27
Apr
2011

Mein Mann ist mein Held

Wie reibungslos unsere Infrastruktur funktionieren würde, merken wir ja immer erst, wenn sie es nicht mehr tut. Zum Beispiel: Wenn der Computer immer abstürzt, wenn man ein PDF öffnen will. Bei mir kann so ein Systemfehler zu einer persönlichen Finanzkrise führen. Denn meine Bank speichert meine monatlichen Konto-Auszüge auf PDF. Ich kann also in einer solchen Lage nicht nur meine Konto-Daten nicht lesen. Ich muss auch noch meine Maschine neu starten. Und wieder in mein Bankkonto einloggen - durch drei Sicherheitsschleusen. Was habe ich meinen armen Computer schon angeschrien in solchen Lebenslagen!

Zum Glück gibt es Herrn T. Ohne Herrn T. würde ich mein Geld mittlerweile von Hand durchs Glasfaserkabel murksen. Oder zum Monatsende persönlich mit einem diskreten Couvert bei den Wasserwerken, der Krankenkasse und dem Vermieter vorbeigehen.

Denn ich muss es gestehen: Ich habe keine Geduld für die Macken meines Computers. Ich bin eine fingerfertige Anwenderin von ungefähr zwei Dutzend Programmen. Mehr nicht. Ich bin nicht stolz drauf. Aber alles andere macht Herr T... Schon seit Jahren.

Herr T. könnte Frau Frogg ja ein bisschen was beibringen, werdet ihr jetzt sagen.

Glaubt mir: Das haben wir versucht. Aber über die so entstandenen Beziehungskrisen schweigt der Bloggerin Höflichkeit

Heute hätte Herr T. endlich Zeit gehabt, meine PDF-Geschichten wieder in Ordnung zu bringen. Aber noch bevor er damit anfangen konnte, gab es gravierende Probleme mit iTunes. Und iTunes hat Priorität. Denn Rechnungen zahlen kann ich auch noch, wenn ich taub bin. Musik hören nicht mehr.

Herr T. mechte* also tapfer an meinem iTunes herum. Sicher eine Stunde lang.

Das hatte auch sein Gutes. Unsere Küche wird nicht erst am Abend oder morgen gemacht. Aber vor lauter Ärger verbrannte ich mir die Zunge beim Teetrinken.

Zum Glück stellte sich danach heraus: Die Sache mit den PDFs hatte sich unterdessen wie durch Zauberhand selber repariert.

Trotzdem schenke ich Herrn T. hiermit zum Dank für seine Bemühungen einen Song.



* Für alle, die hier über das Verb "mechen" gestolpert sind: Es ist im Schweizerdeutsch einigermassen gebräuchlich - in Situationen, wo jemand angestrengt an etwas herumbastelt. Ist irgendwie abgeleitet von "Mechaniker", auf Schweizerdeutsch kurz ein "Mech", zum Beispiel in "Velomech".

25
Apr
2011

Frau mit akademischem Titel

Es ist ein Klischee, dass in Wien sogar die Kellner in den Cafés die Ehrentitel Titel ihrer Gäste kennen. Aber die Realität bestätigte es schon an unserem ersten Abend in der Donaumetropole. Herr T. sah im Café dieses Schild: "Die p. t. Gäste werden darauf hingewiesen, dass...". "p.t" heisst "mit ihrem vollen Titel (pleno titulo)". katiza hats bereits hier erwähnt.

Frau Frogg muss angesichts solcher Phänomene ja immer tief schürfende Fragen stellen. Diesmal lautete eine davon: "Sind die Österreicher hierarchiegläubiger als die Schweizer?" Natürlich konnten das meine Begleiter - Frau Katiza und Herr Kulturflaneur - auch nicht beantworten. Woher hätten sie es auch wissen sollen?

Ich weiss lediglich, dass wir in der Schweiz Titel mit Zurückhaltung verwenden. Natürlich, eine Bundesrätin spricht man stets mit "Frau Bundesrätin" an. Aber unser Alltag ist titelmässig gnädig intransparent. Ärzte etwa spreche ich nur mit "Herr Doktor" oder gar "Herr Professor" an, wenn sie Deutsche sind. Und wenn meine Gesundheit davon abhängt, dass sie etwas tun, was sie sonst nie tun. Dann schadet es nicht, bei der Ehrerbietung dick aufzutragen.

Wenn mich jemand daran erinnert, dass ich selber einen akademischen Titel habe, erschrecke ich sogar meist ein bisschen. Es ist zwar nur ein ganz bescheidener Titel ist. Dennoch habe ich gute Gründe.

1) Wenn ich einen Brief mit der Aufschrift lic. phil P. Frogg bekomme, dann ist er immer von jemandem, der mir etwas Unbrauchbares verkaufen will. Oder vom Steueramt.

2) Als Journalistin war ich eine Späteinsteigerin. Ich fing ganz unten an und hatte viele ambitionierte Sous-Chefs ohne akademische Titel. Ihr wisst schon, diese Wadenbeisser-Typen. Schon das Gerücht, ich hätte studiert, konnte solche Leute in Mobbing-Laune versetzen. Sofort wussten sie: Frau Frogg ist elitär. Und elitär, das darf man als Journalist nur bei der NZZ sein. Das ist das Gegenteil von "nahe bei den Leuten". Und ohne "Nähe zu den Leuten" geht im Journalismus meist gar nichts.

