Flirt verpasst
Die Symptome von Schwerhörigkeit sind jenen von leichter Demenz nicht unähnlich. Das schreibt der geschätzte Blogger-Kollege notquitelikebeethoven. Herr nqlb weiss, wovon er spricht - ist er doch selber Träger eines künstlichen Innenohrs. Er erntete für diese Formulieren dennoch Empörung. Verständlich - denn gewiss sind weit über 95 Prozent der Menschen mit Hörbehinderung geistig überdurchschnittlich wendig - wer schwerhörig ist, trainiert täglich seine Sozialkompetenz unter schwierigen Bedingungen. Und doch hat Herr nqlb nicht ganz unrecht. Wirkt doch die/der Schwerhörige gegen aussen oft verdutzt, leicht begriffsstutzig oder merkwürdig verschlossen.
Nehmen wir zum Beispiel Menière-Patientin Frogg. Typisch für ihre Krankheit ist, dass sie nicht an jedem Tag gleich gut hört. An manchen Tagen kann sie ganz gut telefonieren. An manchen Tagen nur mit Frauen und nicht mit Männern - weil sie eben tieftonschwerhörig ist. Manchmal gar nicht. Und an manchen Tagen weiss sie es nicht so genau - ist aber mutig und hält sich einfach mal den Hörer ans mutmasslich bessere Ohr, wenn das Telefon klingelt.
Gestern im Geschäft zum Beispiel - das Display zeigte eine unbekannte interne Nummer. Die Stimme am anderen Ende sagte: "Hallo Monika, hier ist Beat." Beat. Hm. Ich verstand also, was die Person am anderen Ende sagte. Guuuut!!! Aber die Stimme klang blechern. Ich erkannte sie nicht. Auch das kommt vor. Ich habe schon die Stimme meines Liebsten am Telefon nicht erkannt. Ich weiss eigentlich, dass solche Dinge passieren. Dennoch: Erste verdutzte Pause an meinem Ende.
Nun gibt es in unserem Betrieb drei oder vier Beate. Mit einem von ihnen hatte Frau Frogg an einem Betriebsfest von vier Jahren noch nach Kräften geflirtet - jetzt ist er aber in einer anderen Filiale tätig und nicht mehr oft im Haus. War das dieser Beat? Vielleicht. Oder doch nicht? Noch eine Pause.
Schliesslich musste ich etwas sagen. Ich sagte zaghaft: "Hallo...?!"
Es war ohnehin nicht einer meiner besten Tage. Ein Problem kommt ja im Leben selten allein. Mir fiel beim besten Willen keine charmante Art ein, ihn zu fragen, welcher Beat er denn nun sei. Dann hätte ich ihm ja erklären müssen, dass... nein, lieber nicht!
Der Beat am anderen Ende kam sofort und sehr sachlich aufs Geschäftliche zu sprechen - kein Wunder bei so einer Begrüssung. Er musste denken, ich kenne ihn nicht mehr. Was in einem gewissen Sinne ja auch stimmte. An einer leicht speziellen Dialektfärbung und dem Kontext seiner Anfrage war ich nach zwei Sätzen sicher: Ja, es war der Beat. Aber da war es schon zu spät zum Flirten.
Schade.
Nehmen wir zum Beispiel Menière-Patientin Frogg. Typisch für ihre Krankheit ist, dass sie nicht an jedem Tag gleich gut hört. An manchen Tagen kann sie ganz gut telefonieren. An manchen Tagen nur mit Frauen und nicht mit Männern - weil sie eben tieftonschwerhörig ist. Manchmal gar nicht. Und an manchen Tagen weiss sie es nicht so genau - ist aber mutig und hält sich einfach mal den Hörer ans mutmasslich bessere Ohr, wenn das Telefon klingelt.
Gestern im Geschäft zum Beispiel - das Display zeigte eine unbekannte interne Nummer. Die Stimme am anderen Ende sagte: "Hallo Monika, hier ist Beat." Beat. Hm. Ich verstand also, was die Person am anderen Ende sagte. Guuuut!!! Aber die Stimme klang blechern. Ich erkannte sie nicht. Auch das kommt vor. Ich habe schon die Stimme meines Liebsten am Telefon nicht erkannt. Ich weiss eigentlich, dass solche Dinge passieren. Dennoch: Erste verdutzte Pause an meinem Ende.
