20
Jul
2013

Der Schrammstein-Entschluss

In den Schweizer Alpen muss man ja für eine richtig tolle Aussicht um sechs Uhr morgens aufstehen und dann vier Stunden stetig steigen. In der sächsischen Schweiz verlässt man dagegen um zehn Uhr gemütlich die gute Stube - und geniesst zwei Stunden später die grandiose Aussicht auf dem nächsten Gipfel.

Doch zeigte sich schnell, dass dass das für Schweizerin Frogg mehr als genug war. Als sie den ersten richtigen Berg in Sachsen bestieg, kamen bei ihr bedenkliche Fitness-Defizite an den Tag.

Es ging auf die Schrammsteine - und da hinaufzusteigen lohnt sich. Die Aussicht ist phantastisch:


(Bild vom kulturflaneur)

Die Felstritte und Leichtmetall-Treppchen dort oben brachten mich aber mächtig ausser Puste.

Ich bin früher eine ausdauernde Bergziege gewesen. Dass ich 200 Meter Höhenunterschied mit krebsroter Birne bewältigen musste, fand ich blamabel. Ich hatte sogar Herzrasen! Und neben mir hüpften tschechische Touristen wie Rehlein gipfelwärts.

Einmal oben erforschte Herr T. auch noch den letzten Felszacken. Frau Frogg dagegen blieb im Bereich mit den schwindelpatientensicheren Geländern, blickte übers Land und fragte sich: Was ist bloss mit mir passiert?

Ich musste mir eingestehen: Es ging um die Frage, wie viel ich mir im Alltag abverlange. Wegen meiner Menière-Erkrankung neige ich dazu, meine Grenzen nicht allzu forsch auszutesten. "Sie brauchen genug Erholungszeit, sonst kippt ihr gutes Ohr", hat ein Arzt einmal zu mir gesagt - und ich nickte, denn das wusste ich bereits aus Erfahrung. Allerdings hätte ich es selber nicht in so simple Worte fassen können.

Dazu kamen merkwürdige Fussschmerzen im letzten Herbst. Eine richtige Diagnose dafür habe ich nicht gesucht. Ganz weggegangen sind sie aber auch nicht. "Ich werde eben alt", dachte ich. "In zwei Jahren bin ich 50." Und ging dazu über, auch meine Füsse - genau wie meine Ohren - etwas mehr zu schonen als früher.

Zwar habe ich immer noch einen Schrittzähler und lege meine 10000 Schritte im Tag zurück, meistens in der Stadt und mit gutem Schuhwerk. Damit hat es sich.

Zu wenig, stellte ich auf den Schrammsteinen fest.

Deshalb fasste ich dort oben einen Entschluss: "Ich werde jetzt ausprobieren, ob ich ein bisschen Konditionstraining aushalte", sagte ich mir. Schliesslich warteten in der sächsischen Schweiz noch weitere Berge auf uns. Ich musste wieder berggängig werden, wenn ich nicht im Tal versauern wollte. Länger als fünf Stunden dauern Wanderungen dort sowieso selten. Genug Erholungszeit blieb mir also täglich.

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hotcha - 22. Jul, 19:29

Sächsische Schweiz, sie verfolgt mich

Lese grad die Tagebücher von Victor Klemperer, im Moment stehen wir bei 1920. Es wird nebst allerhand anderem viel gewandert, das liest sich sehr härzig - Flüsse Berge Täler Aussichten, viel davon in der Sächs. Schweiz. Ob man da auch Velo fahren kann?

diefrogg - 23. Jul, 11:40

Victor Klemperer!

Das wird aber viel Lese-Kondition erfordern! Ich habe einmal die Verfilmung gesehen. Sehr eindrücklich! Aber die mehrbändige Ausgabe zum Lesen hat mich dann doch abgeschreckt. Ich wusste gar nicht, dass er in den Zwanzigern schon anfing. Das ist natürlich umso spannender, weil es die Geschehnisse in den Dreissigern und Vierzigern in einen neuen Kontext setzt.

Ja, in der sächsischen Schweiz kann man Velo fahren. Es gibt einen sehr schönen Radweg der Elbe entlang, der auch gut genutzt ist - in trockeneren Zeiten muss man sich da als Fussgänger wohl ziemlich in Acht nehmen. Auch im Kirnitschtal haben wir Radfahrer gesehen.
books and more - 22. Jul, 20:26

Blöde Frage, Frau Frogg: Gehört denn sportliche Anstrengung überhaupt zu der Art von Anstrengungen, die einem als Menière-Patientin besonders zusetzen und vor denen man sich hüten bzw. von denen man sich ausreichend erholen muss?
Ich bedarf ja aus anderen Gründen auch der Schonung, aber das (bei mir) irrtümlich auf den Sport auszudehnen, wäre (bei mir) geradezu fatal und schnitte mir einiges an Heilungs- und Stabilisierungspotential ab.

Ein sehr schönes Foto übrigens!
Herzliche Grüße, Ihr
B.

diefrogg - 23. Jul, 12:01

Das ist eine Frage, die...

nach einer komplizierten Antwort verlangt. Ich versuche trotzdem, eine Kurzfassung hinzukriegen. Insgesamt gilt: Die Ärzte rieten mir nie explizit vom Sport ab. Ich musste aber ohnehin weit gehend selber - und zum Teil mit professioneller Hilfe Dritter - herausfinden, was mir guttut und was nicht.

Sport hat für mich immer eine Menge negativer Konnotationen gehabt. Ich war nun mal ein pummeliges Kind. Was habe ich in der Schule nicht alles für Schrecknisse erlebt! Später habe ich mit viel Vergnügen einige Sportarten betrieben: Radfahren, joggen, wandern, schwimmen. Heute mag ich nicht mehr joggen und radfahren. Die Gründe dafür sind einem Menschen mit intakten Ohren schwer zu erklären. Aber ich wandere immer noch gern und bringe mich dabei auch ab und zu mal ins Schwitzen - und in der Regel macht mich das auch glücklich. Schwimmen müsste ich wieder ausprobieren. Ob es auch heilsam ist? In für mich in zuträglichem Masse sehr wahrscheinlich.

Vielleicht wollen Sie darauf hinaus, dass Sport generell eine heilsame Wirkung hat? Dazu kann ich sagen: Jein. Früher bin ich viel gejoggt, um meine Zirkulation richtig in Schwung zu bringen. Das verbesserte auch die Hörleistung im besten Fall für ein paar Stunden - änderte aber nichts daran, dass das Gehör insgesamt nachliess. Zudem schien mir das Laufen den Schwindel eher zu fördern.
perlentaucherin - 22. Jul, 20:31

hoffe die sicht konnte entschädigen für die an sich selbst entdeckten zipperlein...in meiner geliebten sächsischen schweiz!

diefrogg - 23. Jul, 12:21

Und wie...,

frau perlentaucherin! Und wie!
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