22
Okt
2008

Gummizellen-Joggen

Joggen tut mir gut. Es regt die Durchblutung der Innenohren an und hilft, das Gift aus den Gehörgängen zu schwemmen. Das weiss ich aus Erfahrungen. Nur: Wer gerade zu Schwindelanfällen neigt, sollte besser nicht joggen gehen. Ich habe schon von Meniere-Patienten gehört, die beim Joggen einen Anfall bekammen und so unglücklich stürzten, dass sie sich einen Arm brachen.

Das will ich lieber vermeiden.

Also, was tun? Die Frogg, nie um eine kuriose Idee verlegen, hat bereits eine Lösung gefunden: das so genannte Gummizellen-Joggen. Man braucht dafür nichts als einen Futon, am besten einen möglichst dicken wie man sie in Möbelhäusern bekommt. Den rolle man aus und trample beliebig lange darauf herum. Das belastet nicht genau die gleichen Muskeln wie echtes Joggen, aber schaden kann das bestimmt nicht. Ganz schön ins Schwitzen kommt man dabei auch. Und um sich wenigstens irn Geist aus der Gummizelle wegzubefördern, höre man dazu seine Lieblings-Songs.

Ich zum Beispiel höre den hier:

21
Okt
2008

Wenn die Strasse bockt

Wir Menschen neigen dazu, Dinge für selbstverständlich zu halten, die gar nicht selbstverständlich sind. Die Fähigkeit zum aufrechten Gang zum Beispiel. Und ich meine jetzt nichts so gepflegtes wie den aufrechten Gang im metonymischen Sinne von Stolz oder evolutionär erworbener Zivilisiertheit. Ich meine den aufrechten Gang im wortwörtlichen Sinne. Ich meine: Solltet Ihr das Leben wieder einmal einfach fürchterlich finden, so setzt Euch hin und dankt dem lieben Gott. Dafür, dass Ihr aufrecht an der Bäckerei Moos in Luzern vorbeigehen könnt, ohne dabei überhaupt ans Gehen denken zu müssen.

Ich kann das nicht mehr. Ich werde fortan jedesmal, wenn ich an der Bäckerei Moos in Luzern gehe, daran denken müssen, wie die Frogg hier, genau hier, urplötzlich die Fähigkeit zum aufrechten Gang verlor. Wie ihr der Asphalt unter ihren Füssen ohne Vorwarnung und mit einem gewaltigen Ruck entgegenbockte. Wie sie beinahe auf die Stirne geknallt wäre. Wie sie nichts tun konnte als sich dem Asphalt möglich sanft entgegen plumpsen zu lassen. Wie sie schliesslich der Länge nach auf dem Trottoir lag. Wie die Häuser in ihrem Blickfeld sanft aber unbeirrbar um sie kreisten. Um es kurz zu machen: Ich hatte wieder mal eine Menière'sche Attacke.

Immerhin: Diesmal hatte ich geradezu unglaubliches Glück im Unglück. Denn was sich danach abspielte, liest sich wie ein Märchen aus Zeiten, als Menschen noch Zeit füreinander hatten und lieb zueinander waren. Denn vor der Bäckerei Moos stehen zwei Tischchen mit roten Plastitischtüchern. An einem dieser Tischchen sass gerade ein Briefträger und hielt seine Kaffeepause ab. Als die Frogg nun so dalag, sprang der Briefträger sofort herbei. Die Bäckersfrau eilte mit einem Glas Wasser aus dem Laden. Beide halfen mir aufstehen und setzten mich an eines der roten Tischchen. Dort war mir zwar weiter schwindlig. Aber ich konnte mein Antemin schlucken, vermied so einen Brechanfall und sah wenigstens nicht mehr so peinlich aus.

