13
Nov
2007

Ist das normal?

Ist es normal, dass einer 42-Jährigen tagein tagaus zwei Fragen im Kopf herumbohren wie fresssüchtige Würmer?
Zwei Fragen die da wären: Was fange ich mit dem Rest meines Lebens an?
Und: Wer bin ich überhaupt?
Ist das normal?

9
Nov
2007

Lust und Gefahr

Er hat durchaus eine erotische Ausstrahlung, dieser Herr Yee (Tony Leung). Dennoch ist er kein Mann, mit dem frau eine Affäre haben möchte: Er kollaboriert mit dem Feind (es ist gerade Krieg, und China ist von den Japanern besetzt). Und er ist ein sadistisches Vieh. Wang Jiazhi (Wei Tang), die mit ihm anbändelt, vergewaltigt er beim ersten Schäferstündchen brutal. Nur: Wang Jiazhi hat keine Wahl. Sie muss so lange mit dem Schwein ins Bett, bis es ihr gelingt, ihn in einen Hinterhalt zu locken, in dem ihre Partisanenkollegen ihn erschiessen können.

Das ist die Ausgangslage von „Lust, Caution“, dem neuen Werk des Filmemachers Ang Lee (oder „Gefahr und Begierde“, wie er in Deutschland heisst).



Wer sich diesen Monat nur einen Film ansehen kann, sollte sich diesen ansehen. Er ist ein packendes Psychodrama mit Bildern von grosser suggestiver Kraft. Zu reden gaben vor allem die Sexszenen, in denen der Liebesakt aber eher einem Stellungskrieg gleicht als einem erotischen Zusammentreffen. Dennoch entsteht zwischen dem knallharten Kollaborateur und der zarten Widerstandskämpferin, naja, nicht Liebe, aber so etwas wie Innigkeit. Und irgendwann kommt der Punkt, an dem Wang Jiazhi entscheiden muss: Liefert sie ihren Liebhaber nun wirklich ans Messer oder rettet sie ihn und bringt ihre Freunde in Gefahr? Der Moment, in dem sie entscheidet ist einer der rätselhaftesten Momente, die ich je im Kino erlebt habe. Ich frage mich nach drei Tagen noch immer: „Warum hat sie das so gemacht?“ Spekulationen sind willkommen.

Wenn ich eine Kritik an dem Film habe, dann ist es die: Er schaut zu viel bei Wong kar wai ab, von dem er sich ja auch Tony Leung geborgt hat. Ein- zweimal sieht man ihm oder Wei Tang beim Anzünden einer Zigarette zu und wähnt sich in "In the Mood for Love". Das sind Bilder, die allmählich zum Klischee werden.

Dafür liefert liefert Ang Li am Schluss noch eine der bildgewaltigsten Sterbeszenen mit, die die Frogg je gesehen hat. In der Nacht nach dem Film ist sie ein paarmal aufgewacht, hat in diesen Schwindel erregenden Abgrund geschaut und geschaudert.

4
Nov
2007

Schweiztümelei

Die Schweizerische Volkspartei (SVP) stellt sich ja immer als Hüterin schweizerischer Werte dar. Diese Propaganda scheint bei der Frogg verfangen zu haben. Wenn sie eine Schweizerfahne sieht, denkt sie jedenfalls sofort "Blocher"*. Weshalb ihr der Anblick einer Schweizerfahne meist Unbehagen bereitet. Schon lange. So war es auch, als sie dieses Bild hier sah:

sbbfroggblog

Es prangte auch dem Umschlag, das ich von den Schweizerischen Bundesbahnen für mein Billett nach Deutschland bekommen hatte. "Wääck!" rief die Frogg, "Jetzt wird sogar die SBB schweiztümelig! Mit dieser 30er-Jahre-Aestehtik! Und diesem pathetischen Helden!"
"Ist doch alles ironisch unterlaufen!" sagt meine Freundin Helga, "Total überrieben! Und siehst Du nicht die Gummistiefel an diesem Helden?"
Ja, schon. Nur hat die Frogg bei der Zeitung gelernt, dass viele Leser keine Ironie verstehen.


* für nichtschweizer Leser: Bundesrat Christoph Blocher, das Anführer der rechtskonservativen SVP, die die letzten Wahlen so deutlich gewonnen hat.

30
Okt
2007

Schlaraffenland

Übers Wochenende habe ich meine Freundin Helga in Deutschland besucht.

Ich reiste am Freitag und bin erst heute nach Hause gekommen. „Du kannst auch länger kommen“, forderte Helga mich auf, aber ich hörte auch die warnende Stimme der Frogg: „Du kennst doch das Sprichwort: Gäste sind wie Fische. Nach drei Tagen fangen sie an zu stinken. Bleib also nicht zu lange.“

Ich entschied auf vier Tage.

