name!) Es war kein konfliktfreies Izmir, das mir da geschildert wurde. Aber es war eine Stadt mit einer mythischen Geschichte. Und dazu noch die Stadt, aus der einst die gedörrten Feigen kamen, eine Köstlichkeit meiner Kindheit. "Ich möchte nach Izmir", sagte ich zu Herrn T.

Doch Herr T. war not amused. "In die Türkei reist man nicht. Die Türkei hat ein Kurdenproblem und Probleme mit dem Recht auf freie Meinungsäusserung", sagte er. Ausserdem hat er vor zwanzig Jahren in Istanbul schlechte Erfahrungen mit einem Teppichverkäufer gemacht. Ich schlug mir also die Sache aus dem Kopf. Bis ich eines Tages im Türkenladen einkaufen ging. Es war kurz nach unseren Ferien in Griechenland im Sommer 2007. Ich kaufte Fetakäse. "Fetakäse, das ist nichts", sagte der Türke an der Kasse. "In der Türkei wir haben auch Ziegenkäse. Fast gleich wie in Griechenland. Aber wenn Du ein Stück gegessen, Du legst ihn zurück in seinen Saft und er bleibt frisch." Dann liess er noch durchblicken, dass die Griechen ja überhaupt nicht kochen könnten.

Da kaufte ich zwar keinen türkischen Ziegenkäse. Aber ich betrachtete diese kleine Geschichte als Fingerzeig, ging nach Hause zu Herrn T. und sagte: "Nächstes Jahr reisen wir in die Türkei." Herr T. hatte keine Wahl mehr: Im Juni fliegen wir nach Istanbul. Später soll es auch nach Izmir gehen.

Natürlich interessieren mich dort auch die geografischen Besonderheiten (Ich sage nur: Bosporus).

Dass Istanbul offenbar eine Top 20-Destination ist, habe ich eben erst festgestellt, eher zufällig. Es berührt ein wenig seltsam.

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acqua - 17. Mai, 19:04

Mich ziehen Inseln noch mehr an als bizarre Küstenformen. Auf Achill Island, Blacksod genau gegenüber, habe ich einmal ein sehr schönes Wochenende verbracht. Deine Gründe in die Türkei zu reisen, sind überaus nachvollziehbar. Ich möchte, dank ähnlich wolkiger Gedanken, schon lange mal auf die Azoren reisen oder nach Madeira.
Beim Stichwort Smyrna fallen mir wegen Middlesex vor allem Seidenraupen ein. Schliesslich stand mein Kindergarten neben einer Seidenfabrik, deshalb rieche ich es noch heute meist, wenn jemand Seide am Körper trägt.

diefrogg - 17. Mai, 19:35

Das ist ja...

ein ganzes Wolkenkuckucksheim-Traumgebäude, was Du da aufbaust! Seide... (daran erinnere ich mich im Buch nur noch vage, ich dachte wieder mal nur an die Feigen und ans Essen und dann noch an die brennenden Boote im Hafen von Smyrna), eine Seidenfabrik... (vielleicht reicht mir eine Reise in den Ort Deiner Kindheit, wenn ich mal etwas knapp bei Kasse bin. Ist ja nicht so weit und auch ein schöner, geschichtsträchtiger und höchst aussergewöhnlicher Ort!) Und von Achill Island habe ich ein Bild, das ich Dir einmal zeigen muss! Und Dir dazu die Geschichte erzählen, wie wir von Blacksod nach Achill Islands kamen! Und Du musst mir erzählen, was Du dort erlebt hast! Wirklich... könnte man nicht stundenlang übers Reisen nachdenken?!
acqua - 17. Mai, 23:26

Ou ja! Wir zeigen uns bald einmal gegenseitig unsere Achill-Island- und anderen Irland-Fotos! Und eine Reise in meinen Kindheitsort ist natürlich jederzeit zu empfehlen. Nicht zuletzt der Reise wegen, vor allem wenn man sie zu Wasser in Angriff nimmt.
steppenhund - 17. Mai, 19:48

Wenn dich Küstenformen so begeistern, müsstest Du eigentlich nach Norwegen reisen. Die norwegische Küste hat ihrer Form wegen sogar den Weg in die Literatur gefunden. Douglas Adams: the Hitchhikers Guide to the Galaxy.

diefrogg - 17. Mai, 20:15

Also, die Fjorde...

gefallen mir ja durchaus. Aber nach Norwegen bin ich trotzdem nie gefahren. Ich habe mir das bei allen Reizen (Mitternachtssonne etc.) immer zu kalt vorgestellt. Aber Douglas Adams... ja, das werde ich bald wieder lesen... wegen Slartibartfast (die Frogg steht nicht nur auf bizarre Küstenformationen, sondern auch auf klingende Namen!)
diefrogg - 18. Mai, 11:12

Und er liegt...

ja auch an einem zemlich imposanten Stück Küste, gell!

acqua - 18. Mai, 12:26

Du sprichst noch immer von meinem Heimatort? Der liegt nicht umsonst am funnyshaped lake.
diefrogg - 19. Mai, 10:19

Genau...

der funny-shaped lake. Ein Freund von mir hat ihn einmal als fliegenden Vogel gezeichnet. Mit einem fürchterlichen Schneegestöber rundum. Ich glaube, er mochte unsere Gegend nicht besonders...

acqua - 19. Mai, 23:00

Merkwürdig. Warum nicht? Und was war mit dem Schneegestöber gemeint?
diefrogg - 20. Mai, 11:07

Wie so viele...

fremde Fötzel, Künstlerseelen und unwissende Grossstädter hält er die Menschen an unserem schönen See für zurückgebliebene, engstirnige und weltverschlossene Kreaturen. Mit Ausnahme meiner Wenigkeit natürlich (hoffe ich jedenfalls). Er war der Meinung, es tue mir nicht gut, dort zu leben. Wie so viele andere hat er eins nicht gemerkt: Das einzige, was mir nicht guttut in meinem Leben ist dieses verdammte Ohrenleiden! Und was das Schneegestöber betrifft: Vielleicht war es auch kein Schneegestöber, sondern so etwas wie ein Störbild auf einem Fernseher. Was immer es war: Es sah düster und bedrohlich aus.

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