Dass die beiden mir halfen, ist nicht selbstverständlich. Das könnt Ihr mir glauben, denn ich habe einige Erfahrung im Zusammenbrechen auf der Strasse. Meistens bin ich dabei bei vollem Bewusstsein, und ich habe festgestellt. Wenn Du hilflos auf dem Boden liegst, dann machen die Leute einen grossen Bogen um Dich. Dann starren sie Dich so ängstlich an, als sässe ein todbringendes, giftgrünes Monster mit besonders boshaften kleinen Äuglein sprungbereit auf Deiner Brust.

Naja, item. Jedenfalls rief ich Herrn T. an, der mich abholen kam. Derweil ich wartete, bat die Frau Bäckerin mich in ihr Lokal. Sie tat es, obwohl auch sie das giftgrüne Monster auf meiner Brust sah und mir nicht recht über den Weg traute. Ich bemühte mich sehr, so zu tun, als sei alles wieder in Ordnung. Vielleicht zu sehr. Deshalb möchte ich hier noch schreiben, dass ich der Bäckersfrau dankbar bin. Und: Solltet Ihr einmal an der Bäckerei Moos in Luzern vorbeigehen: Haltet an und denkt daran, dass einem hier in der Not geholfen wird. Und dann geht hinein und kauft einen Nussgipfel oder ein Gipfeli oder ein Stück Käsekuchen.

Und noch etwas: Psychosomatische Theorien zu diesem Eintrag verbitte ich mir und werde sie gegebenenfalls sofort löschen.

17
Okt
2008

Wort des Tages

Also, eigentlich ist es eher das Wort des Tages von gestern: Negativer Liquiditätszufluss.

Aber ich bringe es jetzt trotzdem noch, weil ich mich sehr darüber vergnügt habe.

Kollege Unruh, der sich in der Bankenwelt auskennt, hat es mir beigebracht, als wir über den News des gestrigen Tages brüteten. Die Wendung klingt so schön harmlos. Als sei da nur mal eben ein bisschen weniger Geld zusammengeflossen als üblich. Aber deutsch und deutlich heisst sie: Da haben Ströme von Kunden ihr Geld aus der Bank geschwemmt. 87 Milliarden Franken in einem konkreten Fall, der uns hierzulande gestern den Schreck in die Knochen gejagt hat.

Aus Buchhalter-Jargon lassen sich ja wunderbare Euphemismen basteln!

13
Okt
2008

Sex ist gefährlich

Kennt Ihr den Slogan "weil ich es mir wert bin?" Klar kennt Ihr ihn. Schliesslich gibt es da eine Kosmetikfirma, die ihn uns so penetrant aufs Auge drückt, dass wir schon bald keinen Lidschatten mehr in die Hände nehmen können, ohne dabei unsere Locken zu schlenkern und zu hauchen: "Weil ich es mir wert bin..."

Ich habe den Slogan nie gemocht. Er ist sooo 90-er Jahre. Klingt so penetrant therapeutisch. So verdammt nach Frauen, die sich nach einem langen Nachmittag beim Shoppen voller Selbstmitleid (naja, shoppen ist wirklich nicht einach...) in den Spiegel schauen und sich zuhauchen: "Ach, ich bin ja so müüüüde! Ich muss mir jetzt etwas gutes tun!" Die genüsslich etwas zu viel von ihrem funkelneuen Wangenrouge auflegen. Und dann frisch gestärkt an die nächste Party sausen.

Doch lassen wir das, denn das wollt Ihr gar nicht wissen. Ihr wollt jetzt wissen, was dieser blöde Slogan mit Sex zu tun hat. Mit gefährlichem Sex.

Um es gleich klar und deutlich zu sagen: Er hat nichts mit Sex zu tun. Schon gar nichts mit gefährlichem Sex. Und genau das ist das Gute an dem Slogan. Jedenfalls glaubt das die Firma, die ihre Produkte mit ihm verkauft. Steht in dem Buch, das ich gerade lese. Es heisst The Culture Code und ist von einem Franko-Amerikaner namens Clotaire Rapaille.

