28
Nov
2007

Das Frisösen-Dilemma

Zwei Dinge vorweg: Erstens heisst in der Schweiz eine Frisöse „Coiffeuse“. Zweitens steht die Frogg nicht vor einem Dilemma, sondern sogar vor einem Trilemma. Aber wer würde einen Eintrag mit dem Titel „Das Coiffeusen-Trilemma“ lesen? Eben.

Doch zur Sache: Meine Coiffeuse heisst Nicole, und ich besuche sie schon seit Jahren. Bislang fand ich stets, sie mache ihre Sache gut. Nun musste ich mir aber das vorletzte Mal bei Nicoles Salonkollegin Lisette die Haare schneiden lassen, weil Nicole nicht da war. Und just zu jenem Zeitpunkt hatte sich die Frogg für einen radikalen Stilwechsel entschieden: kürzer, und keine Farbe mehr. Denn die Frogg muss jetzt nichts mehr darstellen, und die Welt sollte die weissen Striche sehen, die das Leben ihr in die Haarpracht gezeichnet hat. Nicole hatte stets von solch radikalen Brüchen abgeraten, und die Frogg hatte sich von ihr leiten lassen. Jetzt aber war der Entscheid genügend gereift: Lisette sollte eine Stiländerung ins Werk setzen und tat wie geheissen.

Das Resultat gefiel nicht nur der Frogg, sondern auch dem Rest der Welt. So viele Komplimente hatte ich noch nie für einen Haarschnitt bekommen.

Beim letzten Mal aber war Nicole wieder da. Die Frogg sagte klipp und klar zu ihr: „Ich will es gleich wie beim letzten Mal.“ Doch das erwies sich als Fehler. „Ich kann Dir zwar denselben Schnitt verpassen wie Lisette. Aber genau gleich wird es nicht herauskommen“, sagte Nicole, nicht ohne gekränkten Stolz, „Da hat jeder Coiffeur so etwas wie seine Handschrift.“ Nach einer Weile des Schweigens und Schneidens fügte sie hinzu: „Wenn Du willst, kannst Du in Zukunft gerne zu Lisette gehen. Es macht mir im Fall überhaupt nichts aus.“
„Ach was!“ sagte ich, und damit war das Thema vom Tisch. Nur: Als ich zu Hause vor dem Spiegel stand, gefiel ich mir doch weniger gut als beim letzten Mal.

Jetzt aber denkt und denkt die Frogg: Soll sie beim nächsten Mal stinkfrech zu Lisette gehen? Oder halt doch wieder zu Nicole? Oder soll sie wie eine konfliktscheue alte Frau den Laden wechseln, um weitere Peinlichkeiten zu vermeiden?

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acqua - 28. Nov, 12:28

Ganz klar: stinkfrech sein! Was ist schon eine Stunde Schmollen von neben dem nächsten Coiffeurstuhl gegen wochenlangen schönen Haarschnitt? Vielleicht hat Nicole ja sogar einen festen freien Tag? Wenn du den herausfindest, kannst du sogar dem Schmollen entgehen.

diefrogg - 28. Nov, 14:25

Das Dumme ist nur...

Ich mag Nicole. Wir haben viel geredet. Wir haben gleichzeitig Auto fahren gelernt (für beide eine grössere Herausforderung). Wir haben über Kinderwünsche diskutiert. Es ist nicht einfach...

acqua - 28. Nov, 14:40

Das macht es in der Tat schwieriger.
(Vielleicht könnt ihr ja jetzt gleichzeitig lernen, die eigenen Wünsche zu äussern... ;-) Und wenn du es herausgefunden hast, sagst du mir, wie das geht. Ok?)
Esmerelda - 28. Nov, 16:08

Ich würde zu Lisette gehen. Zum Einen sind es deine Haare und DU willst dich schließlich wohlfühlen! Zum Anderen ist das noch die Tatsache, dass so ein Frisörsalon ein Dienstleistungsbetrieb ist. Die Idee mit dem festen freien Tag ist gut, den Laden wechseln würde ich nicht, wenn du dich da wohl fühlst, was ja so den Anschein hat.
Vielleicht trinkt ihr (du und Nicole) ja mal einen Kaffee zusammen?

Liebe Grüße
Esme

diefrogg - 28. Nov, 16:16

Der Witz ist...

Ich glaube, Lisette will gar nicht, dass ich zu ihr gehe. Es wäre IHR peinlich. Als ich letztes Mal am telefon sagte, ich könnte ja eigentlich zu ihr kommen, war sie total ungangenehm berührt.

katiza - 28. Nov, 16:28

Ach Herrje

Das Problem kenne ich - ich habe meine Friseurin (noch so ein Wort dafür) nach 18 Jahren (inklusive Hochzeitsfrisur und Anwesenheit bei meiner Hochzeit, ihr hinterher pilgern von Salon zu Salon etc.) mit einem Jüngeren betrogen, der noch dazu einst von ihr viel gelernt hat und später sogar ihre Tochter beschäftigt hat. Einfach weil er mich anders gesehen und dadurch neu gestylt hat. Dazu hab ich wochenlang nicht auf ihre Anrufe reagiert und sogar jetzt noch, wo ich das hier poste, ist es mir peinlich (ihm auch, also nicht dass ich es poste, sondern wenn wir über sie reden).
Aber ich gefalle mir besser, ich muss mir weniger anhören und Scham und schlechtes Gewissen sind zwar schwer zu ertragen, aber ein gutes Styling wiegt viel wieder auf - versuch es trotzdem mit beiden zu klären. Ein starkes Argument wäre: Es hat doch jeder Coiffeur so etwas wie seine Handschrift....und vielleicht kannst du ja Nicole auch noch eine neue Kundin vermitteln.

epper - 28. Nov, 22:11

Aber, aber... Das Leben ist zu kurz, als dass man es mit der zweibesten Frisur meistern sollte und "all in all" geht es doch um den Tausch Dienstleistung gegen Geld. Wer professionell arbeitet, z.B. als Hairdresser, sollte die Eifersucht zuhause lassen. Und den Kunden ein gutes Gefühl geben, so und anders. Aber ich habe gut reden: Mein Coiffeur und ich, das ist kein Thema, das mich beschäftigt - und er arbeitet alleine.

diefrogg - 29. Nov, 13:34

Ja, ja, die...

Dienstleistungsgesellschaft! Sie ist hier also das Stichwort. Nach ihren Gesetzen leben wir alle. Sind alle professionell, selbstbewusst in unseren Ansprüchen und hart im Nehmen, wenn wir selber servieren. Aber manchmal tut es trotzdem weh, oder nicht?

Aurisa - 1. Dez, 16:32

Schön wäre es ja, wenn wir alle mit solchen Dingen einfach so locker umgehen könnten... aber wer ist schon so souverän, daß ihm das nichts ausmacht gezeigt zu bekommen, daß man jemand anderes in seinem Bereich besser findet...
Ich weiss leider auch keine Lösung... und ich fürchte es gibt da auch gar keine wirklich gute Lösung...
Ich hatte das Problem so nie... weil ich nie eine 'Stammfriseurin' hatte... kann es aber doch ein wenig nachvollziehen... weil ich auch einige male bei einer war, die sich Mühe gegeben hat mit mir... und wo mir das Ergebnis auch gefallen hat und ich mich auch sonst wohl gefühlt habe...
Nur war das immer ne halbe Weltreise bis dorthin... und jedes mal fast schon 100 Euro hinlegen... das kann ich auch nicht...
Ich war darum auch schon lange nicht mehr dort... und habe auch ein schlechtes Gewissen deswegen :(...
Viele Grüße
Aurisa
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