12
Mai
2013

Der Traum vom Schreiben

Meine treuen Leserinnen und Leser wissen: Vor ein paar Jahren habe ich noch den Traum verfolgt, Schriftstellerin zu werden. Genauer: Krimiautorin. Ich habe 2009 ein weit fortgeschrittenes Projekt nicht zuletzt aus gesundheitlichen Gründen fahren lassen.

Seither habe ich - ausser auf diesem Blog - wenig geschrieben. Aber den Drang, Geschichten zu schreiben, habe ich immer noch. Zwei, drei Projekte habe ich vage verfolgt. Für eines habe ich einen Viertelplot und viele Notizen. Aber ich habe nicht richtig losgelegt, weil mich eine düstere Ahnung verfolgt. Eine Ahnung, die zu Worten wurde, als ich dieses Buch zu lesen begann.



Auf Deutsch heisst es Das Leben und das Schreiben - und es ist ein Buch mit viel Klartext über die Imagination und darüber, wie man sie zu Büchern macht. King schreibt (ich übersetze selber):

"Schreibende bilden eine Pyramide wie wir sie in allen Bereichen menschlichen Talents und menschlicher Kreativität vorfinden. Zuunterst sind die Schlechten. ... Über ihnen steht eine Gruppe, die etwas kleiner, aber immer noch gross ist. Das sind die kompetenten Schreiber. Die nächste Ebene ist viel kleiner. Hier sind die wirklich guten Schreiber. Und über ihnen allen - über fast allen von uns - sind die Shakespeares, die Faulkners ..." und so weiter. Es sei unmöglich, aus einem schlechten einen kompetenten Schreiber zu machen, so King. Aber es sei "mit viel harter Arbeit, Hingabe und Hilfe zur richtigen Zeit", möglich, aus einem kompetenten einen guten Autor zu machen.

Nun mache ich mir vielleicht etwas vor - aber ich habe mich immer für eine kompetente Autorin gehalten (King schliesst bei diesen Überlegungen JournalistInnen ausdrücklich ein, über BlogerInnen äussert er sich nicht). Also wären meine Chancen intakt, einmal eine gute Geschichte zu schreiben. Ich müsste nur genügend harte Arbeit und Hingabe aufbringen.

Doch genau hier liegt das Problem. Ich habe einmal hart an einem Roman gearbeitet. Ich habe mich sogar der Illusion hingegeben, dass es meiner Gesundheit guttun würde, einen Roman zu schreiben. Ich erlebte berauschende Momente. Doch meine Kräfte haben damals nicht gereicht. Und meiner Gesundheit genützt hat es auch nicht.

Es ist Zeit für mich, mich von einem Traum zu verabschieden, der mich ein Leben lang begleitet hat.

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Teufels Advokatin - 12. Mai, 22:17

Ich muss sagen:

Ich finde das Urteil von King ziemlich hart und evtl. etwas selbstgerecht. Als könnte er ein Urteil darüber fällen, ob jemand ein "guter Schreiber" ist.

steppenhund - 13. Mai, 14:00

Vermutlich denkt King, dass er ein guter Schreiber ist. Aus dem obigen Posting ist nicht heraus zu lesen, ob er das im Buch so formuliert. Das ändert aber wenig an seiner Darstellung, die ich für durchaus zutreffend halte. Es gibt ja auch noch eine weitere Klassifizierung: erfolgreich und nicht erfolgreich. Und das verdiente Geld hängt nicht so sehr von der Güte des Schreibens ab. Beispielsweise schätze ich einen Michael Ende weitaus höher als Rowlings ein. Seine Fantasiewelten bergen mehr Tiefgang und wurden früher konzipiert, allerdings hat sich das Marketing nicht so drauf geworfen.
diefrogg - 13. Mai, 19:06

@ steppenhund: Na, na,...

Michael Ende war aber zu seiner Zeit auch ein Top-Bestseller-Autor! Das Cover von "Momo" war bei uns in den frühen achtzigern so omnipräsent, dass ich mich noch daran erinnern werde, wenn mir die meisten anderen Jugendeindrücke in der Altersdemenz ertrunken sind! Ich persönlich mochte "Die unendliche Geschichte" viel besser als "Momo". Den Vergleich möchte ich mangels verlässlicher Daten nicht wagen - aber auf Rowling lasse ich nichts kommen! "Harry Potter" halte ich immer noch für genialen Stoff.

Stephen King reiht sich vermutlich unter die kompetenten bis guten Schreiber ein. Ich finde ganz sympathisch, dass er das offen lässt. Nicht unter die genialen (das wäre ja auch unbescheiden). Er schreibt ja, die Genies stünden "über uns allen".

@ Teufels Advokatin: King's Urteil ist eines jener Haudegen-Urteile, die ich aus dem Journalismus gut kenne. Da sagen wir über junge Mitarbeiter auch: "Er ist ein guter Schreiber." Oder: "Er überzeugt mich als Schreiber einfach nicht so." Ja. Das bringt zum Ausdruck, dass man selber die Regeln kennt und die Tatsachen beurteilen kann. Das muss man sich in der schreibenden Zunft auch immer wieder selber bestätigen, weil man eigentlich nie ganz sicher ist.
tinius - 13. Mai, 05:27

