Frau Frogg's Fernsehwoche
Am Sonntag endete hoch offiziell meine Zeit als Nachtschattengewächs*. Das hat auch gute Seiten. Zum Beispiel bin ich jetzt wieder frei, meine Abende vor dem Fernseher zu verbringen.
Mit zwanzig hätte ich ja nie gedacht, dass ich einmal gern fernsehen würde. Die junge Frogg verabscheute, ja, boykottierte die Mattscheibe. Fernsehen war in ihren Augen nichts für richtige Leute. Es war etwas für Menschen, die sich eigentlich eher wie Pflanzen benehmen. Dachte sie damals. Aber dann veränderte sich die Frogg. Sie arbeitete tags, war abends müde, ach was, gerädert. War manchmal nicht mehr in der Lage, sich vom Sofa vor der Flimmerkiste zu erheben.
Es war, als würde der Geist aus der Mattscheibe sich für ihre jugendliche Verachtung rächen.
Ich werde also fernsehen. Fortan wird meine Fernsehwoche so aussehen:
Den Auftakt bildet stets die Tagesschau auf SF1. Nur so hat der Abend seine rechte Ordnung.
Der Montag beginnt dann mit Desperate Housewives auf SF2.
(Quelle, passend: www.tvfanatic.com)
Nach der letzten Staffel wollte ich ja aussteigen. Die Stories um die Weiber waren mir zu vorhersehbar geworden. Aber als ich Gabby (ganz links im Bild) überraschend rundlich und mit zwei dicken Töchtern wiedersah, überlegte ich es mir doch noch einmal anders. Danach will Herr T. Grey's Anatomy sehen, aber das langweilt mich. Zu viel Pathos. Zu viel Blut.
Bis 21.50 Uhr tue deshalb jeweils etwas Vernünftiges. Zum Beispiel bloggen. Dann folgt die Nachrichtensendung 10 vor 10 auf SF1.
(Quelle: www.menschenmitmeinungen.ch)
Nicht etwa, weil Moderator Stephan Klapproth die weissesten Beisser weit und breit hat. Nein. 10 vor 10 schaue ich mir an, damit ich weiss, wann ich ins Bett muss. Ich kenne nämlich Deutsche, die sagen: "Alle Schweizer gehen nach 10 vor 10 schlafen." Und manche Schweizer sagen, 10 vor 10 sei der grösste Sexkiller der Schweiz. Für News-Journalisten ist sie sowieso Pflicht. Nicht, dass sich daraus Schlüsse über das Sexleben von News-Journalisten ziehen liesse... Ihr seht also, die Sendung ist stets in aller Munde. Man muss sie gesehen haben. Und ich gehe danach auch tatsächlich ins Bett - um dort noch eine Stunde zu lesen.
Am Dienstagabend steht bei mir jeweils der Dienstagskrimi auf dem Programm. Seltsamerweise. Denn das Dienstagsrimi-Gucken war schon das heiligste Ritual meiner Eltern. Als junger Mensch fand ich ihn deshalb das Schlimmste von Allem. Aber irgendwie hat er sich wieder in mein Leben geschlichen, der Dienstagskrimi. Und so hänge ich mit Herrn T. auf dem trauten Zweiersofa, lasse "Ein Fall für Zwei" oder etwas Ähnliches über mich ergehen.
Später am Abend bleibe ich dann einmal im Monat länger auf als bis "10 vor 10": zum Literaturclub. Das belohnt für etwaige Langeweile beim Krimi. So viele gescheite, eloquente Frauen aufs Mal! So viele interessante Bücher.
Am Mittwoch kommt auf dem Schweizer Fernsehen diese unerträgliche Sendung "Deal or No Deal". Eine Unterhaltungsendung mit leicht bekleideten Frauen in blonden Perücken und Geldkoffern. Zum Weinen langweilig. Am Mittwoch werde ich ausgehen müssen - es sei denn, SF2, Arte oder ORF lockten mit einem erträglichen Spielfilm.
Nur zu dumm, dass man nach fast zwei Jahren Existenz als Nachtschattengewächs fast nicht mehr weiss, wie Ausgehen geht. Denn auch am Donnerstag werde ich ausgehen müssen.
