46 - ein Bekenntnis
Ich bin seit zwei Monaten 46.
Schon vorher haben viele meiner Freundinnen angefangen, über das Klimakterium zu reden. Meistens bin nicht ich es, die das Thema anspricht. Mich schrecken die Wechseljahre nicht. Ich habe schon so viele Hörstürze überstanden. Ich werde auch mit ein paar Wallungen fertig werden. Irrtum vorbehalten.
Aber meine Freundinnen haben einen Drang, darüber zu sprechen. Vielleicht liegt es daran, dass viele von ihnen um die 50 sind. Vielleicht auch daran, dass meine Locken mütterlich angegraut sind und geradezu zu Bekenntnissen herausfordern.
Ich schwärme auch nicht von einer Musikperiode, die die beste gewesen sein soll. Aber ich höre gern Musik aus den späten sechziger und frühen siebziger Jahren. Ich finde: Ältere Musik ist wie gute Marmelade. Sie konserviert die Früchte der vergangenen Saisons - und lässt sie süsser schmecken als sie vielleicht gewesen sind. Aber ich mag auch frisches Obst.
Mit Alkohol bin ich vorsichtig geworden. Aber das hängt nicht mit meinem Alter zusammen.
Neulich sass ich mit meiner Bekannten Wanda (37) im Restaurant zur Blauen Traube. Sie sucht immer noch einen Mann für ihr Kind. Einen ganzen, ziemlich üppigen Sommersalat lang brachte sie mich auf den neuesten Stand über ihr intensives Internet-Dating. Am Ende war ich erschöpft und wusste nicht, was ich sagen sollte. Sie wollte anfangen, über mich zu reden. Da sagte es mit mir: "Ich?! Weisst Du was?! Ich glaube, ich fordere jetzt das Recht ein, älter zu werden!"
Applaus!
...und ich finde es traurig, wie sich manche Single- Frauen ab einem bestimmten Alter Arme und Beine ausreißen, um sich an den Mann zu bringen - oftmals Zugeständnisse machend und sich als B-Ware anbiedernd. Traurig ist das. Nun schlußendlich muss jede-r, den für sich richtigen und stimmigen Weg finden.
Aber ich mache bei dem Jugendwahn auch nicht mit. Damit wären wir schon einmal zwei!
Und Herzlichen Glückwunsch nachträglich - auf ein gesundes, starkes, inspiriertes, im Innen und Außen bereicherndes Neues Lebensjahr!
Beschwingt grüßt: die Falkin
Sofort aufgenommen!
obwohl -- ueber 50 waere mir noch lieber:)
Liebe Fröschin, liebe Falkin,ich bin ja auch 46 und ich habe es schon hinter mir und trotzdem vielleicht sogar deswegen fühle ich mich mehr Frau denn je. Dass mag wohl auch mit der jungen Liebe zu tun haben, aber die Liebe hat auch damit zu tun, dass ich mich frei und selbst-bewusst fühle. Ich mag meinen Körper so wie nie zuvor, ich spüre das Leben in allen Poren, ich mag auch meine Narben und all die anderen Spuren, die die Liebe und das Sein hinterlassen haben.
Ich mag mich endlich und wer mich nicht mag, soll es bleiben lassen. Ich muss nicht mehr gefallen, um jeden Preis geliebt werden, wer mich jetzt liebt, liebt MICH. Früher hatte ich Angst nothing but a pretty face zu sein; Angst, dass der große Bluff auffliegt; Angst, nicht zu genügen. Die Angst war mein Lebensgefühl. Autoimmunerkrankungen waren ihre Symptome, die sind fast verschwunden, wie die Angst, die ihr Gesicht geändert hat. "Leberfalte", erklärte ich den steilen senkrechten Strich zwischen meinen Augen neulich. "Lebensfalte", lächelte er und küsste sie. Auch das macht das 47. Jahr gut.
Na, na Frau katiza,
Angst war ja auch mein Lebensgefühl als junges Ding. Nur war ich als junges Mädchen ein ausgesprochenes Mauerblümchen. Man kann das nicht ändern. Man ist es einfach. Ich stellte mich früh drauf ein, dass Männer mich nicht meines Aussehens wegen lieben würde. Meine grösste Furcht war halt einfach, dass man mich gar nicht lieben würde. Nicht bemerken würde.
Aber es ist schon so eine Sache mit der Schönheit: Eine meiner Freundinnen beklagt gerne den sich anbahnenden Verlust ihrer Schönheit (sie geht gegen die fünfzig und immer noch gut im Schuss - auch wenn ein sehr anstrengender Job dafür sorgt, dass sie immer irgendwie ausgebleicht wirkt). Das ist eine Vorstellung, die mich viel weniger schreckt. Ich habe immer meine Grossmutter vor mir. Sie war mit 70 eine stattliche Frau, stark und stolz. Schöner als mit 25. Sie hatte immer noch einen glühenden Verehrer, einen alten Knaben vom Berg, der sie vom Fleck weg geheiratet hätte, als Grossvater Walholz verstarb. Das hat er mir selber gesagt.
Nein, der Verlust meiner Schönheit macht mir nur ein bisschen Angst.
Das einzige, was mir Angst macht ist die Vorstellung, mit meinen Kräften den Anforderungen des Lebens nicht mehr gewachsen zu sein.
Mein Vater pflegte über unsere Vorfahren zu erzählen. Mein Großvater hatte drei Schwestern. Die eine hieß Camilla, wie meine jüngere Tochter. Sie gab Klavierstunden - aus wirtschaftlichen Gründen auch in dem Alter, in dem heute Frauen in Pension gehen dürfen. Die Beschreibung meines Vaters, die er aufgrund von Aufzeichnungen meines Großvaters zu wissen schien, lautete: Camilla war so schön, dass sie noch im Alter von 60 Jahren von wildfremden Männern in der Bahn Heiratsanträge bekam.
Als Kind fand ich das sehr bemerkenswert und ich hatte ein sehr vage Vorstellung, wie es sein muss, als Dame im Zug in ein Gespräch verwickelt zu werden, was nach zwei Stunden in einen Heiratsantrag mündet..
Vielleicht unterhalte ich mich selbst deswegen so gern in der Eisenbahn.
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