4
Jan
2009

Dorschfilet nach Maxens Art

Zu Hause gabs bei uns nie Fisch. Naja, es gab hie und Fischstäbchen. Aber die kann man im Grunde nicht Fisch nennen. Denn Fisch, das war irgendwie zu gut für uns, lernten wir. Zu teuer. Und dann so schwierig zuzubereiten! Mutter Frogg war eben im Herzen eine Berufsfrau, genau wie ihre Mutter auch. Kochen betrachtete sie als lästige Pflicht. Als junges Mädchen versuchte ich dieses Defizit nach Kräften auszugleichen. Dabei konzentrierte ich mich aber eher auf Kuchen und Torten als auf Fleisch und Fisch. Und kaum erwachsen, entdeckte die Frogg ihr eigenes Herz für den Beruf. Fortan liess sie ihre Männer kochen.

Dieser Tage aber sagte ich mir: "Ich will jetzt Fisch zubereiten lernen!" Und dann stand ich in der Küche, und vor mir lagen zwei grosse, kalte Dorschfilets.



Hilflos schaute ich sie an. Ich wusste nicht, was ich mit ihnen anfangen sollte. "Unsere Familie hat mit Fischen eben doch nichts am Hut!" jammerte die Frogg. Doch dann fiel mir diese Geschichte ein, die Grossmutter Walholz, ledige Blötz, einmal erzählt hat.

Sie drehte sich um ihren Bruder Max, meinen Grossonkel. Zugetragen hat sie sich wohl während der frühen dreissiger Jahre des letzten Jahrhunderts. Damals war meine Grossmutter, Gertrud Blötz, ein Kind. Ein Kind aus bürgerlichen Verhältnissen an sich. Doch das Unglück hatte ihr und drei Geschwistern in Gestalt einer hübschen, jungen Verkäuferin den Vater und Ernährer aus dem Haus geholt. Mutter Blötz war zu katholisch, sich scheiden zu lassen. Deshalb zahlte Vater Blötz auch keine Alimente. So war Schmalhans Küchenchef bei Blötzens.

Bruder Max war zwar noch zu klein, um Ernährer zu sein. Aber er reicherte die bescheidene Kost hie und da etwas an, indem er im nahen Flüsschen verbotenerweise Fisch fing. Eines Tages sei er wieder mit zwei schönen Albeli* ins Haus gekommen. Die sehen auf freier Wildbahn so aus:


(Quelle: http://www.4waldstaettersee.ch)

Mutter Blötz war gerade dabei, den Küchenboden feucht aufzunehmen und hatte Lappen und Feger in eine Ecke gestelt. Aus dem Fenster sah sie, dass zwei Männer ihrem Sohn folgten. Es waren Ordnungshüter.

Sie klopften an Frau Blötzens Tür und sagten: "Wir glauben, dass Ihr Sohn verbotenerweise gefischt hat. Können wir hereinkommen?" Grossmutter nickte schreckensbleich und liess die beiden Männer in die Küche. Dort sahen sie sich prüfend um. Sie fanden nichts und gingen wieder. Als sie weg waren, wirklich weg, nahm Mutter Blötz die Fische unter dem Putzlappen hervor, wo sie sie versteckt hatte. Sie war sonst die Rechtschaffenheit in Person. Ob er Hunger sie zur Gaunerin machte oder das Bedürfnis, ihren Sohn zu schützen, werden wir nie wissen.

Jedenfalls gab es im Hause Bötz köstliches Albeli-Znacht. Es gab also jemanden in unserer Familie, der Fisch zubereiten konnte! Es gab sogar jemanden, der ihn fangen konnte!

Beflügelt von dieser Erkenntnis machte ich mich auf die Suche nach einem Kochbuch und fand unter Herrn T.s Kochbuch-Schätzen Betty Bossis "Vielseitige Fischküche". Und siehe da: Darin gab es ein Rezept, für das ich fast alle Zutaten im Haus hatte. Ich kochte es zu Ehren von Onkel Max und seiner Mutter. Hier das Rezept, leicht abgewandelt:

400 g Dorschfilets in Würfel schneiden

3 dl saurer Most (auch Apfelwein),
etwas frischer Ingwer, gerieben,
3 Pfefferkörner, zerdrückt
einen halben Teelöffel Salz zusammen aufkochen und fünf Minuten köcheln, absieben, wieder in die Pfanne geben.

