Über Betty Bossi
In den achtziger Jahren ging ein alter Strassenmusiker namens Paul in unserer WG aus und ein. Wenn es etwas Rechtes zu Essen gab, faltete er am Tisch die Hände und sagte: «Thank you, Betty Bossi.» Paul war Engländer, aber er hatte das Wesen der Schweizer Küche begriffen wie kein zweiter.
Betty Bossi war eine Firma, die Kochbücher publizierte. Doch für alle Hausfrauen und Hobbyköche und selbst für die WG-Bewohner der Schweiz war Betty Bossi damals unentbehrlich. So unentbehrlich wie für die Rüebli auf dem Felde der Regen und der Sonnenschein.
Dazu passte: Viele Leute glaubten, Betty Bossi sei eine wirkliche Person.
Ihre Kochbücher wurden wohl deshalb so beliebt, weil sie für unsere Mütter die preiswerte Erlösung vom Kochschulmief der fünfziger Jahre waren. Denn in den Schulkochbüchern unserer Mütter gab es nichts als schwarzweisse Zeichnungen, Rindfleisch-im-Saft-Sparsamkeit und Fettflecken. Noch für meine Kochlehrerin war selbstgemachte Mayonnaise das höchste der Gefühle. Einfach, weil das französisch klang. Alle Rezepte in Betty Bossis Büchern aber war alles bunt und «gluschtig».
Betty Bossi aber war nicht nur gluschtig. Sie hatte für jeden Geschmack und jede Lebenslage etwas: Käseschnitte spezial oder Kalbsfilet im Teig; Ratatouille oder Randensalat, Linzertorte oder Tiramisu (das damals gerade in Mode kam). So kam es, dass bald alle Schweizer Haushalte Kochbücher von Betty Bossi besassen. Nicht alle dieselben. Aber alle mindestens eines.
In der Schweiz herrschte der Monotheismus von Betty Bossi.
Bücher aus dem Ausland kaufte man ja nicht. Die enthielten Fehler, dass wusste man. Mit Büchern aus dem Ausland wurde die Mousse zu flüssig und den Tortenboden zu staubig. Betty Bossi-Bücher aber waren Schweizer Bücher und enthielten keine Fehler.
Ja, das war eine goldene Zeit.
Aber sie ist vorbei. Heute kann man mit Kochbüchern allein keine rechten Geschäfte mehr machen. Hat ja niemand mehr Zeit zum Kochen.
Das merkte auch Betty Bossi. Recht früh sogar. Ohne Krise.
Heute macht sie vor allem Convenience Food. Pizza und Salate. «Ziemlich teuren convenience food», findet die Frogg.
Herr T. aber sagt: «Betty Bossi macht den besten Convenience Food.»
Er hat sich noch nie gerne von den Göttinnen der Vergangenheit getrennt.
*«gluschtig»: schweizerdeutsch, Adj., hauptsächlich für Essen, etwa: «Lust erweckend»
Betty Bossi war eine Firma, die Kochbücher publizierte. Doch für alle Hausfrauen und Hobbyköche und selbst für die WG-Bewohner der Schweiz war Betty Bossi damals unentbehrlich. So unentbehrlich wie für die Rüebli auf dem Felde der Regen und der Sonnenschein.
Dazu passte: Viele Leute glaubten, Betty Bossi sei eine wirkliche Person.
Ihre Kochbücher wurden wohl deshalb so beliebt, weil sie für unsere Mütter die preiswerte Erlösung vom Kochschulmief der fünfziger Jahre waren. Denn in den Schulkochbüchern unserer Mütter gab es nichts als schwarzweisse Zeichnungen, Rindfleisch-im-Saft-Sparsamkeit und Fettflecken. Noch für meine Kochlehrerin war selbstgemachte Mayonnaise das höchste der Gefühle. Einfach, weil das französisch klang. Alle Rezepte in Betty Bossis Büchern aber war alles bunt und «gluschtig».
Betty Bossi aber war nicht nur gluschtig. Sie hatte für jeden Geschmack und jede Lebenslage etwas: Käseschnitte spezial oder Kalbsfilet im Teig; Ratatouille oder Randensalat, Linzertorte oder Tiramisu (das damals gerade in Mode kam). So kam es, dass bald alle Schweizer Haushalte Kochbücher von Betty Bossi besassen. Nicht alle dieselben. Aber alle mindestens eines.
In der Schweiz herrschte der Monotheismus von Betty Bossi.
Bücher aus dem Ausland kaufte man ja nicht. Die enthielten Fehler, dass wusste man. Mit Büchern aus dem Ausland wurde die Mousse zu flüssig und den Tortenboden zu staubig. Betty Bossi-Bücher aber waren Schweizer Bücher und enthielten keine Fehler.
Ja, das war eine goldene Zeit.
Aber sie ist vorbei. Heute kann man mit Kochbüchern allein keine rechten Geschäfte mehr machen. Hat ja niemand mehr Zeit zum Kochen.
Das merkte auch Betty Bossi. Recht früh sogar. Ohne Krise.
Heute macht sie vor allem Convenience Food. Pizza und Salate. «Ziemlich teuren convenience food», findet die Frogg.
Herr T. aber sagt: «Betty Bossi macht den besten Convenience Food.»
Er hat sich noch nie gerne von den Göttinnen der Vergangenheit getrennt.
*«gluschtig»: schweizerdeutsch, Adj., hauptsächlich für Essen, etwa: «Lust erweckend»
diefrogg - 9. Jan, 00:28
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