5
Jan
2011

Im Café Sarajevo

Glaubt mir: Das Café Sarajevo steht nicht in einer einladenden Gegend. An der Strasse gibt es zwar mindestens fünf Gaststätten. Doch an jeder einzelnen hängt an diesem ungastlichen Winter-Nachmittag ein riesiges Schild mit der Aufschrift: "Achtung, nicht betreten! Wahrscheinlich gefährlich!" Oder so fühlt es sich jedenfalls an.

Ich hoffte, das Café Sarajevo wäre geschlossen. Dann hätte ich mein Versprechen nicht halten müssen. Aber das Lokal war geöffnet. Es gab kein Zurück.

Unter Aufbietung meines ganzen Mutes drückte ich auf die Türklinke. Ich betrat ein Lokal aus lauter hellem Holz. Sauber. Freundlich. Wenig Schnickschnack. Einfach eine Cevapcici-Bude. An einem Tisch sass ein einziger Gast reglos wie eine Wachsfigur.

Eine zierliche Frau stand am Tresen. Sie war noch jung. Aber sie sah aus, als hätte das Leben ihr schon allerhand Unannehmlichkeiten zugefügt. Doch als sie mich anlächelte, ahnte ich: Hier würde ich mich vielleicht doch noch wohl fühlen. Es war ein Lächeln wie man es in der Türkei häufig sieht. Ein Lächeln, für das mir nur ein Adjektiv einfällt: leuchtend. Ja, ich glaube, das ist der Unterschied zwischen einem Lächeln im Westen und einem Lächeln im Osten: Im Okzident strahlen die Leute. Im Orient leuchten sie.

Ich wollte nur eine Tasse Tee zum Aufwärmen. Wir radebrechten. Sie konnte nicht gut Deutsch. Sie sah, dass ich unsicher war. Da tat sie etwas, was ein Schweizer in einer Fast Food-Bude nie tun würde: Sie kam hinter dem Tresen hervor, berührte mich einen Moment zart am Arm und zeigte mir den Weg zu einem Tischchen.

Es war direkt beim Fernseher. Dieser Sender lief:

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