Wo die Bonzen wohnen
Kürzlich hörte ich eine Lehrerin von Eich erzählen. Sie habe dort einmal unterrichtet, sagte sie. "Die Kinder an dieser Schule hatten ganz merkwürdige Probleme. Ich habe sie - und die Eltern - nie ganz verstanden." Sie blieb vage, aber es war klar: Sie meinte die Probleme reicher Kinder und reicher Eltern. Denn Eich liegt an einer Goldküste unseres Kantons. Das ist Eich:
Zugegeben: Ein Immobilienmakler hätte sich einen sonnigeren Tag ausgesucht. Aber ich hatte wieder einmal eine Gelegenheit, meine Wanderung nach Norden fortzusetzen. Ein paar Regentröpfchen sollten mich nicht abschrecken.
Statt mit Prachts-Aussicht auf den Alpenkamm empfing mich Eich weich in graue Watte verpackt. Aber selbst bei diesem Wetter glaubt man gerne, dass Eich - schön am Sempachersee gelegen - schon immer eine attraktive Wohnlage gewesen ist. Schon 600 vor Christus hat es hier eine Villa gegeben, verkündet eine Tafel bei der Bushaltestelle Dorfladen stolz. Natürlich, es war eine römische Villa, also eigentlich ein grosser Gutshof.
Heute ist eine Villa ja dazu da, den hohen Status ihres Besitzers zur Schau zu stellen. Nur gibt es dabei einen Zielkonflikt: Aussenstehende sollen nicht sehen, dass der Besitzer einer Villa reich ist - das könnte ja Einbrecher anlocken. Deshalb gelangt die Kunst des Heckenschneidens in Eich zur Hochblüte. Dieses Haus etwa ist für Eicher Verhältnisse geradezu leutselig:
Das Einkommen des Besitzers muss für dortige Verhältnisse im unteren Mittel liegen, oder der Besitzer hat eine Neigung zum Tiefstapeln. Auch dieser Vorgarten sagt viel über seine Besitzer:
Der Löwe deutet daraufhin, dass es der Eigentümer im regionalen Gewerbe zu Geld gebracht hat. Geld, das er gerne zur Schau stellt. Und weil er keine akademische Bildung hat - oder höchstens Betriebswirt ist - mag er populärklassizistischen Kitsch. Wer es zu einem akademischen Titel und internationalem Flair gebracht hat, besitzt einen eher asketischen Steingarten - mit Buchsbaum-Kugelhecken. Das müsst ihr mir jetzt einfach glauben, obwohl ich es hier nicht fotografisch beweisen kann.
Eins ist sicher: Wenn ich in Eich wohnen würde, würde ich die Semiotik des Vorgartens erfinden.
Aber ich wohne nicht in Eich. Ich verliess das Dorf auf der alten Römerstrasse und picknickte am Wegrand im Schutz einer Hecke. Das lokale Restaurant schien mir zu vornehm für Landstreicherinnen.
Zugegeben: Ein Immobilienmakler hätte sich einen sonnigeren Tag ausgesucht. Aber ich hatte wieder einmal eine Gelegenheit, meine Wanderung nach Norden fortzusetzen. Ein paar Regentröpfchen sollten mich nicht abschrecken.
Statt mit Prachts-Aussicht auf den Alpenkamm empfing mich Eich weich in graue Watte verpackt. Aber selbst bei diesem Wetter glaubt man gerne, dass Eich - schön am Sempachersee gelegen - schon immer eine attraktive Wohnlage gewesen ist. Schon 600 vor Christus hat es hier eine Villa gegeben, verkündet eine Tafel bei der Bushaltestelle Dorfladen stolz. Natürlich, es war eine römische Villa, also eigentlich ein grosser Gutshof.
Heute ist eine Villa ja dazu da, den hohen Status ihres Besitzers zur Schau zu stellen. Nur gibt es dabei einen Zielkonflikt: Aussenstehende sollen nicht sehen, dass der Besitzer einer Villa reich ist - das könnte ja Einbrecher anlocken. Deshalb gelangt die Kunst des Heckenschneidens in Eich zur Hochblüte. Dieses Haus etwa ist für Eicher Verhältnisse geradezu leutselig:
Das Einkommen des Besitzers muss für dortige Verhältnisse im unteren Mittel liegen, oder der Besitzer hat eine Neigung zum Tiefstapeln. Auch dieser Vorgarten sagt viel über seine Besitzer:
Der Löwe deutet daraufhin, dass es der Eigentümer im regionalen Gewerbe zu Geld gebracht hat. Geld, das er gerne zur Schau stellt. Und weil er keine akademische Bildung hat - oder höchstens Betriebswirt ist - mag er populärklassizistischen Kitsch. Wer es zu einem akademischen Titel und internationalem Flair gebracht hat, besitzt einen eher asketischen Steingarten - mit Buchsbaum-Kugelhecken. Das müsst ihr mir jetzt einfach glauben, obwohl ich es hier nicht fotografisch beweisen kann.