Nun gibt es in unserem Betrieb drei oder vier Beate. Mit einem von ihnen hatte Frau Frogg an einem Betriebsfest von vier Jahren noch nach Kräften geflirtet - jetzt ist er aber in einer anderen Filiale tätig und nicht mehr oft im Haus. War das dieser Beat? Vielleicht. Oder doch nicht? Noch eine Pause.
Schliesslich musste ich etwas sagen. Ich sagte zaghaft: "Hallo...?!"
Es war ohnehin nicht einer meiner besten Tage. Ein Problem kommt ja im Leben selten allein. Mir fiel beim besten Willen keine charmante Art ein, ihn zu fragen, welcher Beat er denn nun sei. Dann hätte ich ihm ja erklären müssen, dass... nein, lieber nicht!
Der Beat am anderen Ende kam sofort und sehr sachlich aufs Geschäftliche zu sprechen - kein Wunder bei so einer Begrüssung. Er musste denken, ich kenne ihn nicht mehr. Was in einem gewissen Sinne ja auch stimmte. An einer leicht speziellen Dialektfärbung und dem Kontext seiner Anfrage war ich nach zwei Sätzen sicher: Ja, es war der Beat. Aber da war es schon zu spät zum Flirten.
Schade.
diefrogg - 21. Nov, 17:03
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walküre - 22. Nov, 10:56
Wobei - ohne Ihrer gesundheitlichen Problematik die Schärfe nehmen zu wollen - mir mitunter ähnliches passiert. Nämlich dann, wenn sich jemand nur mit seinem Vornamen meldet, dieser Vorname ein relativ häufig vorkommender ist, ich mit diesem Menschen schon länger keinen Kontakt hatte und - und das ist das Hauptpunkt - ich unter nicht unbedingt positivem Stress stehe (überdies klingt am Handy eine Stimme beileibe nicht immer gleich). Ist nicht so lange her, dass ein Mann peinlich berührt war, weil ich seine Stimme zwei Jahre nach unserer letzten Begegnung nicht SOFORT wiedererkannt habe. (Ist das eigentlich eher Männern zuzuschreibendes Verhalten ???)
diefrogg - 22. Nov, 13:00
Hm... da überfragen Sie...
mich jetzt glatt. Ich weiss auch nicht, wie die Konversation gelaufen wäre, wenn ich normal gehört und die Stimme am anderen Ende erkannt hätte.
Ich wollte eigentlich nur festhalten, dass diese verdammte Schwerhörigkeit mir auch einen Persönlichkeitszug raubt: meine Extrovertiertheit. Im Moment empfinde ich das als ziemlich frustrierend - das hier ist längst nicht das einzige Beispiel. Häufig erlebe ich mich auch als noch weniger schlagfertig als früher - weil ich so lange brauche, bis ich sicher bin, was der andere gesagt hat.
Wahrscheinlich werde ich Methoden finden, ein angenehmes Leben mit anderen Menschen zu führen. Im Moment kenne ich diese Methoden aber noch nicht.
Aber noch zu einem Punkt, den Sie in Ihrem Kommentar erwähnen: Tatsächlich hat ist die Akustik des Handy bedeutend schlechter als jene auf dem Festnetz. Deshalb telefoniere ich seit längerer Zeit schon propphylaktisch nur auf dem Festnetz, wenn es geht. Häufig ginge es auf dem Handy auch. Aber ich weiss nie so genau, was auf mich wartet. Und Abenteuer-Telefonierei behagt mir im Grunde nicht sehr.
Ich wollte eigentlich nur festhalten, dass diese verdammte Schwerhörigkeit mir auch einen Persönlichkeitszug raubt: meine Extrovertiertheit. Im Moment empfinde ich das als ziemlich frustrierend - das hier ist längst nicht das einzige Beispiel. Häufig erlebe ich mich auch als noch weniger schlagfertig als früher - weil ich so lange brauche, bis ich sicher bin, was der andere gesagt hat.
Wahrscheinlich werde ich Methoden finden, ein angenehmes Leben mit anderen Menschen zu führen. Im Moment kenne ich diese Methoden aber noch nicht.