Helga lebt in einem winzigen Haus in einem kleinen Dorf in der Pfalz. Das Häuschen erweist sich als Materie gewordener Traum von Fülle, als kleines Schlaraffenland. Ihre Wohnung quillt über von Bildern in wärmenden Orange- und Gelbtönen. Kaum hat man sich hingesetzt, streichen einem zwei schnurrende Kater um die Füsse. Helgas Kühlschrank ist zum Bersten voll. Da gibt’s pfälzische Wurstspezialitäten, Käse (den sie mich bringen hiess), Sahne und Kürbissuppe, Pumpernickel, so viel Salat, man könnte ein Silo damit füllen, Pumpernickel und Serrano-Schinken, und überall auf den Tischen liegt Schokolade, für das grosse Fest am Samstag.

Das gewaltigste aber ist Helgas Bibliothek. Sie hortet in ihrem Häuschen einen Bücherschatz, der eine mittelgrosse Gemeindebibliothek füllen würde – wobei ihre Interessen von der deutschen Klassik über Jane Austen via Harry Potter bis hin zu Robert Schneiders neuem Roman reichen. Und im Esszimmer prangt eine Wand mit Kunstbänden. Etwas Klimt zum Frühstück? Kein Problem. Oder doch lieber Schweizer Frühbarock oder Wiener Secession? Nur zu. Und sonst gibt’s immer noch die Wände mit Philosophie und Weltgeschichte im ersten Stock. Und abends zückt sie eine DVD aus einem der drei Koffern in der grossen, alten Bauernkommode in der Stube

A propos alte Bauernmöbel… nein, das spare ich mir. Auch davon hat Helga jede Menge. Und Porzellan.

Ich lasse es mir gutgehen bei Helga.

Am Samstag kommen ihre Freunde. Sie hat wunderbare Freunde, kennt sie alle seit 20 Jahren. Wir lassen es uns alle gutgehen.

Aber schon am Montag wird klar: Helga selber geht es nicht so gut. Mit ihrer Jobsituation steht es nicht zum besten. Aber sie will nicht drüber reden. Sie ist noch fülliger als vor einem Jahr. Und vor ein paar Monaten hatte sie eine schwere Operation.

Am Montag Abend schliesslich lässt sie mich mit ihren Büchern, den DVDs und einem immer noch vollen Kühlschrank allein. Sie ist erkältet und kann nicht mehr sprechen. Mir machen DVDs und Bücher plötzlich weniger Spass als auch schon.

Heute Mittag hat sie mich zum Bahnhof in Mannheim gefahren. Es gab einen kurzen, geflüsterten Abschied.

Jetzt habe ich ein schlechtes Gewissen. Bin ich doch zu lange geblieben? Habe ich genervt? Habe ich etwas falsch gemacht? Ich weiss es nicht. Und ich glaube nicht, dass sie es zugegeben hätte, wenn ich gefragt hätte.

25
Okt
2007

Gute Ratschläge

Meine Wunderdoktorin glaubt, dass mein Ohrenleiden irgendwas mit meiner Niere zu tun hat. Sie gab mir als erstes ein paar gute Ratschläge mit auf dem Weg.
Zum Beispiel:
- „Essen sie salzig, das ist gut für die Niere!“
- „Und, oh, ihre Kleider! Sie sollten nicht schwarz tragen. Tragen Sie blau!“

Dann schickte sie mich zu einer ihrer Akupunkteurinnen namens Bing. Frau Bing kann nicht gut Deutsch, aber sie steckt mir zweimal wöchentlich das Gesicht und die Hände voller Nadeln und gibt mir dabei jedes Mal ein paar weitere gute Ratschläge mit auf den Weg:
- „Trinken Sie viel. Oh, nein, nicht kalt Wasser. Kalt Wasser schlecht für Niere. Trinken Sie heiss Wasser! Tee! Jasmin-Tee!“
- „Ziehen Sie Hut an, jetzt ist so kalt!“
- „Reiben Sie morgens und abends Ohren: So!“
- "Sie nicht so viel denken!"

Also kaufte ich mir einen scheusslichen, taubenblauen Filzhut (für eine neue Gesamtgarderobe reicht es nicht, ich brauche Geld für die Akupunktur!) und rieb mir die Ohren, wenn ich ihn gerade nicht trug. Und weil ich Jasmintee nicht mag, begann ich, jeden Tag einen Liter heisses Wasser zu trinken. Ohne gar nichts. Bizarr? Ach wo. Kaltes Wasser trinkt man ja auch ohne gar nichts. Ausserdem frönte ich genüsslich meiner Vorliebe für Parmesan und Sbrinz. Doch es half alles nichts.

Letztes Mal sagte Frau Bing dann: „Sie aufpassen bei Haare waschen! Dass kein Wasser in Ohr kommt!“

Ehrlich, da wollte ich die Sache aufstecken. Ich meine: Wenn nicht mal meine Akupunkteurin begreift, dass ich meine Probleme nicht im Gehörgang, sondern im Innenohr habe…

Aber genau nach jener Stunde begann es mir merklich besser zu gehen!
So viel besser, dass sich sogar das Vieh ein wenig beruhigt hat.

Jetzt mache ich doch weiter!
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