Die Planwirtschaft
Da sitzen wir nun, im lauschigen Garten der Dresdener Planwirtschaft. Nicht nur der Name und der Dekor des Restaurants erinnern ostalgisch-ironisch an die DDR - die Speisekarte ist ein Lehrstück über die sächsisch-sozialistische Küche.
Vom Schweinebraten mit Semmelknödeln und Rahmwirsing (im Bild) über die Soljanka bis zum Moskauer Eis. Ohne Dogmatismus allerdings. Es gibt auch Flirts mit dem imperialistischen Todfeind: beim Caesar Salad etwa.
Klar, dass wir als Schweizer Touristen auf das Lokal fliegen, einfach weil es an die DDR erinnert. Auch für uns war der Fall der Mauer das historische Ereignis unserer jungen Jahre. Die DDR weckt unser Interesse, unsere Neugier. Kennen tun wir sie nur aus Filmen wie Goodbye Lenin oder Das Leben der Anderen.
Jetzt, wo wir wirklich im deutschen Osten sind, erleben wir Ostalgie - oder dann eine gewisse Verschwiegenheit über die DDR. In der Tonbildschau über die Geschichte des Meißener Doms etwa heisst die DDR-Zeit „die schwierige Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg“ und ist genau einen Satz wert. Immerhin haben wir bereits gelernt, dass die DDR nicht einfach ein graues Land mit grau verputzten Häusern und zwangsläufig verschwiegenen Menschen war. Wir haben gelernt: Es gab auch damals einen florierenden Tourismus in der sächsischen Schweiz. Und es gab Kinder, die Dampferfahrten auf der Elbe liebten.
Und es gibt in der ehemaligen DDR Landschaften, die für unsere Augen erstaunlich unberührt wirken. Jedenfalls im Vergleich zu jenen bei uns Hause. In der Schweiz herrscht ja selbst in Erholungsgebieten Dichtestress (und ich betone: Daran sind nicht die Ausländer schuld, sondern häufig der einheimische Mittelstand mit seinen Zivilpänzerli* und seinen ungezogenen Wauwaus).
Die Ruhe in Sachsen finde ich dagegen ja so erholsam! Allerdings haben meine Freunde mich gelehrt, sie auch als ungemütliches Zeichen mangelnder wirtschaftlicher Dynamik zu verstehen – eine Hypothek aus DDR-Zeiten. Genau wie die Tatsache, dass dort viele wunderschöne Bauten aus der Gründerzeit verfallen.
Hier etwa an guter Lage in Meißen - eine Folge unsicherer Besitzverhältnissen und der Abwanderung nach der Wende. 1984 hatte etwa Meißen noch 38000 Einwohner. 2010 waren es knapp 28000 (Quelle: Wikipedia). Da können nicht einmal Ruinen-Romantiker in Begeisterung ausbrechen.
* Zivilpänzerli ist des kulturflaneurs Bezeichnung für Offroader.
Vom Schweinebraten mit Semmelknödeln und Rahmwirsing (im Bild) über die Soljanka bis zum Moskauer Eis. Ohne Dogmatismus allerdings. Es gibt auch Flirts mit dem imperialistischen Todfeind: beim Caesar Salad etwa.
Klar, dass wir als Schweizer Touristen auf das Lokal fliegen, einfach weil es an die DDR erinnert. Auch für uns war der Fall der Mauer das historische Ereignis unserer jungen Jahre. Die DDR weckt unser Interesse, unsere Neugier. Kennen tun wir sie nur aus Filmen wie Goodbye Lenin oder Das Leben der Anderen.
Jetzt, wo wir wirklich im deutschen Osten sind, erleben wir Ostalgie - oder dann eine gewisse Verschwiegenheit über die DDR. In der Tonbildschau über die Geschichte des Meißener Doms etwa heisst die DDR-Zeit „die schwierige Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg“ und ist genau einen Satz wert. Immerhin haben wir bereits gelernt, dass die DDR nicht einfach ein graues Land mit grau verputzten Häusern und zwangsläufig verschwiegenen Menschen war. Wir haben gelernt: Es gab auch damals einen florierenden Tourismus in der sächsischen Schweiz. Und es gab Kinder, die Dampferfahrten auf der Elbe liebten.
Und es gibt in der ehemaligen DDR Landschaften, die für unsere Augen erstaunlich unberührt wirken. Jedenfalls im Vergleich zu jenen bei uns Hause. In der Schweiz herrscht ja selbst in Erholungsgebieten Dichtestress (und ich betone: Daran sind nicht die Ausländer schuld, sondern häufig der einheimische Mittelstand mit seinen Zivilpänzerli* und seinen ungezogenen Wauwaus).
Die Ruhe in Sachsen finde ich dagegen ja so erholsam! Allerdings haben meine Freunde mich gelehrt, sie auch als ungemütliches Zeichen mangelnder wirtschaftlicher Dynamik zu verstehen – eine Hypothek aus DDR-Zeiten. Genau wie die Tatsache, dass dort viele wunderschöne Bauten aus der Gründerzeit verfallen.
Hier etwa an guter Lage in Meißen - eine Folge unsicherer Besitzverhältnissen und der Abwanderung nach der Wende. 1984 hatte etwa Meißen noch 38000 Einwohner. 2010 waren es knapp 28000 (Quelle: Wikipedia). Da können nicht einmal Ruinen-Romantiker in Begeisterung ausbrechen.
* Zivilpänzerli ist des kulturflaneurs Bezeichnung für Offroader.
diefrogg - 7. Jul, 15:14
2 Kommentare - Kommentar verfassen - 0 Trackbacks
punctum - 7. Jul, 23:03
"Zivilpänzerli" ist ein herrliches Wort!! :-)
diefrogg - 8. Jul, 12:43
Ich bin froh...,
dass Du dem Text etwas Positives abgewinnen kannst, liebe frau punctum! Ihn zu schreiben hat mich sehr verunsichert. Ich habe mich oft gefragt, ob unsere Neugier auf das Thema überhaupt berechtigt ist... Verhalten wir uns da nicht wie ausländische Touristen, der in der Schweiz zuallererst und ausschliesslich Berge, Kuhglocken und Käse suchen? Oder, auch peinlich: wie jemand, der uns ständig mit unserer weltpolitisch fragwürdigen Lage konfrontieren will: Bankgeheimnis, Gezerre mit der EU und all das Zeug. Natürlich habe ich zu all diesen Dingen etwas zu sagen und eine Meinung - und wenn man mir solche Fragen auf zugewandte Weise stellt, beantworte ich sie auch gerne. Aber sicher würde ich mich brüskiert fühlen, wenn ich den Eindruck hätte, man wolle mich auf diese Aspekte reduzieren.
Ich habe den Text jetzt noch leicht umgeschrieben - aber die Zivilpänzerli habe ich natürlich stehen lassen ;)
Ich habe den Text jetzt noch leicht umgeschrieben - aber die Zivilpänzerli habe ich natürlich stehen lassen ;)
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