Zu den gediegensten hiesigen Advents-Vergnügen gehört ein Einkaufstag im nicht allzu fernen Zürich. Um meine Schwägerin Stella dort zu treffen, überwand ich gestern auf dem Weg zum Bahnhof Berge von Neuschnee und riesige Pflotsch*-Seen.
Stella ist eine Frau mit Stil und Klasse und beinahe Zürcherin. Deshalb wusste ich von Anfang an, dass eine Tour mit ihr die Grundlage für den ultimativen Shopping-Guide für Provinzlerinnen in Zürich würde. Wurde er auch. Alles begann aber erstaunlich bescheiden, in einem kleinen Trendrestaurant namens
Josef. Das Lokal ist designmässig wohltuend unprätentiös, das Mittagessen war gut und sagenhaft preisgünstig. Gestärkt und zu allem bereit begaben wir uns danach in
Lilli Tulipan's kleine Warenhalle - ebenfalls im Kreis 5. Dort sieht es fast überall so aus:
(Quelle: www.mehrundwert.ch)
Zauberhaft. Ich weiss seither, was ich mir vom Christkind wünsche: ein Fläschchen "Schnee" aus der
Library of Fragrance.
Weil es wirklich beinahe wie Neuschnee riecht. Frisch und wild und kalt. Und weil die Frogg die Idee einer Bibliothek der Düfte sooo poetisch findet. Meine Schwägerin Stella hat aber mehr Sinn für Stil als für Poesie. Sie drängte deshalb zum Aufbruch, nachdem ich ein Geschenk für
Carina gefunden hatte.
So wandten wir uns nun weg vom Kunstgewerblichen und hin zum schamlosen Kommerz an der Bahnhofstrasse. Wobei ich die
englische Buchhandlung Orell Füssli tunlich mied. Ich habe dort neulich erst ein kleines Vermögen liegenlassen.
Dafür mussten wir noch schnell zu Manor, etwas abholen. Das Warenhaus ist wohl nur etwa halb so gross wie seine grossen Schwestern in Paris und London: Doch die Verkäuferin, die uns dort bediente, bewies grossstädtisches Flair. Mit ihrer Miene liess sie uns keinen Augenblick im Ungewissen darüber, dass wir ihr viel Geduld abverlangten. Ich fühlte mich nach Paris versetzt, wo die Verkäuferinnen für ihr schnippisches Getue berühmt sind.
Doch das war schnell vergessen, denn nun gings hinein in die Plüschorgie im
Franz Carl Weber. Wahnsinn! Da gibts Wände mit Tierli, leuchtend in allen Farben. Wände mit Autöli, classy und billig. Wände mit Playmobil und Lego. Wände mit... Ich fürchte, es sind dort schon Kinder wahnsinnig geworden vor all diesen Wänden. Die Erwachsenen schienen sich ausgerechnet gestern anzuschicken, alle diese Wände leerzukaufen. So ernsthaft, dass das Kreditkartensystem irgendwann im Laufe des Nachmittags den Geist aufgab.
Im Reformhaus nebenan sorgte ich noch schnell für Nachschub bei der
frogg-gerechten Ernährung.
Die schmecken prima. Ehrlich. Von denen kaufte ich gleich sieben Stück.
Als wir danach die Limmat erreichten, wurde der Himmel dunkelblau und die Weihnachtsbeleuchtungen begannen in vollem Glanz zu erstrahlen. Habe ich schon einmal gestanden, dass ich diese weihnachtlich geschmückten Städte liebe? Dieses Funkeln und Strahlen? Diese Lichterorgien Diese Zurschaustellung von Vielfalt, Schönheit und Reichtum? Ich weiss, kein Mensch wird mir das glauben. Und doch. Es ist so.
Unsere nächste Station war
Kolonialwaren Schwarzenbach im Niederdorf. Eine Augenweide, diese Auslage! Und im Frogg'schen Buch der gesammelten Rituale und Rituälchen ist Schwarzenbach
die unausweichliche Zürcher Verkaufsstelle für kandierten Ingwer.
Danach irrten wir mit lichtertrunkenen Augen durch das Niederdorf.
(Quelle: www.zuetech.ch)
Bei den Oberen Zünen stolperte ich im Pflotsch und liess die Tüte mit Gauchs Schafsjoghurt fallen. Einer der Becher ging zu Bruch.
Aber das entdeckte ich erst, als wir in der
Neumarkt-Bar bei einem Punsch den Abend ausklingen liessen. Ich musste das Joghurt an Ort und Stelle essen. Es hätte sonst alles versaut.
Das war nicht so gediegen. Alles andere schon.
*Schweizerdeutsch für Schneematsch