17
Feb
2011

Hosen kaufen

In den letzten Wochen wurde immer klarer: Ich brauche mindestens zwei Paar neue Hosen. Nur: Wenns um Kleider geht, ist Frau Frogg mit ihren bald 46 Jahren in einem ungeschickten Alter. "Kann man sich mit 46 noch kleiden wie mit 25?" lautet für sie Preisfrage. Bei Frau Frogg kommt verkomplizierend hinzu:

- Sie ist so etwas wie eine öffentliche Person, noch dazu in der Rolle einer netten, älteren Tante.
- Ihr Geldbeutel hat den Teuerungsschub nicht mit vollzogen, den ihre frühere Lieblings-Boutique durchgemacht hat.
- Sie hat Medikamente konsumiert, die auf den Hüften Spuren hinterlassen haben. Und einen ausgezeichneten Koch als Mann.

Mein BMI beträgt zwar lediglich 24,3. Technisch betrachtet bin ich also altersbereinigt mitnichten übergewichtig. Aber im Land der schlanksten Frauen Europas ist frau mit so einem BMI schon eine ziemliche Lawine. Oder meine ich das nur, wenn ich jeweils in den Spiegel schaue?

Also, item: Hosenmässig muss ich im Moment Neues ausprobieren, improvisieren und dabei ein bisschen aufs Portmonee achten.

So erstand ich neulich im Ausverkauf eine Esprit-Jeans. Eine topmodische Hose, glaube ich. Sie hörte oben schon unterhalb des Beckenknochens auf. Sie schliesst sich also nicht über das Becken wie Hosen das früher immer taten. Sondern sie klebt gewissermassen am Hintern. Merkwürdig. Aber ich kann sie tragen, jedenfalls mit einem Gürtel. Behauptete der Spiegel im Laden. Aber ehrlich: Ich traue Spiegeln in Kleiderläden nie ganz.

Naja, ich kaufte das gute Stück. Ich brauchte es.

Getragen habe ich es noch nicht.

Aber heute Morgen sah ich dann diese dunkelbeige Stretch-Jeans in einem lokalen Modehaus. Ich probierte sie an, und ehrlich: Es ist die bequemste Hose, die ich in Jahren getragen habe. Nur: Wenn ich in den Spiegel schaute, sah ich meine Mutter. Und ich meine: nichts gegen meine Mutter. Sie ist eine liebenswürdige Person, und sie hatte eine beneidenswerte Figur, bevor sie in den Fünfzigern in gewissen Hosen einem Fässchen nicht unähnlich wurde. Und, eben, ich sah meine Mutter in den Fünfzigern - mit der falschen Hose. Oder veräppelte mich auch dieser Spiegel?

Ich war ratlos. Aber, Leser, ich kaufte die Hose trotzdem. Ich brauchte sie. Sie war bequem. Zum Glück fand Frau Frogg zu Hause noch ein Oberteil, das diesen Fässchen-Effekt ein wenig kaschiert.

13
Feb
2011

Frühlingsgefühle

Mit Schrecken erinnere ich mich an meine ersten Gehversuche zurück in eine Art gesellschaftliches Leben vor einem Jahr.

Danach war monatelang jeder Ausgang ein denkwürdiges Ereignis.

Monatelang war der Fernseher meine vertrauteste Abendgesellschaft. Ich perfektionierte meine Fernseh-Gewohnheiten. Nie verpasste ich einen guten Spielfilm oder einen interessanten historischen Dokumentarfilm. Ich wurde Dauergast bei Arte und 3sat. Ich hätte es nicht anders gewollt. Ich brauchte Ruhe am Abend. Auch wenn ich es etwas merkwürdig fand, Izzie Stevens allmählich besser zu kennen als die Freundinnen, mit denen ich früher viele Abende verbracht hatte.

Aber seit ein paar Tagen streicht hier die Sonne übers Land. Sie hat einen unerwartet frühen und vielleicht zu vorwitzigen Frühling gebracht. Seither habe ich Lust auf Veränderung. Auf Ausgehen. Ich will wieder unter die Leute.

Vielleicht werde ich auch hier auf dem Blog ein bisschen was ändern. Ich kann doch nicht immer diese himmeltraurigen, alten Geschichten aufwärmen!

12
Feb
2011

Kiffen am Waldrand

Ich bin ja ein grosser Fan der Madeleine-Episode in Marcel Prousts "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit". Ich finde es faszinierend, von einem Geruch, einem Bild oder einem Stück Musik in eine andere Zeit versetzt zu werden - und plötzlich Dinge wieder zu wissen, die ich vor 20 oder 30 Jahren vergessen habe. Solche Madeleine-Momente sind auch eine wichtige Inspirationsquelle für diesen Blog.