1 mittelgrossen Selerie halbieren und scheibeln und fünf Minuten köcheln
2 rote Äpfel, ungeschält, in Schnitte schneiden, beigeben und ca. 5 Minuten mitköcheln. Dann Äpfel und Sellerie herausnehmen, abgetropft warm stellen.

Fischwürfel in den Sud geben, kurz und auf kleinem Feuer ziehen lassen. Dann herausnehmen und warm stellen.

Dann die Sauce zubereiten:
1,5 dl Pochierflüssigkeit und
1,5 dl Rahm zusammen aufkochen
salzen, pfeffern

Alles zusammen mit Trockenreis servieren.

*Für Acqua: Ja, genau, Albeli sind Balchen!

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acqua - 4. Jan, 14:05

Ich tue es ja ungern, aber ich muss wieder mal besserwissen:
Albeli sind Felchen. Und Balchen sind Felchen. Aber Albeli sind keine Balchen.
(Bei uns haben alle männlichen Familienmitglieder zumindest in ihrer Jugend gefischt. Die weiblichen mussten, wenn sie Pech hatten, die Fische dann ausnehmen. Wenn sie - wie meine Mutter - Glück hatten, liessen ihre Männer das Fischen, sobald sie erwachsen waren und die Frauen durften die Fische, ausgenommen und filetiert, beim Berufsfischer kaufen.)
Übrigens: Balchen müssen in ihrem Leben drei Mal schwimmen. Zuerst im Wasser des Sees, dann im Kochtopf in der Butter und schliesslich nachdem sie verzehrt worden sind im Wein.

steppenhund - 4. Jan, 14:09

Das mit dem dreimal Schwimmen gefällt mir sehr gut.
diefrogg - 4. Jan, 14:16

Womit jetzt...

auch belegt wäre, dass ich mit wenig Fisch-Erfahrung durchs Leben gehe! So kann man mir wenigstens nicht vorwerfen, ich würde meinen Lesern etwas vorschwindeln!
acqua - 4. Jan, 14:42

Und ich müsste vielleicht noch gestehen, dass ich selber keine grosse Fischköchin bin. Ich habe nur wenige einfache Rezepte auf Lager. An Weihnachten nun musste ich gezwungenermassen Balchen in mein Repertoir aufnehmen..
steppenhund - 4. Jan, 20:08

Ist ja nicht schlimm, wenn ihr nicht kochen wollt:) Wozu gibt es denn auch Emanzipation? Aber aufziehen müsst ihr euch dann schon lassen.
Ist ja schade, das Kochen kann ganz schön Spass machen, wenn man es freiwillig macht. Wenn wir Gäste haben, mache ich es ja auch nicht freiwillig. Das hat sich eben so eingebürgert. Schon als ich 25 war.
diefrogg - 4. Jan, 20:27

Putzen Sie auch,

Herr Steppenhund?
acqua - 4. Jan, 20:54

Ich habe hier nirgends geschrieben, dass ich nicht kochen will. Ich habe nur gesagt, dass ich keine Fischköchin bin. Ich koche durchaus gerne. Imfall!
(Putzen tue ich, wenn, dann nur ungerne. Aber das weiss diefrogg bereits.)
steppenhund - 4. Jan, 22:59

Ich bin ein Messie. Und Messies putzen nicht. Allenfalls staubsaugen. Aber wehe, wenn ich aufräume. Dann finde ich nichts mehr.

Nachtrag: also Putzen habe ich beim Bundesheer gelernt. In den Neunzigerjahren hatten wir mehrere Jahre eine Putzfrau. Da waren die Kinder gerade sehr zeitaufwändig. Meistens macht die Putzfrau nicht das, was man selber als wichtig erachten würde.
Mein Auto habe ich nie geputzt, außen wenn ich es verkaufen wollte. Waschstraße und einmal im Jahr eine Generalreinigung. Wenn der Kredit vom Haus ausbezahlt ist, werde ich sicher wieder Geld für eine Putzfrau ausgeben.
Ein bisschen etwas mach ich schon im Haus. Und ich bin für die eigene Wäsche verantwortlich. Kochen macht mehr Spass als Putzen:)
diefrogg - 5. Jan, 15:40

Ist doch so!

