Türkische Freundin
A. hat dunkle Locken wie ich und spricht ein fröhliches, gebrochenes Englisch. Ich lernte sie vor Jahren irgendwo in der Türkei kennen. Schon damals arbeitete sie in einem Hotel ein einer Touristenstadt, hatte mit Kopftüchern nicht viel am Hut und trank gerne ein Gläschen. Eine Frau Mitte dreissig, ohne Mann, aber mit einer grossen Familie. Eine Frau, die viel arbeitet, gerne reist und das Leben geniessen will.
Wir sind all die Jahre in lockerem Kontakt geblieben. Vier Tage nach dem Putschversuch erkundigte ich mich, wie es ihr gehe. Die Antwort kam schnell und klang verzweifelt. "Mein Hotel wird sehr bald geschlossen", schreibt sie. "Wir hatten grosse Probleme, zuerst mit den Russen, dann die Anschläge in Istanbul. Ich weiss nicht, wie es weitergeht. Wir versuchen, irgendwie zu überleben."
Davor waren die Berichte aus der Türkei für mich durchaus beunruhigend, aber auch schemenhaft. Putschversuch, Einschränkung der Pressefreiheit, verhaftete Richter, Massendemonstrationen von Erdogan-Anhängern, eine handfeste Wirtschaftskrise - das alles übersteigt das durchschnittliche westliche Fassungsvermögen.
Aber seinen Job zu verlieren, mitten in einer Zeit, in der alle anderen auch ihren Job verlieren! Das ist schlimm, das kann ich nochvollziehen. Der Rest ist wohl mindestens so schlimm, ich ahne es nun plötzlich. "Ich empfinde tiefe Furcht, wenn ich an die kommenden Tage denke", schreibt A.
Ich wünschte, ich könnte etwas tun. Aber selbst wenn ich hier, auf einem sterbenden Blog mit zwei Dutzend Lesern, dem Schrecken eine Stimme zu geben versuche, ist das im Grunde heikel. Wir wissen ja, dass der zensurwütige Erdogan seinen Blick auch auf die westlichen Medien gerichtet hat. Mir kann er nichts anhaben. Aber A.?
Wir sind all die Jahre in lockerem Kontakt geblieben. Vier Tage nach dem Putschversuch erkundigte ich mich, wie es ihr gehe. Die Antwort kam schnell und klang verzweifelt. "Mein Hotel wird sehr bald geschlossen", schreibt sie. "Wir hatten grosse Probleme, zuerst mit den Russen, dann die Anschläge in Istanbul. Ich weiss nicht, wie es weitergeht. Wir versuchen, irgendwie zu überleben."
Davor waren die Berichte aus der Türkei für mich durchaus beunruhigend, aber auch schemenhaft. Putschversuch, Einschränkung der Pressefreiheit, verhaftete Richter, Massendemonstrationen von Erdogan-Anhängern, eine handfeste Wirtschaftskrise - das alles übersteigt das durchschnittliche westliche Fassungsvermögen.
Aber seinen Job zu verlieren, mitten in einer Zeit, in der alle anderen auch ihren Job verlieren! Das ist schlimm, das kann ich nochvollziehen. Der Rest ist wohl mindestens so schlimm, ich ahne es nun plötzlich. "Ich empfinde tiefe Furcht, wenn ich an die kommenden Tage denke", schreibt A.
Ich wünschte, ich könnte etwas tun. Aber selbst wenn ich hier, auf einem sterbenden Blog mit zwei Dutzend Lesern, dem Schrecken eine Stimme zu geben versuche, ist das im Grunde heikel. Wir wissen ja, dass der zensurwütige Erdogan seinen Blick auch auf die westlichen Medien gerichtet hat. Mir kann er nichts anhaben. Aber A.?
diefrogg - 24. Jul, 12:34
4 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
Lo - 24. Jul, 20:04
Das ist sehr traurig. Man glaubt gar nicht, im 21. Jahrhundert zu leben, wo es immer noch möglich ist, dass Menschen die Freiheit genommen werden kann
diefrogg - 25. Jul, 19:08
Ja, das können Sie...
... zweimal sagen, Herr Lo! Es ist überall bedauerlich, in der Türkei aber besonders. Ich mag dieses Land, und ich hatte grosse Hoffnungen für seine Zukunft.
bonanzaMARGOT - 31. Jul, 12:37
erdogan ist ein elender drecksack! er nutzte den putschversuch kaltblütig für sich aus, um seine macht im land auszubauen.
wahrscheinlich versteht er sich in diesem sinne ganz gut mit putin.
dummerweise gibt es zu viele menschen, die eine starke politische führung präferieren und nicht kapieren, dass werte wie demokratie und freiheit dabei vor die hunde gehen. aber so waren wir menschen leider schon immer... und werden es wohl auch in der zukunft bleiben. ich sehe durch solche entwicklungen die hart erkämpften (humanen) werte und freiheitlichen verfassungen der westlichen welt bedroht. peu a peu werden die aus der "aufklärung" gewonnenen erkenntnisse unterminiert und durch eine dumpfbackige hörigkeit ersetzt.
die masse der menschen ist anscheinend noch nicht so weit, selbstständig zu denken...
wahrscheinlich versteht er sich in diesem sinne ganz gut mit putin.
dummerweise gibt es zu viele menschen, die eine starke politische führung präferieren und nicht kapieren, dass werte wie demokratie und freiheit dabei vor die hunde gehen. aber so waren wir menschen leider schon immer... und werden es wohl auch in der zukunft bleiben. ich sehe durch solche entwicklungen die hart erkämpften (humanen) werte und freiheitlichen verfassungen der westlichen welt bedroht. peu a peu werden die aus der "aufklärung" gewonnenen erkenntnisse unterminiert und durch eine dumpfbackige hörigkeit ersetzt.
die masse der menschen ist anscheinend noch nicht so weit, selbstständig zu denken...
diefrogg - 1. Aug, 17:21
Das ist aber eine ...
... sehr pessimistische Weltsicht, Herr BoMa! Leider gestützt durch die herrschende Weltlage. Trotzdem - ich hoffe, dass wir die Demokratie noch eine Weile retten können - vielleicht sogar die EU.
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