Allein in den Bergen
Ich habe den Aufstieg geschafft. Vor mir liegt eine geradezu psychedelisch grüne Wiese. Mein Rücken ist bachnass, aber ein heisser Wind streicht mir über die Hände. Der Föhn. Es ist unglaublich blau hier oben, unglaublich gelb und weit weg liegt der Schnee auf den Berner Alpen wie Schlagrahm auf einer göttlichen Süssigkeit.
Ich bin auf der Alp Emmetti ob Lungern, 967 Meter über Meer, es ist etwa 14.15 Uhr.
Warum ich hierher gekommen bin? Nun, zwei Gründe.
1) Eines der beiden Kilos, das ich im letzten Jahr angesetzt habe, ärgert mich. Ich will es mir wegsporteln.
2) Dieser Marsch ist auch eine Etüde in Genügsamkeit. Noch kann ich es mir im Prinzip leisten, ins Ausland zu reisen. Aber ich weiss nicht wie lange noch. Ich will mir beweisen, dass man auch mit einem kleinen Budget Ausflüge machen kann, die sich wie eine richtige Reise anfühlen.
Ich bin von Giswil her auf einer Kiesstrasse hochgestiegen. Tief unter mir die Ebene der oberen Sarner Aa. Manchmal gelang es mir, meine Gedanken wie einen Vorhang vor meinen Augen wegzuziehen. Dann wurde mir bewusst, wie mächtig die Bäume rundum waren. Wie enorm sich das anfühlt: Frau Frogg mutterseelenallein in den Bergen.
Ich stieg die letzten Schritte bis zu den beiden Alphütten hinauf. Im Süden sah ich jetzt die drei Wetterhörner, düster umwölkt.
(Quelle: www.swissworld.ch; meine eigene Kamera macht gerade schlapp).
Die Alphütten liegen verlassen da. Leer. Ein Windstoss drischt über die Wiese. Plötzlich habe ich einen Anflug von Sennentuntschi-Horror. Mir fällt die Stelle in der Geschichte ein, an der die Sennen im Herbst von der Alp abziehen. Das lebend gewordene Puppenmonster ist bei der Hütte geblieben und hat einen der drei dabehalten. Als sich die beiden anderen noch einmal umblicken, sehen sie das Tuntschi auf dem Dach: Es zieht gerade ihrem Kollegen die Haut ab.
Nach dem Bettag soll man nicht mehr in die Berge gehen, sagt Herr T. Der Bettag war am Sonntag vor einer Woche. Ich habe hier nichts verloren. Ich mache, dass ich vom Berg hinunterkomme. Beim Abstieg wird mir schwindlig.
Unten im Tal spielt der Lungernsee Mini-Mittelmeer.
(Quelle: www.sengers.ch)
Der sonst so stille See hat eine Brandung und Schaumkrönchen. Der Föhn peitscht ihm über die Haut. Ein einsamer Surfer zischt pfeilschnell über den See.
Zu Hause sitzt Herr T. über seinen Computer gebeugt. "Was?! Auf 967 Metern warst Du?! Das ist doch gar kein Berg. Das ist bloss ein Hügel!"
Ich bin auf der Alp Emmetti ob Lungern, 967 Meter über Meer, es ist etwa 14.15 Uhr.
Warum ich hierher gekommen bin? Nun, zwei Gründe.
1) Eines der beiden Kilos, das ich im letzten Jahr angesetzt habe, ärgert mich. Ich will es mir wegsporteln.
2) Dieser Marsch ist auch eine Etüde in Genügsamkeit. Noch kann ich es mir im Prinzip leisten, ins Ausland zu reisen. Aber ich weiss nicht wie lange noch. Ich will mir beweisen, dass man auch mit einem kleinen Budget Ausflüge machen kann, die sich wie eine richtige Reise anfühlen.
Ich bin von Giswil her auf einer Kiesstrasse hochgestiegen. Tief unter mir die Ebene der oberen Sarner Aa. Manchmal gelang es mir, meine Gedanken wie einen Vorhang vor meinen Augen wegzuziehen. Dann wurde mir bewusst, wie mächtig die Bäume rundum waren. Wie enorm sich das anfühlt: Frau Frogg mutterseelenallein in den Bergen.
Ich stieg die letzten Schritte bis zu den beiden Alphütten hinauf. Im Süden sah ich jetzt die drei Wetterhörner, düster umwölkt.
(Quelle: www.swissworld.ch; meine eigene Kamera macht gerade schlapp).
Die Alphütten liegen verlassen da. Leer. Ein Windstoss drischt über die Wiese. Plötzlich habe ich einen Anflug von Sennentuntschi-Horror. Mir fällt die Stelle in der Geschichte ein, an der die Sennen im Herbst von der Alp abziehen. Das lebend gewordene Puppenmonster ist bei der Hütte geblieben und hat einen der drei dabehalten. Als sich die beiden anderen noch einmal umblicken, sehen sie das Tuntschi auf dem Dach: Es zieht gerade ihrem Kollegen die Haut ab.
Nach dem Bettag soll man nicht mehr in die Berge gehen, sagt Herr T. Der Bettag war am Sonntag vor einer Woche. Ich habe hier nichts verloren. Ich mache, dass ich vom Berg hinunterkomme. Beim Abstieg wird mir schwindlig.
Unten im Tal spielt der Lungernsee Mini-Mittelmeer.
(Quelle: www.sengers.ch)
Der sonst so stille See hat eine Brandung und Schaumkrönchen. Der Föhn peitscht ihm über die Haut. Ein einsamer Surfer zischt pfeilschnell über den See.
Zu Hause sitzt Herr T. über seinen Computer gebeugt. "Was?! Auf 967 Metern warst Du?! Das ist doch gar kein Berg. Das ist bloss ein Hügel!"
diefrogg - 4. Okt, 18:13
4 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
ConAlma - 4. Okt, 19:13
Wunderwunderschön. Ohne Fieber hätt ich heut auch am Berg sein können.
diefrogg - 4. Okt, 19:16
Na, dann wünsche ich...
gute Besserung und baldige Gelegenheit für einen Ausflug in die Höhe!
walküre - 5. Okt, 14:21
Mir fällt auf, dass das "Sennentuntschi"-Thema in Österreichs Sagenwelt eigentlich unbekannt ist, dafür gibt es arrogante und/oder gar liederliche Sennerinnen, denen strafhalber auch nichts Gutes widerfährt; ich habe auch nicht gewusst, dass in der Schweiz die Sennerei ein Arbeitsplatz vorwiegend für Männer war (bzw. noch ist ?).
Schön geschrieben, übrigens.
Schön geschrieben, übrigens.
diefrogg - 5. Okt, 18:39
Danke für das Kompliment,
Frau Walküre! Was die Sennerei als Männerberuf betrifft, bin ich als alte Stadtratte wohl keine besonders verlässliche Auskunftsperson. Ich erinnere mich, dass es unter meinen Kollegen vor zwanzig Jahren ein paar Öko-Freaks gab, darunter auch Frauen, die ein paar Sommer lang auf die Alp gingen. Und im eben vergangenen Sommer fanden wir auf der Alp d'Uina im Engadin sogar eine Sennen-Familie vor (einen oder zwei Männer, zwei Frauen und mehrere Kinder). In unseren Alpensagen-Büchern sind aber Sennen fast immer Männer.
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