14
Jul
2013

Soll man dort reisen?

Soll man in einem Unwettergebiet reisen? Diese Frage stellte ich mir nicht zum Erstenmal, als ich die Schäden in Bad Schandau sah. Fragte man die Leute, die in der Sächsischen Schweiz in der Tourismusbranche tätig sind, so lautete die Antwort unumwunden: "Ja, kommt!" Denn sie leben von den Touristen. Die wollen nach solchen Schäden nicht auch noch die Einnahmen eines Sommers verlieren. Ich hatte also kein schlechtes Gewissen, dort zu sein. Wir taten unser bestes und konsumierten.

Natürlich kann man nun den Einwand vorbringen, dass der Konsum eine Geisel unserer Zeit sei und die Welt in den Untergang treiben wird. Aber ich fand den Zeitpunkt für solche Einwände gerade nicht so glücklich gewählt.

Für mich gab es eine zusätzliche Schwierigkeit. Ich brauche viel Ruhe. Sonst werde ich schwerhörig. Keinesfalls werde ich meinen Urlaub dazu missbrauchen, das labile Gleichgewicht der Flüssigkeiten in meinem Innenohr vorsätzlich aus dem Lot bringen. Also suchten wir uns überschwemmungsfreie Räume.

1) Wir suchten die Höhe. Dort ist die Landschaft unversehrt - und grossartig.


(Von unserer ersten Wanderung vom Kirnitzschtal hinauf nach Mittelndorf und Altendorf, Blick auf die Affensteine).

2) Ich erklärte unsere Ferienwohnung zur heilen Welt. Der Kulturflaneur hatte zum Glück eine Wohnung mit gemütlicher Terrasse gefunden. Weil uns das Wetter hold war, verbrachten wir dort viel Zeit. Wir lasen, wir schrieben, wir lagen an der Sonne.

3) Mit der Zeit lernten wir, keine rotweissen Absperrungen zu missachten. Wir versuchten, nicht zu gaffen und nur wenig zu fotografieren.

Wir hätten auch mal aufräumen geholfen, wenn es sich ergeben hätte. Aber es hat sich nicht ergeben. Die Sachsen sind tüchtige Leute. Die halfen einander selber.

Und tatsächlich: In Bad Schandau stabilisierte sich nicht nur mein Gehör sehr schnell. Wir verbrachten dort auch eine sehr gute Zeit.

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bonanzaMARGOT - 15. Jul, 14:38

deine ohr-krankheit kenne ich nicht. ich würde sie von der frage trennen, ob man in solchen katastrophengebieten seinen urlaub verbringen sollte.
ich denke, es kommt auf die art der katastrophe an, und wie weit dort noch menschliches leid sichtbar ist. freilich kann man auch journalistische ambitionen haben ..., um dann seine eindrücke in den medien wiederzugeben.
rein urlaubsmäßig würde ich nicht in solche gebiete verreisen. jedenfalls nicht in dem bewusstsein, dass dort gerade eine katastrophe stattfand. oder aber man hat zu der region eine besondere verbindung, weil man dort angehörige oder freunde hat.
natürlich sind die menschen dort auf geld angewiesen. aber das spendet man vielleicht besser.

diefrogg - 16. Jul, 11:05

Bezüglich...

spenden und konsumieren würde ich jetzt mal sagen: Das eine tun und das andere nicht lassen. Aber bei beidem stellt sich natürlich die Frage: Kommt das Geld in die richtigen Hände?
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