1
Nov
2008

"Burn after Reading": Verriss

Gestern blödelten Acqua und ich ja noch: Sollte dieser Film nicht "Burn before Reading" heissen? Denn was ist daran so lustig, dass man etwas NACH dem Lesen verbrennen soll? Nichts, oder? Eben. Heute neige ich sogar zur Ansicht: Der Film ist sowieso nicht lustig, und würde wohl am besten "Don't Even Look at It" heissen.

Ich meine: Dass die Amerikaner keinen Schimmer haben, was sie tun; dass sie aber alles zu einem Riesending aufblasen; und dass sie dann total verdutzt sind, wenn ihr Werk als Katastrophe über ihnen zusammenbricht - diese Botschaft haben wir doch in den letzten Wochen, weiss Gott, oft genug gehört. Die muss man uns jetzt nicht gleich auch noch als angeblich schwarze Komödie aufs Auge drücken. Nun gut, man könnte es den Coen Brothers als visionär auslegen, dass sie sich an einer Satire über die Finanzkrise versuchten, als es sie noch gar nicht gab. Aber das ändert nichts dran: Der Film ist einfach nicht lustig.

Die Schauspieler jedenfalls nerven häufig nur, am meisten George Clooney als total neurotischer Schürzenjäger mit Pistole im Achselholster. Er hampelt ja gern, und in den meisten Filmen nimmt man ihm das auch gar nicht übel. Er sieht ja so gut aus! Aber wenn man vor lauter Hampeln nicht mehr sieht, dass er gut aussieht, ja, dann, gute Nacht!

Brad Pitt als spät pubertierender Fitness-Center-Angestellter macht zunächst ja noch neugierig. Er gibt den Jungen Erwachsenen so kindisch, dass man ihm fast nicht abnimmt, dass er im realen Leben gerade wieder mal Vater geworden ist. Aber der Junge, den er spielt, ist einfach doof, bleibt doof und nochmal doof. Weiter nichts. Mit der Zeit wird das langweilig, ja, peinlich.


(Quelle: www.iwatchstuff.com)

Tilda Swinton würde eigentlich als stets genervte Ehefrau und mit der Zeit auch stets genervte Geliebte von dieser George Clooney-Figur überzeugen. Sie erinnert mich dazu noch penetrant an eine Bekannte, eine stets klassisch gekleidete, stets hypernervöse, stets latent säuerliche Bankerin und Mutter von zwei Töchtern. Sehr lebensnah. Nur hat sich die Frogg gefragt: Was hat diese Figur in einer Komödie verloren?

Überhaupt habe ich in diesem Film nur ein einziges Mal gelacht (correct me if I'm wrong, Acqua): An jener Stelle gegen Schluss, als John Malkovich sturzbetrunken, im Morgenmantel und in einer Mordswut aus seinem Böötli steigt: eine Karikatur von einem Amokläufer. Das sind die Coen-Brothers wie wir sie lieben!

Leider hat man von ihnen in diesem Film zu wenig von ihnen gesehen.

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acqua - 2. Nov, 01:26

Leider weiss ich nicht genau, wie oft du während dem Film gelacht hast. Aber sicher nicht so oft, wie die drei Typen zu meiner Rechten. Ich habe aber mehr als einmal gelacht. Und ich fand den Film nicht ganz so schlecht. Er hat mich eineinhalb Stunden lang unterhalten. Aber viel länger als das wird er mir wohl auch nicht im Gedächtnis bleiben.
George Clooney gefällt mir halt schon sehr gut. Auch mit Bart. Und auch hampelnd. Aber es stimmt schon: Er und Brad Pitt zeigten nicht gerade viele Facetten. Aber wieso schreibst du nicht mehr über John Malkovich? Oder über Frances McDormand (Linda Litzke) und Richard Jenkins (der Fitnessclub-Besitzer)? Die drei fand ich recht gut.
Worin ich dir aber vor allem widersprechen möchte: Die kaltsaure Katie-Figur brauchte es unbedingt in dieser Komödie. Sie ist wie das Salz in einem süssen Kuchenteig. Der Kontrast, neben den duseligen Figuren.

diefrogg - 2. Nov, 11:43

Na gut, stimmt...

das Ganze hier ist vielleicht ein bisschen zugespitzt. Aber anderthalb Stunden oder so nur unterhalten werden - das reicht mir einfach nicht bei einem Coen-Film. Ausserdem hat mich wirklich vieles an dem Film einfach genervt. Solche Dinge sehe ich meistens erst am nächsten Morgen klarer, weshalb mein erstes Urteil am Freitagabend so viel milder ausfiel. Was Frances McDormand betrifft: Sie spielt ihre Rolle tatsächlich gut, eine starke Figur, aber diese Figur ist mir einfach unsympathisch. Deshalb habe ich Mühe, sie komisch zu finden. John Malkovich hat mich überzeugt. Seine Geschichte ist mir auch wirklich nahe gegangen. So nahe, dass ich sie eigentlich himmeltraurig finde. Und eben auch nicht lustig, nicht einmal zynisch lustig. Und Richard Jenkins... ja, von dem hätte ich gern noch ein bisschen mehr gesehen und gehört... zum Beispiel hätte ich gern gewusst, warum er seinen Job als orthodoxer Priester verloren hat (nun gut, er war keine sehr starke Persönlichkeit, aber die Details... die Details...)!

"kaltsaure Katie"... der Ausdruck gefällt mir. Ja, vielleicht hast Du recht, das ist die Figur, die sich schon im Film über ihre allgemein inkompetente Umwelt nervt!

Und die Typen neben Dir: Ich glaube, die haben den Film schon etwa zum dritten Mal gesehen. Es gibt also Leute, die ihn lustig finden...
acqua - 2. Nov, 20:18

... Entweder fande sie ihn lustig, oder sie lachten wegen Gruppendruckgründen.

Du hast natürlich absolut recht, von einem Cohen-Film mehr zu erwarten.
diefrogg - 3. Nov, 22:23

Diese zwei Typen...

waren doch so Bürschchen, die sich einmal entschlossen haben, dass die Coen-Brüder Kult sind. Jetzt behandeln sie alles, was von denen kommt als Kult. Wobei... vielleicht gefällt der Film ihnen ja auch, wenn sie genau hinschauen. Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Aber ich erhebe definitiv Anspruch darauf, dass meiner genausoviel Berechtigung hat wie ihrer!
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