Am Freitag muss ich zum Glück weiterhin abends arbeiten. Denn am Fernsehen gibts da ja nichts als Unterhaltungssendungen, Horror und Action. Halt, nein: Auf dem Schweizer Fernsehen gibts die Polit-Diskussion Arena. Aber wer will sich an einem Freitagabend die rituellen Wadenbeissereien zwischen SVP und SP auch noch anhören?
Am Samstag ist Herr T. häufig weg. Wenn ich dann nicht auch ausgehe, mache ich mir einen gemütlichen Fernsehabend. Der Samstag ist überhaupt der beste Fernsehabend der Woche. Die Programmgestalter scheinen ihn eigens für spielfilmsüchtige Nachtschattengewächse geplant zu haben. Und falls das einmal nicht stimmen sollte, hat die Frogg wohlweislich ein paar DVDs auf Lager.
Wenn ich am Sonntag nicht arbeite, streiten Herr T. und ich: Er will den Tatort. Ich habe mich noch nicht damit abgefunden, dass die Segnungen des Samstags vorbei sind und will einen Spielfilm. Zwischendurch zappen wir jeweils kurz auf Anne Will, und dann gehts zum obligatorischen Teil: Giacobbo/ Müller. Mit Abstand die beste Satiresendung, die das Schweizer Fernsehen zu bieten hat (wahrscheinlich die einzige). Die Sendung hatt(e) in Peter Tate eine echte Kultfigur. Diskussionen über die Frage, ob der sympathische Engländer wohl wiederkommt, verleihen auch Abendgesellschaften unter studierten Zeitgenossen Würze und Leben.
(Quelle: profile.ak.facebook.com)
* Wobei ich anfügen möchte, dass mein Job sich anders entwickelte als ursprünglich erwartet. Ich freundete mich nicht nur mit Britney Spears an. Nein. Eine Zeitlang hatte ich jeden Nachmittag Besuch von Nicolas Sarkozy. Ueli Maurer lächelte mich an, dann schlug die Bankenkrise mir täglich mehrmals die Faust in die Magengrube. Sonntags telefonierte ich regelmässig mit einem Ständerat, dessen Namen ich hier für mich behalte. In letzer Zeit hatte ich auch abendliche Zusammentreffen mit Barack Obama. Leider sind sie meist etwas hektisch. Dennoch werde ich sie vermissen.
Mit zwanzig hätte ich ja nie gedacht, dass ich einmal gern fernsehen würde. Die junge Frogg verabscheute, ja, boykottierte die Mattscheibe. Fernsehen war in ihren Augen nichts für richtige Leute. Es war etwas für Menschen, die sich eigentlich eher wie Pflanzen benehmen. Dachte sie damals. Aber dann veränderte sich die Frogg. Sie arbeitete tags, war abends müde, ach was, gerädert. War manchmal nicht mehr in der Lage, sich vom Sofa vor der Flimmerkiste zu erheben.
Es war, als würde der Geist aus der Mattscheibe sich für ihre jugendliche Verachtung rächen.
Ich werde also fernsehen. Fortan wird meine Fernsehwoche so aussehen:
Den Auftakt bildet stets die Tagesschau auf SF1. Nur so hat der Abend seine rechte Ordnung.
Der Montag beginnt dann mit Desperate Housewives auf SF2.
(Quelle, passend: www.tvfanatic.com)
Nach der letzten Staffel wollte ich ja aussteigen. Die Stories um die Weiber waren mir zu vorhersehbar geworden. Aber als ich Gabby (ganz links im Bild) überraschend rundlich und mit zwei dicken Töchtern wiedersah, überlegte ich es mir doch noch einmal anders. Danach will Herr T. Grey's Anatomy sehen, aber das langweilt mich. Zu viel Pathos. Zu viel Blut.
Bis 21.50 Uhr tue deshalb jeweils etwas Vernünftiges. Zum Beispiel bloggen. Dann folgt die Nachrichtensendung 10 vor 10 auf SF1.
