Staubsager-Beutel und so weiter
Zunächst sah die Geschichte ganz einfach aus. Eine Geschichte über Staubsauger-Beutel. Das Szenario schwebte mir schon vor, als ich heute früh in die Stadt aufbrach: Ich werde neue Staubsauger-Beutel zu kaufen versuchen. Mein einst beträchtlicher Vorrat ist fast aufgebraucht. Aber mein Staubsauger ist mindestens 15 Jahre alt, und das Modell wird längst nicht mehr hergestellt. Ergo werden auch die richtigen Staubsauger-Beutel nicht mehr fabriziert. Ich werde also also einen neuen Staubsauger kaufen müssen, sonst kann ich bald nicht mehr staubsaugen.
Eine Story über Konsumzwänge. Über die immer unsinnigere Materialschlacht, an der wir alle teilnehmen müssen. Etwas altmodisch. Vorhersehbar. Ich hätte sie gar nicht aufgeschrieben, wenn sie tatsächlich so passiert wäre. Aber es kam dann anders:
Ich gehe also in die Stadt und betrete den Fröscher Globus. Aus diesem Warenhaus stammt der mein Staubsauger. Denn das Gerät habe ich damals von Mutter Frogg geschenkt bekommen. Und lange Zeit war Globus das Warenhaus von Mutter und Vater Frogg's Wahl. Damals konnten sich die Froggs einkaufen im Globus auch noch leisten. Denn damals war der Globus zu Frösch noch ein Jelmoli und die Preise des Hauses für Mittelstandsfamilien erschwinglich.
Globus aber baut das Haus alle paare Jahre um. Mit Beträgen, für die die Stadt Frösch ein mittelgrosses Schulhaus sanieren könnte (was die SVP dann immer noch zu teuer finden würde). Die Preise für das gediegene Interieur schlagen aber auf die Preise der Ware im Globus. Klar. Was zur Folge hat, dass selbst Mutter Frogg dort allenfalls noch Parfüms kauft. Tochter Frogg aber ganz sicher nur noch Staubsaugerbeutel. Und, äh, eine Packung Seitenbacher-Müesli, Fr. 6.95, naja, wenn ich eh schon dort bin...
Item. Die Abteilung Haushalt, heisst es, sei im 4. Stock. Ich also die Rolltreppen hoch. Der 4. Stock aber ist eine Boutique und schimmert in Orange und Gelb. «Hier gibt es garantiert keine Staubsaugerbeutel», wispert Philemon. «Hier gibt's nur noch Luxusartikel wie Kerzen, Servietten und Badesalze ab 25 Franken, glaub mir. Die Globus-Kundin ist schliesslich betriebswirtschaftlich durchorganisiert. Sie schreibt ihren Staubsauger in fünf Jahren ab und kauft dann im Designerladen das neueste Modell.»
Die Verkäuferin im 4. Stock aber lächelt und sagt: «Versuchen sie es doch im 3. Stock. Einfach die Rolltreppe runter und geradeaus. Dort gibt es Staubsauger-Beutel.»
Und die Verkäuferin im 3. Stock lächelt und sagt: «Ach den Propair hier, ja, den haben wir, glaube ich. Einen Moment bitte.»
Da wartet die Frogg und spult sofort ein neues Szenario herunter: «Die sind hier bestimmt wie damals Bally war! Die Schweizer Luxus-Schuhfirma. Die fast Konkurs ging und dann an irgendwelche Texaner verkauft wurde. Die Nation trauerte, weisst Du noch? Dann stellte sich heraus, dass Bally ein Lager gehabt hatte mit Hunderten von fertigen Schuhmodellen in hunderten von verschiedenen Grössen. Damit jeder Luxusfuss sein Luxusmodell in kürzester Zeit haben konnte. Exorbitante Lagerkosten. Darum waren die Schuhe so teuer. Vielleicht ist Globus auch so. Vielleicht horten die 27 Sorten Staubsaugerbeutel irgendwo an einer Autobahn, in einer riesigen Wellblechhütte. Und wenn eine Sorte ausgeht, wird sie von Hand neu gemacht, weil es die richtigen Maschinen nicht mehr gibt. Eines Tages wird....»
«Philemon!» sage ich streng, denn jetzt kommt die Verkäuferin mit Staubsauger-Beuteln. Es sind die Richtigen! Die Verkäuferin sagt: «Ja, wir haben sie noch. Aber ich weiss nicht, wie lange noch.»
Was macht da die gute Philemon? Kauft sie einen Staubsauger-Beutel-Vorrat, der bis ins Jahr 2025 reichen wird? Natürlich nicht. Daran denkt sie nicht im Traum. Und träumen tut sie schon, als sie zahlt und geht. Sie geht Frage nach, wo überhaupt all diese Geschichten in ihrem Kopf herkommen. Diese Szenarien. Der Frage, welche Geschichten zu erzählen sich überhaupt lohnt. Und wenn ja, warum.