Aber neulich wurde es mir doch fast zu viel des Guten. Ich war auf einem Spaziergang und kam aus einem Wäldchen. Da erlitt ich plötzlich einen jähen Erinnerungs-Schock. Vor mir sah ich ein einen Obstgarten und in der Ferne einen Bauernhof mit Siloturm.

Sentimental memories

Hier, wusste ich plötzlich, hier habe ich zum ersten Mal gekifft.

Andere Leute brechen über solche Erinnerungen in Gelächter aus. Nicht Frau Frogg. Diese Erinnerung ist nicht eine, die ich gerne besuche. Doch an jenem Nachmittag besuchte sie mich mit ihrer ganzen bitteren Süsse.

Wir waren von der anderen Seite zum Waldrand gekommen. Der Landfreak war aus dem Vorortszug gestiegen und hatte mich über die Wiesen geführt. Es war ein schier unerträglich schöner Frühlingstag. An den Kirschbäumen schäumten die Blüten. Der Landfreak hatte goldene Locken und sehe heute noch das Lederbändchen über seinem Brustbein. Er war so nah und doch nie erreichbar. Ich war verliebt. Ich war 17. Heute ist mir schleierhaft, weshalb ich überhaupt kiffen wollte. Ich war so schon berauscht genug.

Am Waldrand hielten wir an und er drehte einen Joint. Ich habe nie gewusst, weshalb er diesen Platz wählte.

Wir sprachen ja nicht viel. Die Geschichte vom Landfreak und mir ist jene einer aussererordentlich heftig verunglückten Liebesgeschichte in meiner an Liebesgeschichten, weiss Gott, nicht armen Jugend.

Wir trennten uns später im Streit. Er wurde Banker und machte eine steile Karriere. Manchmal sah ich ihn in der Stadt. Wir plauderten freundlich. Aber da war immer dieses Aroma von Missgunst. Vor ein paar Jahren habe ich gesehen, wie er am Fernsehen eine Tragödie schilderte, die eines seiner Kinder getroffen hatte. Hätte er gewusst, dass ich ihn gesehen habe - er hätte es als ultimative Demütigung verstanden.

Ich blickte übers Land und der Schmerz hallte nach. Was hätte ich als 17-Jährige getan, wenn ich gewusst hätte, wie heftig mich das alles noch mit 45 treffen würde?

Wahrscheinlich hätte ich trotzdem mit dem Landfreak gekifft. Ich hätte wissen wollen, was es mit mir machte.

Nun ja, nicht viel. Ich bekam danach nur eine vaterländische Migräne.

Ein andermal werde ich erzählen, wie mir das Kiffen später bekam und weshalb ich einer Legalisierung von Cannabis trotzdem jederzeit zustimmen würde. Ich verspreche, dass ich mich sehr viel kürzer fassen werde als Marcel Proust.

9
Feb
2011

Idyllischer Ort, blutige Szenen

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Zugegeben: Tolle Tourismuswerbung kann man mit diesen Bildern von meinem heutigen Spaziergang nicht machen. Dabei liegen diese Mauerreste, liegt dieser Brunnen nur wenige Kilometer ausserhalb der Touristenstadt Luzern.

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Und der Ort ist eine Sehenswürdigkeit . Auf diesem idyllischen Fleckchen Erde trugen sich an einem bitteren Tag im Jahr 1309 blutige Szenen zu. Stoff für eine helvetische Tragödie. Es ist die Tragödie Walters IV. von Eschenbach. Rund 150 Jahre lang lag hier das blühende Städtchen, das seinen Familiennamen trug. Und der Sitz seiner Familie, eine ansehnliche Burg. Die nahe Reuss mit ihrem lebhaften Schiffsverkehr brachte ihnen gute Zoll-Einnahmen.

Doch dann, 1309, fiel ein Trupp Habsburger ein. Sie mordeten und brannten alles nieder. Wer überlebte, floh voller Schrecken und kehrte nie zurück. Bis ins 18. Jahrhundert gab es hier eine Städtchen-Ruine. Dann holten die Leute aus dem nahen Dorf Inwil die meisten Steine ab und bauten daraus ihre Kirche. Die Welt vergass alt Eschenbach.