Rapaille ist von Haus aus Psychologe. Er arbeitet aber für die Marketing-Abteilungen zahlreicher globaler Firmen. Seine These: Lernen ist mit Emotionen verbunden. Und: Was wir als Kleinkinder lernen, prägt unsere Wahrnehmung der Welt lebenslänglich. Mit seinen Befragungen drang er tief in die nur halb bewussten Erinnerungsschichten der Befragten und fand so heraus, was sie seit ihrer frühesten Kindheit mit Kaffee verbinden. Oder mit Jeeps.

Für die "Weil ich es mir wert bin"-Kosmetikfirma sollte er offenbar Schminke verkaufen. "Schminke?" sagte er sich. "Das hat doch etwas mit Verführung zu tun. Mit Sex." Also ging er hin und fragte die Menschen, die die Produkte der Firma kaufen sollten, was sie mit Sex verbinden. Er befragte Amerikanerinnen und Französinnen und er fand etwas Irritierendes heraus: Amerikaner fühlen sich nicht wohl mit dem Thema Verführung. Sie verwechseln Verführung mit Manipulation. Und, noch krasser: Für Amerikaner hat Sex a priori mit Gewalt zu tun. Für Amerikaner sind Sex und Verführung beunruhigende, ja verstörende Themen.

Also entschloss sich die "weil ich es mir wert bin"-Firma, das Thema Sex in der amerikanischen Make up-Werbung gar nicht erst aufs Tapet zu bringen.

Anders in Frankreich. Weil die französischen Konsumentinnen eine andere Einstellung zur Sexualität haben.

Tja, und was sollen wir deutschsprachigen Frauen daraus schliessen, dass wir am Fernsehen die amerikanischen Werbespots besagter Kosmetikfirma vorgesetzt bekommen?

Das sagt uns Herr Rapaille leider nicht. Dennoch: Das Buch ist ziemlich lesenswert. Auch wenn ich zu bezweifeln wage, dass seine Theorie über kulturelle Unterschiede in den heutigen Multi-Kulti-Gesellschaft (die medial so stark von den USA geprägt ist) wirklich funktioniert.

11
Okt
2008

Astronomisch

Man kann der Finanzkrise auch Positives abgewinnen. Die Frogg zum Beispiel erweitert dieser Tage ihren Horizont in der Welt der Zahlen. Bislang reichte ihr geistiges Fassungsvermögen gerade mal für eine Million
(1 000 000). Von da an aufwärts wirds ja mit den Nullen allmählich unübersichtlich. "Mehr musst Du gar nicht wissen", sagte sie sich in jungen Jahren und damit basta.

Aber jetzt, mit der Finanzkrise, lernt die Frogg verwundert neue Zahlen. Und Dinge wie:

1 englische Billion ist 1 deutsche Milliarde (1 000 000 000).
1 deutsche Billion ist 1 englische Trillion (1 000 000 000 000).

Sowas muss sie jetzt wissen, weil es bei der Bearbeitung von Agenturtexten zum Stolperstein werden kann.

Frage an Schülerin Frogg: "Wie viel sind 1000 Milliarden Dollar?" So viel haben die Wertpapierabschreibungen weltweit laut TagesAnzeiger von heute bislang gekostet.

"1000 Milliarden Dollar???" Die Frogg denkt nach, vor ihrem geistigen Auge tanzen die Nullen.

"Eine Billion Dollar", sagt sie schliesslich. Und dann, als die Nullen nochmals ein Weilchen getanzt sind: "Oder 1,1 Billionen Franken. Hmmm. Im allgemeinen nimmt man an, dass die gesamten Lohnkosten für eine Schweizer Durchschnitts-Arbeitskraft etwa 100 000 Franken jährlich betragen. Mit so viel Geld könnte man also 11 Millionen Schweizer Arbeitskräfte ein Jahr lang bezahlen. Oder jetzt eben nicht mehr... Das ist ja unglaublich...!"
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