Weil mich die Frage immer noch beschäftigt, habe ich diese Geschichte überhaupt geschrieben. Obwohl ich heute gar nicht schreiben wollte. Aber ich kanns nun mal nicht lassen.
Eine Story über Konsumzwänge. Über die immer unsinnigere Materialschlacht, an der wir alle teilnehmen müssen. Etwas altmodisch. Vorhersehbar. Ich hätte sie gar nicht aufgeschrieben, wenn sie tatsächlich so passiert wäre. Aber es kam dann anders:
Ich gehe also in die Stadt und betrete den Fröscher Globus. Aus diesem Warenhaus stammt der mein Staubsauger. Denn das Gerät habe ich damals von Mutter Frogg geschenkt bekommen. Und lange Zeit war Globus das Warenhaus von Mutter und Vater Frogg's Wahl. Damals konnten sich die Froggs einkaufen im Globus auch noch leisten. Denn damals war der Globus zu Frösch noch ein Jelmoli und die Preise des Hauses für Mittelstandsfamilien erschwinglich.
Globus aber baut das Haus alle paare Jahre um. Mit Beträgen, für die die Stadt Frösch ein mittelgrosses Schulhaus sanieren könnte (was die SVP dann immer noch zu teuer finden würde). Die Preise für das gediegene Interieur schlagen aber auf die Preise der Ware im Globus. Klar. Was zur Folge hat, dass selbst Mutter Frogg dort allenfalls noch Parfüms kauft. Tochter Frogg aber ganz sicher nur noch Staubsaugerbeutel. Und, äh, eine Packung Seitenbacher-Müesli, Fr. 6.95, naja, wenn ich eh schon dort bin...
Item. Die Abteilung Haushalt, heisst es, sei im 4. Stock. Ich also die Rolltreppen hoch. Der 4. Stock aber ist eine Boutique und schimmert in Orange und Gelb. «Hier gibt es garantiert keine Staubsaugerbeutel», wispert Philemon. «Hier gibt's nur noch Luxusartikel wie Kerzen, Servietten und Badesalze ab 25 Franken, glaub mir. Die Globus-Kundin ist schliesslich betriebswirtschaftlich durchorganisiert. Sie schreibt ihren Staubsauger in fünf Jahren ab und kauft dann im Designerladen das neueste Modell.»
Die Verkäuferin im 4. Stock aber lächelt und sagt: «Versuchen sie es doch im 3. Stock. Einfach die Rolltreppe runter und geradeaus. Dort gibt es Staubsauger-Beutel.»
Und die Verkäuferin im 3. Stock lächelt und sagt: «Ach den Propair hier, ja, den haben wir, glaube ich. Einen Moment bitte.»
Da wartet die Frogg und spult sofort ein neues Szenario herunter: «Die sind hier bestimmt wie damals Bally war! Die Schweizer Luxus-Schuhfirma. Die fast Konkurs ging und dann an irgendwelche Texaner verkauft wurde. Die Nation trauerte, weisst Du noch? Dann stellte sich heraus, dass Bally ein Lager gehabt hatte mit Hunderten von fertigen Schuhmodellen in hunderten von verschiedenen Grössen. Damit jeder Luxusfuss sein Luxusmodell in kürzester Zeit haben konnte. Exorbitante Lagerkosten. Darum waren die Schuhe so teuer. Vielleicht ist Globus auch so. Vielleicht horten die 27 Sorten Staubsaugerbeutel irgendwo an einer Autobahn, in einer riesigen Wellblechhütte. Und wenn eine Sorte ausgeht, wird sie von Hand neu gemacht, weil es die richtigen Maschinen nicht mehr gibt. Eines Tages wird....»
«Philemon!» sage ich streng, denn jetzt kommt die Verkäuferin mit Staubsauger-Beuteln. Es sind die Richtigen! Die Verkäuferin sagt: «Ja, wir haben sie noch. Aber ich weiss nicht, wie lange noch.»
Was macht da die gute Philemon? Kauft sie einen Staubsauger-Beutel-Vorrat, der bis ins Jahr 2025 reichen wird? Natürlich nicht. Daran denkt sie nicht im Traum. Und träumen tut sie schon, als sie zahlt und geht. Sie geht Frage nach, wo überhaupt all diese Geschichten in ihrem Kopf herkommen. Diese Szenarien. Der Frage, welche Geschichten zu erzählen sich überhaupt lohnt. Und wenn ja, warum.
Weil mich die Frage immer noch beschäftigt, habe ich diese Geschichte überhaupt geschrieben. Obwohl ich heute gar nicht schreiben wollte. Aber ich kanns nun mal nicht lassen.
diefrogg - 12. Dez, 12:14
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