Warum zerstörten die Habsburger die kleine Stadt am Rande ihres Riesenreichs? Nun, sie waren hinter Walter IV. her. Ein Jahr zuvor hatte dieser bei der Planung seiner Karriere einen furchtbaren Fehler gemacht. Es lief ihm nicht so gut wie den Ahnen. Die politische und wirtschaftliche Grosswetterlage hatte sich verändert. Der Rubel rollte nicht mehr wie früher. Habsburger-König Albrecht I. hatte den kleinen Adel im Süden an der Gurgel. Walter hatte ihm schon ein paar Burgen im Berner Oberland verpfänden müssen. Er dachte fieberhaft darüber nach, wie er den Abstieg seiner Familie stoppen konnte.

Er kannte Johann I., den Herzog von Brugg im nahen Aargau. Als er ihn 1308 dort besuchte, unterlief ihm der tragische Irrtum: Walter liess sich überreden, an einem Mordanschlag gegen König Albrecht teilzunehmen. Wenn Albrecht beseitigt war, würde Johann den Thron erben. Und seinen vier oder fünf Verbündeten den Weg zu Ehren, Würden und mehr Land ebnen. Glaubte Walter.

So ermordeten sie Albrecht. Walter soll die Zügel seines Pferdes gehalten haben, als Johann auf ihn zuritt und ihm den Schädel spaltete.

Doch danach lief nichts mehr wie Walter gehofft hatte. Ein anderer erbte den Thron. Johann erhielt gar nichts ausser dem Beinamen Parricida, zu Deutsch: Vatermörder. Weil Albrecht sein Onkel und damit ein naher Verwandter gewesen war. Er und seine Verbündeten mussten flüchten. Johann galt ab 1308 als verschollen.

Walter entkam dem Wüten der Habsburger in alt Eschenbach. Er soll nach Württemberg geflohen sein und dort noch 34 Jahre lang als Viehhirt gelebt haben. Kurz vor seinem Tod soll er sich zu erkennen gegeben haben. Das brachte ihm 1343 wenigstens eine ritterliche Beerdigung.

8
Feb
2011

Bin ich eine Wutbürgerin?

Neulich habe ich eines dieser Spielchen gemacht, die ich zwar mache, aber sonst nie für bloggenswert halte. Es dreht sich um die so genannten sieben Todsünden und wie man zu ihnen steht. Ich kam zu einem bedenklichen Resultat:

Greed:Medium
 
Gluttony:Medium
 
Wrath:Very High
 
Sloth:Medium
 
Envy:Medium
 
Lust:Low
 
Pride:Medium
 

The Seven Deadly Sins Quiz on 4degreez.com

Gefunden bei romeomikezulu.

Es scheint, dass ich eine Wutbürgerin geworden bin. Ganz überraschend kommt das nicht. Als 2006 Burnouts in unserer Stadt Mode waren, war auch Frau Frogg einem solchen nahe. Emotional ist sie eben stets im Trend. Und unter Bloggern bin ich ja längst als die personifizierte Streitlust bekannt.

Dennoch beunruhigt mich dieses Resultat. Denn wer mich im realen Leben kennt, kennt mich eigentlich als freundlichen Menschen. Wut, noch viel schlimmer Zorn, halte ich für eine enorm schwierig zu bewältigende Emotion. Und dennoch finde ich in mir drin ein unerschöpfliches Reservoir des Zorns. Da ist eine Grund-Irritation, die sich gern den nächstbesten Anlass sucht, um zu einem kleinen oder grösseren Wutanfall zu werden. Alleinunterhalter im Zug. Eine verbitterte Alte. Bergspitzen. Das Gegeifer gewisser Politiker (merke: Es gibt mindestens eine Wutbürgerin, die nicht rechtsnational wählt). Freunde, die mit bester Absicht dumme Fragen stellen. Manchmal verprügle ich vor Wut meinen Futon. Oder boxe mit ein paar halb gelernten Karate-Hieben einen unsichtbaren Gegner. Davon komme ich ausser Puste. Aber der Zorn geht nicht weg.

Vielleicht hat es mit den fünf Phasen des Kummers zu tun. Nachdem mein Ohrenleiden mir ungefähr vier Karrieren versaut hat, ist es wohl normal, dass ich zornig auf mein Schicksal bin. Vielleicht liegt es daran, dass ich bei der Arbeit viel mit Wutbürgern zu tun habe. Vielleicht ist Wut so ansteckend wie Angst.

Okay, meinetwegen. Dann bin ich eine Wutbürgerin. Wut ist vielleicht ganz in Ordnung, und irgendwann kommt der nächste Trend.

Aber eins möchte ich nicht: verbittern. Wie verhindert man, dass aus Wut Bitterkeit wird?

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