Sonntag. Familienfest im Säli, irgendwo in einer tief verschneiten Landschaft.
Die Erwachsenen reden über komisches Zeug. Von einer Bank. Von einer Bank mit einem Geheimnis. Ernst reden sie, und nicht einmal der Papa scheint diesmal zu wissen, wie man die Sache mit der Bank und dem Geheimnis in Ordnung bringen könnte. Und die Tante auch nicht. Obwohl die beiden doch sonst immer alles wissen, wenn sie zusammensitzen und reden.
Aber sonst ist die Welt in Ordnung.
Carina (3) zeichnet eine Sonne. Ein Rundumeli mit Strichen.
"Das ist eine Sonne", sagt sie zur Tante, "Aber, gell, Tante: Eigentlich sieht diese Sonne doch aus wie eine Spinne."
"Eine Spinne? Naja, ein bisschen schon mit so vielen Strahlen", sagt die Tante.
"Nein, nein, das ist keine Spinne!" ruft Herr T. der Tante über die Schulter. "Da sind ja viel zu viele Beine dran. Das ist ein Tausendfüssler!"
"Ach was!" sagt die Tante. "Tausendfüssler sind doch nicht so rund!" Jetzt zeichnet sie einen Tausendfüssler.
Ungefähr so (naja, nicht ganz so schön):
(Quelle: www.prepolino.ch)
Aber mit fast so vielen Beinen. "Hast Du schon mal so einen gesehen?" fragt die Tante.
"In Zürich gibt es so einen", sagt Carina. In Zürich hat sie früher gewohnt. Jetzt nicht mehr. Aber in Zürich gibt es alles. Auch Tausendfüssler.
Carina zeichnet dann auch einen Tausendfüssler. Und weil er vorne so gross gerät, zeichnet sie ihm auch noch ein Gesicht.
"Das sind die Augen. Und das ist der Mund. Und hier hat er einen riesigen Nasenböögg*!" sagt sie vergnügt.
"Einen Nasenböögg?! Nein, nein!" ruft die Tante empört, "Tausendfüssler haben nie Nasenbööggen! Und wenn sie doch einmal einen haben, dann kommt Mama Tausendfüssler und gramselt ihnen mit allen tausend Beinen im Gesicht herum. Weisst Du, wie das den kleinen Tausendfüsslern verleidet, wenn ihnen jemand mit tausend Füssen im Gesicht herumgramselt?! Die haben nachher das ganze Leben lang nie mehr einen!"
Dazu kitzelt sie Carina ein bisschen unter der Nase herum. Carina kichert, wischt die Hände der Tante weg und zeichnet ihrem Tausendfüssler gleich noch einen Böögg ins Gesicht.
* Popel