5
Mai
2008

Paprikadeutsch

Hochdeutsch ist nicht gleich hochdeutsch. Das lernte ich ausgerechnet in England. In jenem Kinderheim, in das ich mit 20 arbeiten ging, um richtig englisch zu lernen. Hochdeutsch, glaubte ich, müsse ich nicht mehr lernen. Hochdeutsch konnte ich ja. Hochdeutsch war die Sprache der Deutschen. Jene Sprache, die wir Schweizer der Einfachheit halber als Hochsprache verwenden und nur ein bisschen anders aussprechen als die Deutschen. Mit meiner ebenfalls 20-jährigen Kollegin Trude aus Deutschland sprach ich deshalb hochdeutsch, und wir verstanden uns bestens. Glaubte ich. Bis wir eines Tages zusammen in der Küche standen und einen Gemüsekorb auspackten. Darin befanden sich auch solche Gemüse.


(Quelle:www.klzh.ch)

Trude nannte es Paprika. Die Frogg war verblüfft und sagte: "Hey Trude, das sind Peperoni!"

Weil Trude den Kopf schüttelte, ging ich zum Gewürzschrank und nahm das hier heraus.


(Quelle: www.codecheck.ch)

"Das hier ist Paprika", sagte ich. Trude schien uneinsichtig und stellte Fragen, und so musste ich ihr auch noch erklären, was das hier ist:


(Quelle: www.planet-office.ch)

"Das", sagte die Frogg, "Sind Peperoncini."

Trude wollte mir nicht glauben. Für sie hiess das alles immer noch Paprika. Die Frogg aber war sich ihrer Sache sicher.
Denn immerhin stammt dieses ganze Zeugs aus Italien. "Und wer hat Italien vor der Haustür?" fragte sie rhetorisch. Jedenfalls nicht die Deutschen, musste Trude zugeben. Ausserdem hatte die Frogg die englische Sprache auf ihrer Seite: Diese bezeichnet Peperoni als "peppers", Paprika aber als "Paprika" (sie kann ihn ja nicht gut "pepper" nennen, das wäre missverständlich). Und die englische Sprache war schon damals das Mass aller Dinge.

Dass Trude unbelehrbar blieb, verzieh ich ihr. Wir waren schliesslich ein multikulturelles Kinderheim. Ich hielt einfach die Deutschen für etwas kulturlos und vergass den Vorfall. Erst der geschätzte Herr Steppenhund rief ihn mir wieder in Erinnerung, indem er neulichdas österreichische Wort "Pfefferoni" ins Spiel brachte und damit offenbar das hier meinte:


(Quelle: www.almbig.at)

Ich muss zugeben, das hat mich verwirrt und Fragen aufgeworfen. So viele, dass ich jetzt Paprika, Peperoni und all das Zeug ins Pfefferland wünsche. Und froh bin, dass es noch Tomaten gibt. Die heissen zum Glück fast überall gleich!

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acqua - 8. Mai, 17:24

Bleibt noch die Frage, wie die Engländer "Pfeffer" und "Peperoni" unterscheiden.

diefrogg - 9. Mai, 10:23

Hä???

acqua - 9. Mai, 10:31

Heisst doch beides pepper, oder? Aber das können wir ja bald bei asiatisch gepfefferten oder sonstwie gewürzten Gerichten direkt besprechen.
katiza - 9. Mai, 10:31


diefrogg - 9. Mai, 14:03

Auf Euch Österreicher...

kann man sich doch wirklich verlassen, Frau katiza! Ich wusste, dass das kommen würde und danke herzlich!
katiza - 9. Mai, 14:48

Tja verlässliche Besserwisser und Raunzer sind wir allemal....
diefrogg - 10. Mai, 12:24

Ach was, Frau Katiza,

Ihr seid Leute mit einem wunderbaren Humor und einer verlässlich eigenwilligen Sprache! Und wenn Ihr dazu gute Raunzer und Besserwisser seid, dann sind wir ideale Partner für die Fussball-Europameisterschaft. Niemand auf der Welt kann sich nämlich so gut über kleine Missstände aufregen wie wir Schweizer. Sowas kann man nur Dreamteam nennen!

diefrogg - 10. Mai, 14:17

@Acqua,

Jaja, das stimmt schon. Ist und bleibt ein bisschen missverständlich. Nur: für den heutigen Durschnittsengländer muss es vor allem eins sein, glaube ich: "zesty"!!! Heisst etwa: pikant, im Volksmund aber: richtig schön scharf. Alles, was nicht im Peperoncini-Bereich liegt, ist für die gar nicht interessant. Wobei... naja, es gibt auch englische Gourmets.