Eins ist sicher: Wenn ich in Eich wohnen würde, würde ich die Semiotik des Vorgartens erfinden.
Aber ich wohne nicht in Eich. Ich verliess das Dorf auf der alten Römerstrasse und picknickte am Wegrand im Schutz einer Hecke. Das lokale Restaurant schien mir zu vornehm für Landstreicherinnen.
diefrogg - 23. Mai, 19:11
8 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
acqua - 30. Mai, 13:37
"...oder höchstens Betriebswirt..." :-)
diefrogg - 31. Mai, 12:09
Ich hoffe,
die zahlreichen Betriebswirte unter meinen Lesern verstehen die Ironie dieser Aussage - selbstverständlich zählt im Leben nur das, was man aus seiner Ausbildung macht ;)
seifenblasenpusterin - 30. Mai, 14:20
Zeige mir deinen Vorgarten und ich sage dir, wer du bist... das lässt sich durchaus wissenschaftlich beleuchten und ist ein höchst interessantes Thema ;)
diefrogg - 31. Mai, 12:10
Ja, nicht?
Zum Glück habe ich selber keinen... Bei mir haben schon Zimmerpflanzen einen schweren Stand. Ich bin fürs Gärtnern einfach zu faul. Dafür lästere ich gern über die Gärten anderer...
walküre - 1. Jun, 11:36
Ähnliches findet sich auch in der Umgebung von Wien, besonders im 19. Bezirk (Döbling); mein Mann und ich bezeichnen solche Gegenden beim Durchfahren gerne ironisch als "Slums", treffender wäre aber vermutlich der Begriff "Ghetto" ...
Was den Löwen angeht, so habe ich die feste Absicht, in meinem eigenen Garten (den ich in absehbarer Zeit sicher wieder haben werde) tatsächlich eine Löwenstatue zu platzieren, allerdings nicht im Vorgarten, sondern in der Nähe meines Freiluftleseplatzes, und zwar eine wirklich schön gearbeitete Skulptur. Nur eine einzige Statue, nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, und nur ein Löwe kommt in Frage. Diese Prägung liegt vielleicht daran, dass sich hierzulande in diversen Schlossparks häufig Löwenstatuen aufhalten und ich diese immer schon als Augenweide empfunden habe.
Was den Löwen angeht, so habe ich die feste Absicht, in meinem eigenen Garten (den ich in absehbarer Zeit sicher wieder haben werde) tatsächlich eine Löwenstatue zu platzieren, allerdings nicht im Vorgarten, sondern in der Nähe meines Freiluftleseplatzes, und zwar eine wirklich schön gearbeitete Skulptur. Nur eine einzige Statue, nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, und nur ein Löwe kommt in Frage. Diese Prägung liegt vielleicht daran, dass sich hierzulande in diversen Schlossparks häufig Löwenstatuen aufhalten und ich diese immer schon als Augenweide empfunden habe.
diefrogg - 1. Jun, 18:59
Oh ja,
Bei näherer Betrachtung kann ich die Vorliebe für Löwenstatuen allmählich doch etwas besser verstehen. Er ist doch ein Symbol für Kraft, Wärme und Schutz. Allerdings muss man anmerken, dass das hier abgebildete Exemplar wahrscheinlich in jedem mittelgrossen Gartencenter der Schweiz erhältlich ist - weshalb ich es recht spontan - und etwas boshaft - als Kitsch klassifiziert habe. Originell am abgebildeten Stück ist allenfalls, dass es schon recht verwittert ist - was man zugegebenermassen wegen der leichten Unschärfe des Bildes nicht sieht.
books and more - 1. Jun, 11:47
Ich habe zwar ein mehr schlecht denn recht als Sportblog getarntes Psychoblog, aber wahre doch meine Undurchschaubarkeit indem ich (ebenfalls) keinen Vorgarten betreibe :-) Ein bisserl Privatesse muss dann doch bleiben!
diefrogg - 1. Jun, 19:02
Da haben Sie doch recht,
Herr books! Ich habe in letzter Zeit ab und zu ein bisschen bei Ihnen gestöbert - und auch Ihr Blog ist ja nicht gerade der tägliche Seelenstriptease. Aber auch das ist legitim - nicht alle haben das unwiderstehliche Mitteilungsbedürfnis einer Frau Frogg, betreffe es nun Vorgärten oder Blogs.
Trackback URL:
https://froggblog.twoday.net/stories/97029742/modTrackback