(Quelle: www.menschenmitmeinungen.ch)
Nicht etwa, weil Moderator Stephan Klapproth die weissesten Beisser weit und breit hat. Nein. 10 vor 10 schaue ich mir an, damit ich weiss, wann ich ins Bett muss. Ich kenne nämlich Deutsche, die sagen: "Alle Schweizer gehen nach 10 vor 10 schlafen." Und manche Schweizer sagen, 10 vor 10 sei der grösste Sexkiller der Schweiz. Für News-Journalisten ist sie sowieso Pflicht. Nicht, dass sich daraus Schlüsse über das Sexleben von News-Journalisten ziehen liesse... Ihr seht also, die Sendung ist stets in aller Munde. Man muss sie gesehen haben. Und ich gehe danach auch tatsächlich ins Bett - um dort noch eine Stunde zu lesen.
Am Dienstagabend steht bei mir jeweils der Dienstagskrimi auf dem Programm. Seltsamerweise. Denn das Dienstagsrimi-Gucken war schon das heiligste Ritual meiner Eltern. Als junger Mensch fand ich ihn deshalb das Schlimmste von Allem. Aber irgendwie hat er sich wieder in mein Leben geschlichen, der Dienstagskrimi. Und so hänge ich mit Herrn T. auf dem trauten Zweiersofa, lasse "Ein Fall für Zwei" oder etwas Ähnliches über mich ergehen.
Später am Abend bleibe ich dann einmal im Monat länger auf als bis "10 vor 10": zum Literaturclub. Das belohnt für etwaige Langeweile beim Krimi. So viele gescheite, eloquente Frauen aufs Mal! So viele interessante Bücher.
Am Mittwoch kommt auf dem Schweizer Fernsehen diese unerträgliche Sendung "Deal or No Deal". Eine Unterhaltungsendung mit leicht bekleideten Frauen in blonden Perücken und Geldkoffern. Zum Weinen langweilig. Am Mittwoch werde ich ausgehen müssen - es sei denn, SF2, Arte oder ORF lockten mit einem erträglichen Spielfilm.
Nur zu dumm, dass man nach fast zwei Jahren Existenz als Nachtschattengewächs fast nicht mehr weiss, wie Ausgehen geht. Denn auch am Donnerstag werde ich ausgehen müssen.
Am Freitag muss ich zum Glück weiterhin abends arbeiten. Denn am Fernsehen gibts da ja nichts als Unterhaltungssendungen, Horror und Action. Halt, nein: Auf dem Schweizer Fernsehen gibts die Polit-Diskussion Arena. Aber wer will sich an einem Freitagabend die rituellen Wadenbeissereien zwischen SVP und SP auch noch anhören?
Am Samstag ist Herr T. häufig weg. Wenn ich dann nicht auch ausgehe, mache ich mir einen gemütlichen Fernsehabend. Der Samstag ist überhaupt der beste Fernsehabend der Woche. Die Programmgestalter scheinen ihn eigens für spielfilmsüchtige Nachtschattengewächse geplant zu haben. Und falls das einmal nicht stimmen sollte, hat die Frogg wohlweislich ein paar DVDs auf Lager.
Wenn ich am Sonntag nicht arbeite, streiten Herr T. und ich: Er will den Tatort. Ich habe mich noch nicht damit abgefunden, dass die Segnungen des Samstags vorbei sind und will einen Spielfilm. Zwischendurch zappen wir jeweils kurz auf Anne Will, und dann gehts zum obligatorischen Teil: Giacobbo/ Müller. Mit Abstand die beste Satiresendung, die das Schweizer Fernsehen zu bieten hat (wahrscheinlich die einzige). Die Sendung hatt(e) in Peter Tate eine echte Kultfigur. Diskussionen über die Frage, ob der sympathische Engländer wohl wiederkommt, verleihen auch Abendgesellschaften unter studierten Zeitgenossen Würze und Leben.
(Quelle: profile.ak.facebook.com)
* Wobei ich anfügen möchte, dass mein Job sich anders entwickelte als ursprünglich erwartet. Ich freundete mich nicht nur mit Britney Spears an. Nein. Eine Zeitlang hatte ich jeden Nachmittag Besuch von Nicolas Sarkozy. Ueli Maurer lächelte mich an, dann schlug die Bankenkrise mir täglich mehrmals die Faust in die Magengrube. Sonntags telefonierte ich regelmässig mit einem Ständerat, dessen Namen ich hier für mich behalte. In letzer Zeit hatte ich auch abendliche Zusammentreffen mit Barack Obama. Leider sind sie meist etwas hektisch. Dennoch werde ich sie vermissen.
diefrogg - 1. Mär, 22:22
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