Aber wenigstens nehmen Sie dann Ihrer Frau einen Teil der Hausarbeit ab, indem Sie das machen dürfen, was mehr Spass macht: kochen! Da haben Sie einen guten Deal gemacht!
steppenhund - 4. Jan, 14:22

Also an der Geschichte habe ich einiges auszusetzen! :))
(Abgesehen davon, klingt das Rezept ausgezeichnet.)

1) Was ich nicht bekritteln kann, aber bei uns ganz anders war: Fisch galt als billiges Nahrungsmittel, vor allem der Kabeljau, der heute überfischt ist und daher auch nur mehr sehr teuer zu haben ist. Allerdings hat ihn meine Mutter, die an sich recht gut gekocht hat, immer nur normal abgebraten, was dann schon sehr fad war.
2) Das Schwierige beim Fisch zubereiten ist doch nicht das Rezept sondern das Häuten und Ausnehmen. Einmal wurde ich zum Forellenfangen (aus einem Zuchtteich, nicht sehr sportlich) eingeladen. Als ich zwei Forellen herausgeholt hatte, zeigte man mir, wie man sie erschlagen und ausnehmen müsste. Das habe ich gemacht, aber keine weiteren Forellen mehr gefischt.
Ein anderes Mal verzichtete ich großzügig beim Fischhändler auf das Angebot, die Seezunge gleich zu häuten. Zu Hause stellte ich fest, dass jedes Rezept das Häuten verlangte und büßte zweieinhalb Stunden meine Blödheit ab. Denn für die erste Seezunge brauchte ich eine Stunde, danach ging es dann schneller. Bei der vierten hatte ich Übung und schaffte es in fünf Minuten. Ja ausnehmen musste ich sie auch noch, aber da waren sie wenigstens schon tot.
3) Wenigstens ein paar Kochbücher sollte man schon zu Hause haben. Und wenn schon nichts anderes, dann wenigstens den ersten Band von "Die Gute Küche" von Plachutta und Wagner. Da stehen auch ausgezeichnete Tipps drinnen, was man vorrätig haben sollte etc.
4) Ein Rezept zu suchen sollte doch jemandem der bloggt, nicht besonders schwer fallen. Es gibt soviele ausgezeichnete Rezeptblogs und andere Sammlungen. Ich gehe da normalerweise so vor, dass ich meinen Essartikel und Rezept eingebe und dann einige Rezepte miteinander vergleiche. Nach kurzer Zeit habe ich dann eine Zusammenfassung von "offensichtlich" Erprobtem und "Experiment".

Sellerie wird ja auch für Suppenfond verwendet. Da kann nichts falsch sein. Ich könnte mir vorstellen, dass die Äpfel, wenn sie geschält sind, durchaus auch drinnen bleiben können.

Die Geschichte ist ja an sich sehr sehr nett. Wenn ich sie im Kriminalroman fände, würde ich sie als konstruiert bemängeln - obwohl sie vermutlich in ihrem Fall glaubwürdig ist.

diefrogg - 4. Jan, 21:31

Ich möchte...

hier doch noch speziell darauf hinweisen, dass es sich bei Herrn T.s Kochbuch um eines von Betty Bossi handelt. Nur so zum Thema Kochbücher!
steppenhund - 4. Jan, 23:40

