16
Mrz
2014

Enttäuscht

Ist es gesund, wenn ich mich einer neu entdeckten Leidenschaft fürs Geschichtenschreiben mit Haut und Haar hingebe? Das habe ich mich hier gefragt. Zweifel sind berechtigt. Ich habe eine chronische Krankheit. Ich habe ein empfindsames Gehör. Deshalb habe ich schliesslich eine Abmachung mit mir getroffen: Ja, ich schreibe. Ich tue alles, was ich glaube, tun zu müssen. Aber ich höre auf damit, wenn mein gutes Ohr versagt. Ich höre auf, wenn ich die Kirchenglocken draussen nur noch mit dem Hörgerät höre. Ich höre auf, wenn der Verkehr draussen klingt, als läge Schnee auf der Strasse. Ich höre auf, wenn ich aus dem Radio in Herrn T.s Zimmer nur noch "pfs" und "schs", aber keine zusammenhängenden Sätze mehr verstehe. Wenn Musik nur noch quäkt und nicht mehr klingt. Ich höre auf, wenn ich Gefahr laufe, nicht mehr telefonieren zu können.

Soweit ist es jetzt.

Das ist ein klares Zeichen. Das heisst: Ich muss aufhören. Ich bin jetzt nur noch nicht ganz sicher, was aufhören in dieser Situation genau heisst.

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steppenhund - 16. Mär, 18:57

Man stelle sich vor, wenn Beethoven diese Entscheidung getroffen hätte...

diefrogg - 16. Mär, 19:03

Es ist nett,...

dass Sie das sagen, Herr Steppenhund. Aber ich bin nicht Beethoven. Und: Ich bin fast sicher, dass die Welt ohne mein künstlerisches Schaffen überleben kann.

Und: Ich weiss nicht wie Beethoven ertaubt ist. Aber bei mir ist ein Zusammenhang zwischen jedweder Art von heftiger Verausgabung und Gehörnachlässen durch Hörtests belegt (und im Grunde spüre ich mittlerweile sehr genau, was ich mir zumuten sollte).

Ich finde das Vertrauen der westlichen, spätbürgerlichen Welt in die heilende Kraft der Kunst zurzeit unglaublich naiv.
arboretum - 17. Mär, 14:32

bei mir ist ein Zusammenhang zwischen jedweder Art von heftiger Verausgabung und Gehörnachlässen (...) belegt

Besteht vielleicht die Möglichkeit, dass Sie Ihr Schreiben nach einer längeren Ruhepause in anderer Dosierung fortsetzen können, ohne sich dabei heftig zu verausgaben?

Denkbar wäre beispielsweise, nur eine bestimmte Zeit oder eine bestimmte Seitenzahl am Tag oder in der Woche daran zu arbeiten. Dann dauert es zwar länger, bis das Werk fertig ist, aber Sie müssten es nicht komplett aufgeben, um Ihre Hörfähigkeit nicht vollends zu ruinieren.
diefrogg - 18. Mär, 12:42

Ja, etwas in der Art...

schwebt mir zurzeit auch als Lösung vor. Die Illusion, dass ich Texte aus einem Guss schreiben kann, muss ich mir sowieso abschminken. Ich muss ja auch noch arbeiten - sehr viel weniger als früher, weshalb ich mich überhaupt wieder an ein solches Projektli herangewagt habe. Und dann möchte man ja auch nicht vereinsamen - wenn ich ehrlich mit mir bin, muss ich sagen: Ich glaube, ich bin eher am Anspruch gescheitert, das alles miteinander zu machen als an der schieren Arbeit an der Story oder am Text. Es muss also möglich sein, das Ding als Patchwork zu bearbeiten, auch wenn man das dem Text später möglicherweise ansieht.
acqua - 16. Mär, 20:33

Ach gopf! Ich hatte mich sehr auf deine Offlinetexte gefreut. Und auch darüber, dass du wieder schreibst.

diefrogg - 18. Mär, 12:43

Ach, das freut mich!

Falls ich doch noch auf einen grünen Zweig komme, bist Du auf jeden Fall auf der Liste der Ersteleserinnen!
acqua - 18. Mär, 20:09

Ich fühle mich geehrt und drücke dir für deinen Weg auf den grünen Zweig nun umso mehr die Daumen. (Abt.: Woher kommen eigentlich gewisse Redensarten?)
diefrogg - 18. Mär, 21:12

Ja, tatsächlich!

Das wäre eine Frage für Deinen Blog gewesen! Zum Glück gibts google, der findet ja immer alles. Allerdings kann ich den Link hier nicht so einkopieren, dass er auch läuft. Merkwürdig. Aber google es einfach. Du wirst es schon finden. Wie immer bei solch verbreiteten Redensarten: Es könnte etwas mit der Bibel zu tun haben.
Jossele - 17. Mär, 08:12

Es ist was es ist.
Ich wünsche ihnen, dass die Gründe für das Nichtschreiben kleiner werden.

diefrogg - 18. Mär, 12:43

Danke!

Das ist ein Wunsch, den ich gut gebrauchen kann!
katiza - 18. Mär, 16:41

Liebste Fröschin, da fehlen mir jetzt die Worte - und werden, würden mir fehlen, aber Entscheidungen sind Entscheidungen, könnene eingehalten und umgestoßen werden und ich umarme sind und empfinden sie es bitte nict als unpassend, dass ich wie stets ein Tübchen beilege - die Lyrics kann man lesen und wegen des Refrains warats....

Ich umarme Sie ganz fest.


diefrogg - 18. Mär, 17:28

Das klingt jetzt...

grad noch ein bisschen eierig in meinen Ohren, aber es passt, frau katiza! Sie können sich gar nicht vorstellen, wie das passt ;)
iGing - 18. Mär, 22:04

Und wenn Sie wieder aufhören zu schreiben, dann hören Sie eben wieder auf! Das haben doch natürlich nur Sie selbst zu entscheiden.
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Arbeiten in dem Moment, wo sie mir zuviel wurden, eigentlich schon beendet waren, und zwar in einem positiven Sinn: Die Arbeit war getan.
Vielleicht können Sie das bisher Erarbeitete irgendwann doch noch in eine allen zugängliche Form bringen (als Geschichte, Legende, Anekdote)?

diefrogg - 21. Mär, 12:41

Da funktionieren Sie...

Glückliche offensichtlich anders als ich. Mir wird es eigentlich meist dann zu viel, wenn es mir wirklich zu viel wird. Und ab und zu auch schon vorher ... wenn Sie verstehen, was ich meine ;)
iGing - 22. Mär, 01:12

Ich verstehe sehr gut, was Sie meinen, denn ich wollte ja auch nicht sagen, dass es mir immer so geht. Ich kenne natürlich sämtliche Zwischenstufen auch. Aber worauf ich eigentlich hinaus wollte: Vielleicht können Sie einfach aus dem, was Sie schon erarbeitet haben, irgendwann einmal "etwas Kleineres" machen, so dass es nicht umsonst war (also z.B. eine Kurzgeschichte statt eines Romans).
diefrogg - 23. Mär, 17:12

Ja, etwas in der Art...

schwebt mir zurzeit auch vor. Vielleicht geht das dann... irgendwann mal.
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