12
Okt
2011

Leistungssport im Job

Unsere Zeitung verliert Abonnenten. Das ist nichts Ungewöhnliches. Alle Tageszeitungen tun das, seit Jahren. Wenn die neuen Abo-Zahlen präsentiert werden, hält der Chefredaktor deshalb jeweils eine kleine Ansprache. Er ermuntert uns Redaktoren dann zu noch mehr Beisswut, Fleiss und Präzision bei immer geringeren Budgets. Dieses Jahr sagte er: "Journalismus ist zu einem Leistungssport geworden". Das ist mir besonders nahe gegangen. Wegen meiner Krankheit kann ich nur noch vorsichtig hinter den Platzhirschen in unserem Team herhoppeln.

Ich nagte eine Weile an dem Satz.

Dann fragte ich mich, ob ich bei meinem täglichen Gang in sein Büro nebenbei fröhlich fragen sollte, ob wir auf der Redaktion auch paralympische Disziplinen hätten.

Darüber konnte ich wenigstens lachen. Aber dann wurde ich wieder nachdenklich.

Diese Branche macht uns zu Invaliden, bevor wir es wirklich sind, dachte ich.

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Rockhound - 13. Okt, 09:08

Das macht nicht nur eure Branchen, das machen momentan alle Branchen. Es wird überall gejammert. Der Euro, der sinkende Export, die steigenden Kosten, blahblahblah. Alles nur Gerede.

Neulich erklärte eine Journalistin am österreichischen TV ihren Job und erklärte, dass man nicht einfach so im Internet Texte kopieren dürfe, man müsse vorher recherchieren, ob diese Texte auch wirklich stimmen. Da dachte ich, kein Wunder verkaufen die Zeitungen immer weniger, wenn nur noch kopierte Texte veröffentlicht werden. Recherchieren scheint heute nur noch online stattzufinden. Damit wird doch der Job des Journalisten total langweilig. Meine Mutter arbeitet auch als Journalistin in einer sehr kleinen regionalen Zeitung. Sie ist immer unterwegs. Sie kennt eine Menge Leute. Sie ist vorn dabei und bringt keine kopierten Texte, sondern nur selbst Verfasstes und gut Recherchiertes. Mir scheint, es sollte wieder mehr so sein. Wenn wir nämlich keinen Einheitsbrei in den Medien präsentiert kriegen, interessieren wir uns auch mehr für diese. Mir persönlich schien der Beruf des Journalisten schon immer als ein Leistungssport, ehrlich gesagt. Natürlich gehört meine Mutter noch zur alten Schule und ist bereits im Pensionsalter.

Und natürlich gab es auch früher schon schlecht recherchierte Beiträge. :-)

diefrogg - 13. Okt, 18:43

Also, Frau Rockhound,

Du betrittst da ein weites Feld... sagen wir einfach so viel: Ich war vor vier Jahren noch selber Lokalredaktorin. Auch damals war Lokaljournalismus ein Leistungssport. Arbeitstage von 10 Stunden waren eher die Norm als die Ausnahme. Und das Internet kannst Du im Lokaljournalismus eh nicht brauchen, ausser für Recherchen im eigenen Archiv und Telefonnummern.

Die Tatsache, dass mein Chef den Journalismus erst jetzt als Leistungssport bezeichnet, hat mich genau deshalb alarmiert.
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