walküre - 10. Mai, 20:34

Gibts

in der Schweiz eigentlich die Bezeichnung "Karfiol" ?
Zu Ihrer Anekdote muss ich hinzufügen, dass auch zwischen Österreich und Deutschland viel Platz für kulinarische Missverständnisse ist, ich habe sogar schon Kochbücher gesehen, die bestimmte Begriffe in einem eigenen Glossar dreisprachig (österreich, schweizerisch, deutsch) erläutert haben !
Meine Schwiegermutter, die in den frühen 50er-Jahren nach Österreich kam, hat mir erzählt, dass sie einmal auf einer Einkaufsliste Ihrer Schwiegermutter "1 Schote" vorfand, woraufhin sie zum Erstaunen der Gemüsefrau und zum Gaudium der Schwiegermutter mit einer einzigen Erbsenschote heimkam. Gemeint war nämlich "1 Paprikaschote" ... "Schote" wird heute allerdings auch in Wien kaum mehr verwendet, und in Kochbüchern älteren Datums bezeichnet dieser Begriff den bereits kochfertigen, also entstielten und entkernten Paprika.

diefrogg - 11. Mai, 11:20

Ich glaube...

Was das Küchenlatein betrifft, trennen die Schweiz und Österreich Welten! Das Wort "Karfiol" jedenfalls ist für uns völlig unverständlich (Blumenkohl, glaube ich, oder?) Auch das Wort "Schote" kling für uns wie ein Fremdwort, obwohl wir das Wort "Paprikaschote" schon verstehen.
steppenhund - 10. Mai, 21:26

Frau Katiza hat ja nicht nur den richtigen Begriff für Tomaten genannt sondern dazu noch die Quelle, wo es 3000 verschiedene Sorten davon gibt. Liebe Kussbereite, sollten Sie eine Österreichreise planen und noch so hinter diesen verschiedenen Bezeichnungen dahinter sein, empfehle ich Ihnen dringend eine Reise ins Burgendland zur besagten Quelle.
Und das erste Bild sind Paprika. Das ist eindeutig.
Unterscheidungsmerkmal:
nicht biologisch sondern steppenhündisch: Paprika kann man essen, ohne das Gesicht zu verziehen. Die sind letztlich süß.
-
Und gerade heute habe ich beim Einkaufen gesehen, dass Iglu Fertiggerichte in der Tiefkühlkost hat: "gefüllte Paprika". Und die müssen es ja wissen.
-
In der heutigen Zeit würde es mich aber nicht wundern, wenn jemand einfach Zitrone dazu sagt. Semantik ist nämlich hundertprozentig "out".

diefrogg - 11. Mai, 11:11

Aber, aber, Herr Steppenhund

Iglu ist doch eine deutsche Firma! Woher sollten die mehr wissen als meine Kollegin Trude mit ihrem Paprikadeutsch?! Dass uns in Peperoni-Hinsicht das Meer des Unwissens offenbar von Norden und von Osten umbrandet, lässt mich aber vollkommen unbeeindruckt. Schliesslich haben wir auch heute noch die Italiener und die englische Sprache auf unserer Seite! Den Tipp mit dem Burgenland und seinen Paradeisern nehme ich aber gerne zur Kenntnis. Auch wenn ich mich diesen Sommer ausdrücklich nicht nach Österreich vorwagen werde (Unsere Sommerferien fallen in die Fussball-Euro). Vielleicht nächstes Jahr...
rosenherz - 10. Mai, 23:35

Also, die drei Roten am Bild, das können sowohl Paprika wie auch Pfefferoni sein. Denn es gibt bei den Pfefferoni nämlich welche, die eine solche Wuchsform haben, wie auch bei den Paprikasorten. Auf die Abstammung kommts an - und auf die Inhaltstoffe, wie Steppenhund schon sagte.

diefrogg - 11. Mai, 11:15

Liebe Madae Rosenherz!

Danke für die Erläuterung. Sollte ich nach Österreich in die Ferien fahren, so weiss ich damit zumindest annähernd, was ich auf den Teller bekomme, wenn ich statt Paradeisern Pfefferoni bestelle. Ich glaube, über die diversen Zuchtformen von Peperoni werde ich mich einmal bei einem Gärtner aufklären lassen!
nömix - 11. Mai, 11:03

Pfeffer hat man im Hintern, Paprika hat man im Blut.
Leicht zu unterscheiden ;)

diefrogg - 11. Mai, 11:16

Siehst Du, Acqua?

Der Herr Nömix hat eine brauchbare Antwort auf Deine Frage!
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