Naja, vielleicht war ich nicht immer unschuldig an der Mobbing-Laune. Es mag Wadenbeisser gegeben haben, die ich etwas zu deutlich spüren liess, dass ich sie für nicht allzu hell hielt. Aber genau weiss ich es nicht mehr. Man ist in solchen Lebenslagen ja nie objektiv. Jedenfalls lernte ich damals, meinen akademischen Titel zu verheimlichen. Bis ich ihn selber fast vergass.

Und wenn wir gerade über Akademiker sprechen: Ich bin immer wieder froh, dass ich nicht mehr im Single-Zirkus bin. Da gibt es doch immer diese Inserate, in denen steht: "Akademiker (48) gut situiert, sucht..." Nun ja, ich gebe zu: Ich würde als Single einen gescheiten Mann mit etwas Geld nicht a priori von der Bettkante stossen. Aber bei so einem Inserat denke ich immer: "Ach, der sucht eine, die im Golfclub eine gute Figur macht!"

Nein. Ich glaube, wir sind nicht weniger hierarchiebesessen als die Wiener. Nur sehr viel diskreter.

Der Soundtrack ist diesmal eher mittelmässig. Der Film aber sehr amüsant.



(Elvis in Change of Habit)

23
Apr
2011

Kussbereit

Frosch

Wagenmoos, Meggen, Schweiz, heute Mittag.

21
Apr
2011

Reiche krallen sich das Paradies

Heute habe ich einen Spaziergang im Paradies gemacht.

Bächtenbühl, Meggen

Es liegt direkt hinter der Stadtgrenze von Luzern auf einer weichen Hügellandschaft über dem See. Es heisst Bächtenbühl. Die Aussicht dort oben ist atemberaubend.

Bächtenbühl

Der Wind weht schimmernde Blütenblätter auf den Weg. Grillen zirpen. Vögel zwitschern. Auf den Wiesen arbeiten die Bauern. Am Himmel drehen riesige Raubvögel ihre Kreise.

Es hat dieselbe Zukunft wie so viele Paradiese der Schweiz: Die Reichen sind dabei, es sich unter den Nagel zu reissen.

Um es vorher noch zu erreichen, gehen Fussgänger aus der Stadt die Salzfass-Strasse hoch. Zuoberst betreten sie Megger Boden und damit das Steuerparadies des Kantons. Durch ein Scheunentor gelangen sie aufs Bächtenbühl.

Bächtenbühl Scheune

Ob das weithin sichtbare Haus stehenbleibt, wenn der Golfplatz kommt, ist mir nicht ganz klar. Denn, ja, hier wird demnächst ein Golfplatz gebaut. Die Stimmbürger von Meggen haben das Projekt am 28. November 2010 knapp bewilligt. Man hat den Stimmbürgern eine nachhaltige grüne Grenze zur Stadt versprochen. Das scheint gezogen haben. In Steuerparadiesen weiss man die Städte gerne weit weg. Städte wollen den Reichen immer ans Geld. Städte sind gierig.

Doch zurück zum Golfplatz: Die Bauern auf dem Bächtenbühl müssen aufhören. Der Ort soll zwar öffentlich bleiben - und Naturschutz geniesst angeblich eine hohe Priorität. Aber Hand aufs Herz: Wer spaziert schon gerne, wo einem die Golfbälle um die Ohren fliegen? Und dann möchte ich wirklich gerne wissen, wie viele Magerwiesen auf einem Golfplatz Platz haben. Ausserdem will man hier "hochklassiges Spass- und Wohlgefühl" kultivieren. Keinen "Billigtourismus". Ehrlich: Mir wird speiübel, wenn ich das lese.

18
Apr
2011

Wien kurz vor Ostern

Mehr als 40 Jahre lang habe ich es tunlich ignoriert. Aber in Wien musste ich es einsehen: Ich bin eine Kitschtante. Am Ostermarkt beim Schottenstift traf mich die Erkenntnis wie ein Schlag. Ein charmantes Märktlein mit drei, vier Buden. Keinesfalls so überlaufen wie hierzulande alles, was sich Oster-, Weihnachts-, Handwerker-, Antiquitäten- oder Sonstwie-Markt nennt. Herr T. wollte ihn dennoch umschleichen. Aber ich kannte kein Pardon und zerrte ihn mit hinein ins Osterparadies.

Herzstück des Marktes ist ein mittelgrosser Tante-Emma-Laden mit Eiern. Und die sind nicht wie im grobschächtigen Helvetien einfach hart gekocht und irgendwie mit Farbe beklatscht. Nein. Man hat ihnen Eigelb und -weiss aus winzigen Löchern weggeblasen. Und die fragilen Reste sind filigranst verziert.


Easter egg

Die beiden linken Bildern sind von Herrn T., der bekanntlich eine Affinität fürs Häkeln und Stricken hat. Er hatte grösste Mühe, mich wieder auf unsere geplante Stadtrundgangs-Route zu bringen.

Die Eier kosten 3 bis 11 Euro das Stück. Und natürlich erregten sie auch die Neugier von Spürnase Frogg. Werden die Eier irgendwo in den neueren EU-Staaten für Hungerlöhne hergestellt? Handelt es sich wirklich um Handarbeit? Was geschieht mit den vielen, vielen Litern Eiweiss und -gelb, die bei so einer Arbeit anfallen?

Das Verkaufspersonal erwies sich leider als äusserst wortkarg.

Ich fragte später Katiza. Sie sagte, die kleinen Kunstwerke würden im Burgenland gemacht.

Dass es in gewissen Haushalten des Burgenlandes monatelang Kaiserschmarrn zum Frühstück, Mittag- und Abendessen gibt, kann ich allerdings nur vermuten.
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