22
Dez
2008

Vorweihnachts-Stress

Freunde, ich muss putzen. Schliesslich bekommen wir über die Festtage Besuch! Habe den Aufwand dafür komplett unterschätzt. Deshalb gibts diesmal keinen richtigen Eintrag. Sorry. Doch wie hiess es in unseren Teenager-Jahren? Das Genie beherrscht das Chaos! Falls nicht, empfehle ich den Ratgeber für die perfekte Vorweihnachts-Planung von frau walküre.

20
Dez
2008

Lächeln

Nichts passt so gut zum heutigen Tag wie dieser Postkartengruss:

laecheln
(Quelle: http://www.kulturrecycling.de/)

Seid also gegrüsst! Fakten und Argumente gibts ein andermal wieder.

17
Dez
2008

Lichterorgie

Zu den gediegensten hiesigen Advents-Vergnügen gehört ein Einkaufstag im nicht allzu fernen Zürich. Um meine Schwägerin Stella dort zu treffen, überwand ich gestern auf dem Weg zum Bahnhof Berge von Neuschnee und riesige Pflotsch*-Seen.

Stella ist eine Frau mit Stil und Klasse und beinahe Zürcherin. Deshalb wusste ich von Anfang an, dass eine Tour mit ihr die Grundlage für den ultimativen Shopping-Guide für Provinzlerinnen in Zürich würde. Wurde er auch. Alles begann aber erstaunlich bescheiden, in einem kleinen Trendrestaurant namens Josef. Das Lokal ist designmässig wohltuend unprätentiös, das Mittagessen war gut und sagenhaft preisgünstig. Gestärkt und zu allem bereit begaben wir uns danach in Lilli Tulipan's kleine Warenhalle - ebenfalls im Kreis 5. Dort sieht es fast überall so aus:


(Quelle: www.mehrundwert.ch)

Zauberhaft. Ich weiss seither, was ich mir vom Christkind wünsche: ein Fläschchen "Schnee" aus der Library of Fragrance.



Weil es wirklich beinahe wie Neuschnee riecht. Frisch und wild und kalt. Und weil die Frogg die Idee einer Bibliothek der Düfte sooo poetisch findet. Meine Schwägerin Stella hat aber mehr Sinn für Stil als für Poesie. Sie drängte deshalb zum Aufbruch, nachdem ich ein Geschenk für Carina gefunden hatte.

So wandten wir uns nun weg vom Kunstgewerblichen und hin zum schamlosen Kommerz an der Bahnhofstrasse. Wobei ich die englische Buchhandlung Orell Füssli tunlich mied. Ich habe dort neulich erst ein kleines Vermögen liegenlassen.

Dafür mussten wir noch schnell zu Manor, etwas abholen. Das Warenhaus ist wohl nur etwa halb so gross wie seine grossen Schwestern in Paris und London: Doch die Verkäuferin, die uns dort bediente, bewies grossstädtisches Flair. Mit ihrer Miene liess sie uns keinen Augenblick im Ungewissen darüber, dass wir ihr viel Geduld abverlangten. Ich fühlte mich nach Paris versetzt, wo die Verkäuferinnen für ihr schnippisches Getue berühmt sind.

Doch das war schnell vergessen, denn nun gings hinein in die Plüschorgie im Franz Carl Weber. Wahnsinn! Da gibts Wände mit Tierli, leuchtend in allen Farben. Wände mit Autöli, classy und billig. Wände mit Playmobil und Lego. Wände mit... Ich fürchte, es sind dort schon Kinder wahnsinnig geworden vor all diesen Wänden. Die Erwachsenen schienen sich ausgerechnet gestern anzuschicken, alle diese Wände leerzukaufen. So ernsthaft, dass das Kreditkartensystem irgendwann im Laufe des Nachmittags den Geist aufgab.

Im Reformhaus nebenan sorgte ich noch schnell für Nachschub bei der frogg-gerechten Ernährung.



Die schmecken prima. Ehrlich. Von denen kaufte ich gleich sieben Stück.

