5
Sep
2007

Hörsturz

Ich wache auf. Mein Kopf donnert. Die Heizung (sie läuft, es ist ja kalt) klingt nicht wie eine Heizung, sondern wie ein fernes Ambulanzfahrzeug. In der Küche höre ich nur noch das Gummientenquietschen unseres Kühlschranks, nicht aber sein Chefbeamtenbrummen - dieses Brummen, das mir sonst immer ein Gefühl von Aufgehobensein in einer geordneten Welt gibt. Überhaupt: Nichts klingt, wie es sollte.

Ich gehe zum Ohrenarzt. "Ja", sagt er, "Ihre Einschätzung ist richtig. Ihr Hörverlust im Tieftonbereich auf beiden Ohren ist krankhaft."

"Was ist es?" frage ich.

"Ich weiss es nicht", sagt der Arzt.

Ich bekomme Cortison.

Schon wieder.

Fuck!

31
Aug
2007

42

"Mit dem Alter werden die meisten eine Parodie ihrer selbst, damit muss man leben. Und wer nicht als Parodie seiner selbst enden will, muss sterben. Möglichst früh... so mit vierzig wird es langsam Zeit", Taki Theodoracopulos, 71, im TagiMagi33/2007, S. 62

"You're over forty and you still haven't won friends or influenced people? You're still the poor dad not the rich dad? Well, I hate to break it to you, but it ain't gonna happen." (Ms Brewster in Marisha Pessl: "Special Topics in Calamity Physics", Penguin 2007, p.540)



Und zum Schluss noch einen von Hunter S. Thompson's "Hells Angels":



"Most Angels... know that very few of the toads in this world are Charming Princes in disguise. The others are simply toads. And no matter how many magic maidens they kiss or rape, they are going to stay that way." (Penguin Classics 2003, p.267).

Na prima.

23
Aug
2007

Kussbereit

Es muss hier einmal gesagt sein, damit Ihr überhaupt versteht, wer ich bin. Ich bin 42 und will mein Leben im wesentlichen mit Schreiben verbringen (und gelesen werden). In den letzten zwölf Jahren hat das auch ganz gut geklappt. Kürzlich aber hat meine Karriere als Journalistin einen Knick gemacht, dessen Tiefe ich noch nicht recht einschätzen kann. Vielleicht wars nicht mal einer. Tatsache ist: Es könnte schlimmer sein. Es hätte ein totaler Absturz draus werden können.

Tatsache ist aber auch: Von Berufes wegen schreibe ich kaum noch. Von Berufes wegen bin ich jetzt richtig zur Fröschin geworden.

Aber das kann es noch nicht gewesen sein. Ich bin bereit etwas Neues. Kussbereit.

16
Aug
2007

Elvis, mein erster Schwarm

Wisst Ihr jungen Leute eigentlich noch, was ein «Schwarm» ist? Das Wort stammt aus dem Vokabular von Mutter Frogg, genau wie das Wort «Verehrer». Und, kurz gesagt, ein Schwarm war jemand, den man verehrte. An so etwas wie Sex dachte man dabei nicht mal. Das war die reine Begeisterung für ein helles Licht in grosser Ferne. Und wenn es doch so gewesen wäre, dann hätte man es selber nicht gewusst. Alles klar?

Als Elvis starb, war ich 12. Damals wurden plötzlich alle seine Songs ständig im Radio gespielt und seine Filme im Fernsehen gezeigt. Und so geschah es. Elvis wurde mein erster Schwarm. (Naja, vorher war Felix mit den Sommersprossen von der sechsten Klasse gewesen, aber das war doch etwas ganz anderes).

Auch Mutter Frogg entwickelte zu jener Zeit eine Schwärmerei für Elvis. Das mag Euch überraschen. Schliesslich war Mutter Frogg 16, als Elvis 1958 gross wurde. Sie hätte damals für Elvis schwärmen können. Damals aber verpasste sie Elvis, denn meine Mutter verbrachte ihre Teenagerjahre im Tal M., in der Provinz hinter der Provinz, dazu noch stockkatholisch. Sie bekam den Rock ‚n’ Roll nur in homöopathischen Dosen, verabreicht von Peter Kraus. Das war dem Tal M. rebellisch genug.

Also, jedenfalls kaufte meine Mutter anno 1977 eine «Elvis – Greatest Hits»-Platte, zu deren Songs ich in einem erdbeerfarbenen Morgenrock tanzte, den mir meine Mutter genäht hatte. Noch heute werde ich schwach, wenn ich «Mystery Train» höre. Und wenn Elvis-Filme am Fernsehen kamen, dann durfte ich abends länger aufbleiben.

Naja, ewig dauert die Schwärmerei nicht. Irgendwann verliebten meine Freundin Carolina und ich uns in die Beatles – ich fand John Lennon schnüge, sie in Paul McCartney. Als John Lennon 1981 erschossen wurde, waren wir geschockt. Immerhin aber befriedigte danach «Bravo» wochenlang unsere Nachfrage nach Beatles-Bildern.

Es ging dann noch ein Weilchen, bis echte Männer ins Spiel kamen.

Die Sache mit Elvis aber war irgendwann vergessen – Kinderei. Aber heute Abend werde ich aufbleiben und mir den Elvis-Themenabend auf arte ansehen.

14
Aug
2007

Vater aller Selbstdarsteller

Im Moment lese ich Augustinus „Bekenntnisse“. Das ist gerade für eine Bloggerin keine abwegige Lektüre. Schliesslich ist Augustinus meines Wissens der Erste, der sich schriftlich in öffentlicher Selbstdarstellung geübt hat (auch wenn diese selbstredend einem höheren Zweck diente). Ehrlich gesagt interessieren mich dabei Augustinus‘ Berichte über seine legendären jugendlichen Ausschweifungen etwas mehr als seine sich über Seiten hinwegziehenden Lobpreisungen Gottes (auch wenn diese sehr lyrisch sind).



Am Anfang des Buches sind die Schilderungen von Ausschweifungen aber eher dünn gesät. Deshalb wollte ich das Buch schon weglegen, als mir an dieser Stelle der Atem stockte: „Ich will Dich lieben, Herr, … dass Du mir so viel Böses und Ruchloses, das ich getan habe, vergeben hast. Deiner Erbarmung rechne ich es zu, dass Du meine Sünden wie Eis weggeschmolzen hast.“ (S. 89)

Ich fragte mich: Wie kann er da so sicher sein? Ich meine: Das kann man doch gar nicht wissen, ob einem seine Sünden vergeben sind. Das wissen nur Katholiken nach der Beichte. Nun ja, vielleicht gab es die Beichte im 5. Jahrhundert schon.
Aber so viel ich weiss, wird auch Katholiken bei der Beichte ein gewisses urmenschliches Unbehagen darüber nicht genommen, dass sie überhaupt am Leben sind. Ein Unbehagen, das Augustinus nicht gehabt zuhaben scheint. Oder täusche ich mich? Sollte ich hier einen theologisch gebildeten Leser finden, dann bitte ich ihn, mir diese Fragen zu beantworten. Dringend.

(Augustinus: "Bekenntnisse", Insel Verlag 1987)
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