8
Dez
2010

Schönste Weihnachtsbeleuchtung 2010

Neulich an einem grauen Abend verirrte ich mich in einem grauen Vorort unserer Stadt. Es dunkelte, und schliesslich fand ich eine Bushaltestelle. Sie lag in einer Schlucht aus alten Wohnhäusern, die wegen des ständig durchdonnernden Verkehrs grau und fast unbewohnbar geworden sind.

Es war ein stiller Abend.

Ich richtete mich auf eine längere Wartezeit ein. Da sah ich plötzlich auf der anderen Strassenseite ein Haus mit warm erleuchteten Schaufenstern.

Auf den Scheiben stand: Café Sarajevo.

Es ist eine gehobene Cevapcici-Bude. Ein Vororts-Haus mit einem hässlichen Vorbau. Altmodische Vorhänge verschleierten die Sicht auf zwei Spielautomaten.

Ich überlegte mir, ob ich hineingehen sollte. Zwei junge Typen kamen heraus. Nein, entschied ich. Das ist kein Café für eine Schweizerin mittleren Alters auf der Suche nach einer Tasse Verveine-Tee.

Bald kam der Bus.

Doch das Café Sarajevo wird mir immer als die schönste Weihnachtsbeleuchtung des Jahres 2010 in Erinnerung bleiben.




Ich will nicht ausschliessen, dass es auch damit zu tun hat.

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Rockhound - 9. Dez, 08:47

Ich habe die Erfahrung gemacht, dass gerade bei den "Jugos" und Türken die Frauen mittleren Alters auf der Suche nach einer Tasse Tee herzlich willkommen sind. Wir Schweizer wissen ja gar nicht, was wahre Gastfreundschaft heisst.

Vielleicht liegt's bei mir auch daran, dass ich selber nur Papierli-Schwiizerin bin.

diefrogg - 9. Dez, 09:43

Eine Erfahrung,...

die hier ausdrücklich bestätigen möchte. Ich strandete einmal mit einem Schwindelanfall in einem Kebabladen mit drei, vier Tischen. Der Wirt empfing mich mit jenem Lächeln, das türkische Gastfreundschaft so herzerwärmend macht. Er achtete auf mich, ohne sich irgendwie aufzudrängen. Ich fühlte mich dort sehr gut aufgehoben. Viel besser als in jenem Lokal in einem heimatlichen Bergdorf, wo ich einmal mit einem englischen Bekannten strandete, und wo wir von Einheimischen Bartträgern am Jasstisch mit äusserst feindseligen Blicken taxiert wurden. Ich Frau, er Ausländer. Eine explosive Mischung.

An ersteres hätte ich eigentlich denken sollen, als ich vor dem Café Sarajevo stand...
Rockhound - 9. Dez, 10:21

Wir lassen uns halt doch etwas beeinflussen von den ganzen Rassisten, die uns täglich immer wieder einimpfen, wie böse und gefährlich Menschen sind, die nicht in der Schweiz aufgewachsen sind und hier leben.

Und wie bereits gesagt (in meinem Blog): Jeder Mensch ist ein Ausländer in fast jedem Land.
diefrogg - 9. Dez, 10:28

Also, in diesem Fall...

plädiere ich für unschuldig! Ich gehe einfach nicht gern allein in Restaurants, in denen ausschliesslich Männer verkehren (was an jenem Abend im Café Sarajevo der Fall war). Auch nicht in solche, wo es nur Schweizer Männer sind. Wenn mir das jetzt als Sexismus ausgelegt wird, dann in Gottes Namen. Aber in solchen Lokalen ist mir einfach oft nicht wohl. Ich merke, dass ich da nicht hingehöre - und wenn es nur wegen ein paar zudringlicher Blicke ist. Ausserdem habe ich erhebliche Zweifel, ob ich in jenem Restaurant meine Tasse Verveine-Tee bekommen hätte.
ConAlma - 9. Dez, 10:37

Grade im mittleren Alter, wo sich die Wahrnehmung von "Frau" mehr hin zu " Mensch" verschiebt (das jetzt mal ohne weitere Implikationen so dahin gestellt), wäre die Akzeptanz im Sarajevo eine zumindest versuchenswerte gewesen. Ganz abgesehen davon, dass der Tee, wenn auch vielleicht kein Verveine, hätte gut sein können. Alpine männliche Dorfbewohner (die auch in Städten zu finden sind) zählen hingegen zu den verzichtbarsten Erfahrungen an Alltagsbegegnungen - bei diesen scheinen sich die sichtversperrenden Berge noch näher vor der Stirn zu befinden!
diefrogg - 9. Dez, 10:47

Also, ich verspreche hiermit...

feierlich: Ich werde dem Café Sarajevo demnächst einen Besuch abstatten und einen Erfahrungsbericht ablegen!
Rockhound - 9. Dez, 11:07

Hoffentlich waren wir jetzt nicht zu ausländerfreundlich. *gg*

Aber ich verstehe Deine Argumente sehr wohl und kann das auch nachfühlen mit den Männerlokalen, speziell wenn es draussen schon dunkel ist.
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