Als wir danach die Limmat erreichten, wurde der Himmel dunkelblau und die Weihnachtsbeleuchtungen begannen in vollem Glanz zu erstrahlen. Habe ich schon einmal gestanden, dass ich diese weihnachtlich geschmückten Städte liebe? Dieses Funkeln und Strahlen? Diese Lichterorgien Diese Zurschaustellung von Vielfalt, Schönheit und Reichtum? Ich weiss, kein Mensch wird mir das glauben. Und doch. Es ist so.

Unsere nächste Station war Kolonialwaren Schwarzenbach im Niederdorf. Eine Augenweide, diese Auslage! Und im Frogg'schen Buch der gesammelten Rituale und Rituälchen ist Schwarzenbach die unausweichliche Zürcher Verkaufsstelle für kandierten Ingwer.

Danach irrten wir mit lichtertrunkenen Augen durch das Niederdorf.


(Quelle: www.zuetech.ch)

Bei den Oberen Zünen stolperte ich im Pflotsch und liess die Tüte mit Gauchs Schafsjoghurt fallen. Einer der Becher ging zu Bruch.

Aber das entdeckte ich erst, als wir in der Neumarkt-Bar bei einem Punsch den Abend ausklingen liessen. Ich musste das Joghurt an Ort und Stelle essen. Es hätte sonst alles versaut.

Das war nicht so gediegen. Alles andere schon.

*Schweizerdeutsch für Schneematsch

15
Dez
2008

Frauenbuch, Männerbuch

Ich glaube, es wird Zeit, dass wir zum Kern unserer Diskussion über Shafak und Werfel kommen, geschätzter Herr Steppenhund. Schon mehrmals haben Sie Ihrem Missfallen darüber Ausdruck verliehen, dass ich hier Leserinnen ein Buch von einer Frau empfehle. Wollen Sie mir unterstellen, dass ich das Standardwerk von Franz Werfel abwerten wollte, nur weil er ein Mann war?

Das war natürlich nicht meine Absicht. Denn als ich Shafak empfahl, wusste ich gar nichts vom "Musa Dagh". Ich wollte auch nicht das Werk über den Völkermord an den Armeniern empfehlen. Vielmehr hatte ich ein Buch entdeckt, das mir gefiel. Und ich wollte es den Richtigen weiter empfehlen, nämlich meinen weiblichen Lesern. Denn eins gilt meines Erachtens: Es gibt tatsächlich Bücher für Männer und Bücher für Frauen. "Der Bastard von Istanbul" ist ganz eindeutig ein Buch für Frauen, weil:

1) Männer kommen darin nur am Rande vor
2) Shafak bedient sich eines Genres, das Frauen mögen: der Screwball Comedy.

Wahrscheinlich hat Shafak dies nicht ohne Kalkül getan. Sie wusste wohl, was jeder weiss, der sich hie und da mit Büchern befasst: Frauen lesen mehr Bücher als Männer. Sie lesen ausserdem mehr Belletristik als Männer. Und: Männer lesen, wenn schon, eher Romane von Männern.

Nehmen wir zum Vergleich Werfels Buch: Es stammt aus dem Jahre 1933 und ist meines Erachtens eindeutig als Männerbuch konzipiert. Das ist auch kein Wunder: Die Öffentlichkeit war damals weit gehend ein Raum für Männer. Und Werfel brauchte öffentliche Anerkennung, um sein Buch zum bildungsbürgerlichen Leser (oder wenigstens zum Käufer) zu bringen. Von dort konnte es ja dann auch gegebenenfalls noch den Weg in die Hände der Bildungsbürgersgattin finden.

Um öffentliche Anerkennung zu bekommen, tat er zwei Dinge: Er gab dem Buch Kunstcharakter. Und er bewies auf Teufel komm raus Überlegenheit in Sachfragen. Nur so konnte er auch die politische Relevanz seines Werkes behaupten. Beides gereicht dem Buch aus der Frogg-Perspektive eher zum Nachteil.

Um zu zeigen, wie er das machte, hier ein Beispiel: "Im Militärpavillon dort bricht in derselben Sekunde eine türkische Militärbande in quinklierende Janitscharenklänge aus." (S. 174 im Fischer-Taschenbuch von 2007).