Also ich habe bei dem Link nachgelesen. Grüne Mayonaisse, igitt! Wie schafft man das? So chauvenistisch war ich in Österreich nicht. Das erste Kochbuch war von Readers' Digest, das zweite von Bocuse. Dann gab es die Rezepte von Oma, wobei ich das für geröstete Leber irgendwo vermurkst habe. Ich glaube aber, dass ich sie heute schon so zusammenbringe, wie sie sie gemacht hat. Vielleicht muss ich noch etwas mit Majoran und Senf experimentieren. Und natürlich gab es die Leber mit Gries. Das war gut!
Heute habe ich ungefähr 15 Kochbücher, wovon ich allerdings kaum mehr als 2 brauche. Das hängt damit zusammen, dass die Kinder teilweise sehr wählerisch sind. (Bei den Zutaten)
Mit 27 Jahren habe ich einmal ein Rind in Burgunderwein gemacht, da hat die Zubereitungszeit netto 13 Stunden gedauert. Beizen, Marinieren, Liegen lassen, insgesamt 5 Stunden bei Tieftemperatur köcheln lassen. Damals war Tieftemperatur noch kein Schlagwort. Wir haben erst um Mitternacht gegessen, was nicht von guter Organisation zeugt. Ich schreibe das aber, um zu dokumentieren, dass es in meiner Studenten- und Assistentenzeit zum guten Ton gehörte, selbst zu kochen. "Kochen ist nur angewandte Chemie" pflegte ein Kollege zu sagen. Obwohl wir meistens nur ein Gericht wirklich gut beherrschten, sprach der eine Kollege begeistert von seinem "indischen Reistopf", ein anderer von seinen "Tortillas" und das hatte schon etwas an sich. Schließlich war unser Fachgebiet industrielle Elektronik.
Aber den Höhepunkt meiner frühkindlichen Kochkunst erreichte ich auch ungefähr zu diesem Zeitpunkt. Ich war mit Frau Columbo, ja die gab es damals bereits, essen, nein speisen, gewesen. Dabei hatten wir als Dessert Crepe Suzette bekommen. Das schmeckte mir so gut, dass ich a) einen stinkteure Kupferpfanne für die Crepes kaufte, (die ging dann einmal bei einer Übersiedlung verloren) und dass seither b) immer ein Cointreau bei uns zu Hause steht.
Liebe Frau Frogg, Sie sehen, übers Kochen könnte ich lange schreiben, übers Putzen hingegen weniger;)
diefrogg - 5. Jan, 15:38

Ui, Herr Steppenund!

Das klingt ja mundwässernd! Wenn Sie jetzt nicht aufhören, hier von Ihren Kochkünsten zu schwärmen, dann müssen Sie mich einmal zum Essen einladen! Und ich wünsche dann, aus dem Bocuse bekocht zu werden! (Wer möchte schon von "Des Lesers Verdauen...." oder so ähnlich (Reader's Digest) essen!)
steppenhund - 5. Jan, 16:36

Melden Sie sich halt einfach, wenn Sie das nächste Mal in Wien sind:)
diefrogg - 5. Jan, 17:15

Das werde ich,

Herr Steppenhund! Da können Sie sich drauf verlassen!
walküre - 5. Jan, 17:18

Zum Thema "Selberkochen" muss ich grad anmerken, dass mir bzw. uns schon mehrmals geschehen ist, dass wir auswärts gegessen haben, um festzustellen, dass wir das selbe Gericht selber besser zubereitet bzw. bessere Zutaten eingekauft hätten. Wir sind mittlerweile sehr wählerisch geworden, was Lokale anbelangt.

Frau Frogg, ich würde ebenfalls um Rückmeldung im Falle einer Wien-Visite bitten !
diefrogg - 5. Jan, 18:31

Danke für die Einladung,

Frau Walküre! DAS wäre ja dann ein Leben in Wien! Da könnte man es sich richtig gutgehen lassen! Sie müssen sich dann aber auch bei mir melden, wenn Sie in die Schweiz kommen, Frau Walküre!

Was die Restaurants betrifft: Da muss ich schon sagen, da sind wir hier in der Gegend verwöhnt! Da gibts zwei oder drei, die sind richtig gut. Obwohl: Auch ich bin ziemlich heikel geworden, was Restaurant-Essen betrifft. Aber das hat mehr mit meinem empfindlichen Ohr zu tun. Ich vertrage kaum mehr Alkohohl und von gewissen Speisen nur ganz wenig. Eigentlich esse ich meistens zu Hause. Da kann ich kochen wie es mir guttut.
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