6
Nov
2008

Tod am Südpol

Dieses Wochenende erhält Luzern ein neues Kulturhaus. Es heisst Südpol, weil er am Südende der Stadt liegt, in einem ehemaligen Schlachthof.

Zur Eröffnung spielt das Luzerner Theater dort sinnigerweise ein Stück über einen Hühnerschlachter: Stichtag von Thomas Hürlimann. Das Theater hat Eingeweihten bereits gestern das Stück vorgeführt. Die Inszenierung (Volker Hesse) erinnert noch einmal schockartig an die blutige Vergangenheit des radikal umgebauten und aufgefrischten Gemäuers: Sie reproduziert zum Start in einem Korridor sogar noch einmal Aasgeruch. Penetranten Aasgeruch. Jenen Aasgeruch, der dort laut Gerüchten gehangen haben soll, als man die grosse Kühlanlage im alten Schlachthaus abschaltete.

Dann wird im Stück geblutet, geröchelt, gekotzt und gestorben. Und nochmals gestorben. Wie das eben so ist in einem Schlachthaus. An Querbezügen fehlt es also wirklich nicht. Auch der Titel "Stichtag" ist stimmig für eine Inszenierung zur Eröffnung. Nur eins fehlt: die Freude am neuen Haus. Ein Gefühl von Festlichkeit. Oder steht das am Schluss gesungene "komm süsser Tod" etwa als Hinweis auf den Tod der Schlachterei und eine Auferstehung in vegetarischer Kultürlichkeit? Also, nicht bei mir!

Mir bleibt nur die Zuversicht, dass die Eröffnungsfeierlichkeiten am kommenden Wochenende den Theatermachern beweist, dass Luzern lebt und sich freuen kann!

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walküre - 6. Nov, 16:35

Auweh. Die Chose klingt mir verdächtig nach Regietheater, welches mir per se nicht zusagt, weil ich der Ansicht bin, ein Regisseur sollte respektvoll sein und ein Stück zum Klingen bringen, statt es seinen eigenen Eitelkeiten zu unterwerfen.

diefrogg - 7. Nov, 11:36

Nein, nein...

Die Inszenierung finde ich eigentlich ganz in Ordnung. Ich tue mich nur ein bisschen schwer damit, dass man ein Stück gewählt hat, das den Tod zelebriert und das Chrampfertum ("chrampfen" ist ein schweizerdeutsches Wort für "der Arbeitswut frönen"). Ein Stück im naturalistischen Geist der 70-er Jahre, als man stets nur das Schreckliche zeigen wollte und das noch möglichst deutlich.

Aber die Festfreude kann ja noch kommen. Nicht umsonst gilt Luzern diesbezüglich als das Brasilien der Schweiz. Irgendjemand wird es schon verstehen, ein Fest aus der Eröffnung zu machen. Und seien es die Leute vom Bierzelt!
diefrogg - 9. Nov, 00:37

Frau Walküre...

für einmal muss ich leise hüstelnd zugeben: Sie haben Recht. Meine Recherchen haben ergeben, dass dem Regisseur auch die Stückwahl oblag. Damit dürfte Ihre These zutreffen, dass uns da der Regisseur zu imponieren versucht hat. Ich stehe mit meiner Meinung übrigens bei weitem nicht allein da. Auch vielen anderen meiner Bekannten hat das Stück nicht gefallen. Hingegen war das Eröffnungsfest sehr schön!
acqua - 6. Nov, 21:57

Da müssen sich die Luzerner aber ein bisschen freuen, bevor sie das Stück gesehen und ein flaues Gefühl im Magen haben. Das Programm für Samstag und Sonntag klingt jedoch vielversprechend, so dass ich zuversichtlich bin.

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