Schwäche 1: Werfel versteht sich als Expressionist und schöpft lautmalerische Wörter wie "quinkelierend". Damals war der Expressionismus eine nicht mehr ganz avantgardistische Strömung der Kunst. Auf ihm zu bauen, würde ihm die Anerkennung der Literaturkritiker einbringen. Heute wirken solche Wortschöpfungen und anderen expressionisten Stilmittel aber eher gekünstelt.

Schwäche 2: "Oha, Werfel weiss, was Janitscharen sind!" denkt sich der Herr Bildungsbürger und ist beeindruckt. Selber wusste er nicht, was Janitscharen sind? Ich bitte Sie, jeder politisch interessierte Bildungsbürger von anno dazumal wusste das doch! Und wer es nicht wusste: selber schuld! Er konnte es ja verschämt im Konversationslexikon nachschlagen.

Doch die Zeiten und die Öffentlichkeit haben sich geändert. Heute gibt es einen Buchmarkt für gut ausgebildete und intelligente Frauen, die sich gerne ihrer Intelligenz angemessen und ohne bildungsbürgerlichen Firlefanz unterhalten lassen. Verbreitung bekommen die Werke für diese Frauen nicht zuletzt über Blog-zu-Blog-Propaganda.

Das heisst nicht, dass ich Werfel Frauen nicht zur Lektüre empfehlen würde. Im Gegenteil. Frauen können so gut googeln wie Männer. Abgesehen davon fallen die aufgezählten Schwächen insgesamt wenig ins Gewicht.

Aber vielleicht verstehen Sie jetzt, warum ich meinen Leserinnen trotzdem zuerst "Der Bastard von Istanbul" empfohlen habe!

Und Sie, Herr Steppenhund, dürfen es natürlich gerne auch lesen.

Roman-Monument

Sie haben mich neulich ziemlich ultimativ auf "Die vierzig Tage des Musa Dagh" von Franz Werfel verwiesen, geschätzter Herr Steppenhund. Meine Neugier hat daraufhin gesiegt. Ich habe begonnen, mir das Werk zur Brust zu nehmen. Nachdem ich 195 von 975 Seiten gelesen habe, kann ich so viel sagen: Ich bereue es keineswegs. Im Gegenteil: Das Werk hat nicht nur grosse Verdienste, sondern eine beeindruckende Wirkungsgeschichte. Schon deshalb lohnt sich die Lektüre.

Werfel schildert unglaublich differenziert und mit sehr viel Einfühlungsvermögen, was mit Menschen passiert, die zu einer ethnischen Minderheit gehören und deswegen verfolgt werden. Kein Wunder, dass es für die Juden des Dritten Reiches ein so wichtiges Buch wurde! Hier lässt sich nachlesen, was das in Deutschland schon bei seinem Ersterscheinen 1933 verbotene Buch bewirkte: "Die Juden haben Werfels Roman gerade in den dreissiger Jahren geschätzt, weil sie in ihm eine Art Spiegelbild der eigenen unsicheren Situation sahen. Und in der Zeit der Ghetto-Aufstände in Osteuropa wurde Werfels 'Musa Dagh' geradezu zum Symbol des Widerstandes."

Das Werk ist also wahrlich ein Monument, Herr Steppenhund. Leider eines, das seine Aktualität wohl noch lange nicht verlieren wird. In einem gewissen Sinne verstehe ich angesichts von all dem sogar, weshalb Sie der Meinung sind, dass sich nach der Lektüre von "Musa Dagh" die Lektüre eines jeden anderen Armenier-Romans erübrige (ausser vielleicht desjenigen von Hilsenrath).

Aber damit verwerfen Sie Shafaks Buch mit allzu viel Leichtigkeit. Denn Shafak steht an einem ganz anderen Ort: Sie zeigt, dass die Greuel der Geschichte auch bei den Nachgeborenen Wunden hinterlassen. Auch bei den Tätern. Und dass diese Wunden nur dann heilen können, wenn man hinschaut und ernst nimmt, was man sieht. Bevor ich diese Lektion auch in Werfels Buch finde, bin ich nicht bereit, Shafak dafür aufs Altpapier zu legen!

13
Dez
2008

Samstagabend

Neulich hat irgendjemand zu mir gesagt: "Älter werden hat doch auch Vorteile, nicht wahr? Zum Beispiel den, dass man am Samstagabend nicht zwanghaft etwas loshaben muss."
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