Aber noch zu einem Punkt, den Sie in Ihrem Kommentar erwähnen: Tatsächlich hat ist die Akustik des Handy bedeutend schlechter als jene auf dem Festnetz. Deshalb telefoniere ich seit längerer Zeit schon propphylaktisch nur auf dem Festnetz, wenn es geht. Häufig ginge es auf dem Handy auch. Aber ich weiss nie so genau, was auf mich wartet. Und Abenteuer-Telefonierei behagt mir im Grunde nicht sehr.
Falkin - 22. Nov, 14:11
ach ja ätzend das Alles. Wie Sie sicherlich wissen, stammt das einge althochdeutschte, bzw niederdeutsche "doof" vom niederländischen "doof", was ureigentlich "gehörlos/ taub" meint-e. Aufgrund einer oberflächlichen Fehlinterpretation Krankheitsbedingter Symptome, fand somit das "Gehörlose" seinen Weg hin zum Synonym für "geistig beeinträchtigt". Schlimm genug.
Es wird sie sicherlich nicht trösten, dass ich in meinen Hoch-Hink-und-Schleif-Phasen wie nicht zurechnungsfähig behandelt wurde. Derart gravierend, dass ich mich wiederholt genötigt sah, klar zu stellen, dass ich es am Rücken und nicht im Kopf habe...
das Alles ändert nichts an dem Selbst-beschneidenden Korsett, welches so eine Erkrankung auferlegen kann. Mich hat es eine geraume Zeit - exakt 14 Monate - in die soziale Isolation gekickt. Un-frei-willig. Da tobt die Seele im Knast des Körpers. Verständlicherweise. "Lass mich raus", brüllt und wütet sie. Und darauf muss man erst einmal klarkommen. Mit die schwierigste Herausforderung.
...wie stets auch hierfür viel Kraft gewünscht, liebe Frau Frogg.
Es wird sie sicherlich nicht trösten, dass ich in meinen Hoch-Hink-und-Schleif-Phasen wie nicht zurechnungsfähig behandelt wurde. Derart gravierend, dass ich mich wiederholt genötigt sah, klar zu stellen, dass ich es am Rücken und nicht im Kopf habe...
das Alles ändert nichts an dem Selbst-beschneidenden Korsett, welches so eine Erkrankung auferlegen kann. Mich hat es eine geraume Zeit - exakt 14 Monate - in die soziale Isolation gekickt. Un-frei-willig. Da tobt die Seele im Knast des Körpers. Verständlicherweise. "Lass mich raus", brüllt und wütet sie. Und darauf muss man erst einmal klarkommen. Mit die schwierigste Herausforderung.
...wie stets auch hierfür viel Kraft gewünscht, liebe Frau Frogg.
diefrogg - 22. Nov, 15:46
Doch, in einem gewissen...
Sinne tröstet mich das schon (auch wenn ichs für Sie eine ungeheure Zumutung finde). Aber es tröstet mich - bis zu einem gewissen Grad - für mich selber. Ich weiss, dass ich nicht allein bin mit meinem Problem.
MS-Patientinnen haben mir erzählt, dass sie wegen ihres Schwindels jeweils wie Alkoholikerinnen behandelt worden seien, wenn sie beim Gehen schwankten. Das ist auch kein Trost. Aber ich habe gesehen, dass die damit irgendwie fertig geworden sind.
Was die Isolation betrifft: Ich halte sie im Moment für mich bis zu einem gewissen Grad für unausweichlich. Zum Glück bin ich ein Mensch, der aus einem gewissen Mass an Einsamkeit mehr Kraft schöpft als aus ständiger Geselligkeit. Und doch - man erkennt sich selber nicht mehr und fragt sich, wie das noch herauskommen wird.
Ihnen wünsche ich jedenfalls stabile Kräfte und gute Nerven!
MS-Patientinnen haben mir erzählt, dass sie wegen ihres Schwindels jeweils wie Alkoholikerinnen behandelt worden seien, wenn sie beim Gehen schwankten. Das ist auch kein Trost. Aber ich habe gesehen, dass die damit irgendwie fertig geworden sind.
Was die Isolation betrifft: Ich halte sie im Moment für mich bis zu einem gewissen Grad für unausweichlich. Zum Glück bin ich ein Mensch, der aus einem gewissen Mass an Einsamkeit mehr Kraft schöpft als aus ständiger Geselligkeit. Und doch - man erkennt sich selber nicht mehr und fragt sich, wie das noch herauskommen wird.
Ihnen wünsche ich jedenfalls stabile Kräfte und gute Nerven!
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