Ich schließe mich ausdrücklich Kings Einteilung an, bin aber gerade nicht sicher, wo ich King selbst da einreihen wollte - eher im Bereich der kompetenten Schreiber, denn es finden sich immer wieder Schwachstellen in seinen Büchern. - Über Deine Eignung, einen Roman zu schreiben, vermag ich nicht zu urteilen. Wahr aber ist, daß es Arbeit und Zeit erfordert, vor allem um etliche Revisionen, Überarbeitungen zu bewältigen. Vielleicht solltest Du Dich erstmal an der kurzen Form ausprobieren, trainieren ? Oder etwa im Rahmen des NaNoWriMo etwas herunterschreiben und dann sehen, wie man das ausarbeiten und formen kann ? Ich selbst bin für Prosa, glaub ich, nicht tauglich. LG tinius

diefrogg - 13. Mai, 11:52

Ja, die Frage,...

wo man King einteilen könnte, ist sicher pikant. Das Buch "On Writing" gefällt mir sehr - mit der Einschränkung, dass gewisse seiner Hinweise ("Vermeide Passiv-Konstruktionen!") etwas für blutige Anfänger sind. Leider habe ich keinen seiner unzähligen Romane gelesen. Wahrscheinlich irgendwo zwischen kompetent und gut. Die Tatsache, dass die Bücher so erfolgreich sind, legt nahe, dass er nicht allzu schwach sein kann.

Danke für den Tipp mit dem NaNoWriMo. Ich habe das immer für unter meiner Würde gehalten (schliesslich bin ich Journalistin und habe einen Abschluss in Literaturwissenschaften. HALLO??!!!). Aber inzwischen halte ich es schon für grundsätzlich falsch, Dinge für unter meiner Würde zu halten. Das schaue ich mir gerne mal an. Ich denke ja immer gleich in Romanen - habe auch immer wieder an Romanen gearbeitet. Im Bereich der Kurzprosa interessiert mich fast nur der Blogbeitrag ;) Aber vielleicht sollte ich daran arbeiten.
walküre - 18. Mai, 19:41

Uiuiui, wenn ich lese, dass er von Passiv-Konstruktionen abrät, muss ich klipp und klar feststellen, King schreibt - auch diesen Ratgeber/diese Abhandlung - für den amerikanischen Markt. Was im American English bei bestsellerlistenträchtiger Belletristik nicht ratsam sein mag, gilt noch lange nicht für andere Sprachen und andere Stile.

Und sonst: Ich sage, beim Schreiben ist der Weg das Ziel. Wenn man beim Bergwandern nicht zunächst auf den unmittelbaren Weg und auf seine Füße schaut, hauts einen früher oder später auf die Nase, und genauso verhält es sich beim Schreiben. Also: Schreiben, wie es einem in den Sinn kommt, ohne sich verbilden zu lassen und ohne dem inneren Schweinehund Meinungs- und Korrekturfreiheit zu gewähren !
diefrogg - 20. Mai, 10:49

Puncto...

Passivkonstruktionen geht King mit den Grundregeln bei den renommierteren Journalistenschulen, wichtigen Lehrbüchern des deutschsprachigen Journalsimus und den grösseren Zeitungen unseres Landes einig. Ganz daneben kann die Regel also nicht sein. Der Tenor lautet: Passivkonstruktionen machen Texte schwer lesbar.

Das deckt sich mit meiner Erfahrung- und ich sage das als Person, die beruflich jeden Tag mit Texten aller Art umgeht und auch mal etwas schlecht Geschriebenes liest. Ich würde es so sagen: Kompetente Schreiber sollten die Passivkonstruktion so spärlich wie möglich verwenden. Gute oder sehr gute Schreiber werden sie zu gebrauchen wissen, wo sie ihre beste Wirkung erzielt.
Jossele - 13. Mai, 15:20

Stephen King hin oder her, und was wenn man es einfach einmal versucht?
Ich mein, es nicht zu tun ist Scheitern, es zu versuchen ist Möglichkeit.
Don Quichote de la Mancha wäre ein besserer Ratgeber als King tät ich meinen.

diefrogg - 13. Mai, 19:15

Ihre Kommentare...

entlocken mir immer wieder ein freudiges Lächeln! Ja, vielleicht ist es das. Einfach dahinschreiben. Ohne das Ziel, einen Knüller-Plot oder ein druckfertiges Buch zu haben.
hotcha - 14. Mai, 08:14

Harte Arbeit, genau

Immer wieder beeindruckend, die Berichte aus der Autorenwerkstatt, wo zu festgelegten Zeiten eine bestimmte Anzahl Zeilen produziert wird, und das täglich. King ist bestimmt auch einer von dieser Sorte, oder? Mich dünkt allerdings, er schreibt über x Romane immer wieder an derselben Story weiter - richtig gelesen habe ich allerdings nur einen, war total gepackt, das muss mindestens 30 Jahre her sein. Seither gucke ich manchmal im Vorbeigehen in ein Taschenbuch im Brocki rein, oder in einen seiner Filme auf Youtube.

Auch eine immergleiche Story kann Freude machen - aber leider schreibt King nicht so, dass ich ihn gerne lese. Kürzlich habe ich es trotzdem wieder versucht, 11.22.63 verrottet auf meinem Kindle, nach vielleicht einem Viertel bleibt der Roman extrem hinter den Möglichkeiten der Geschichte zurück und nervt nur noch durch Banalität. Dabei wäre es wirklich spannend zu lesen, was aus der Annahme 'Der Kennedy-Mord wird durch Zeitreisende verhindert' entstehen kann. Aber das wäre nun harte Arbeit, die King nicht leistet. Ein bisschen wird gestaunt, wie billig früher das Benzin war, solche Sachen eben, aber sehr bald geht er zum Courant Normal über: sparsam skizziertes Kleinstadtmilieu, ein wenig Action, eine Liebesgeschichte mit Happy End - habe ich nur noch durchgezappt, um nichts wichtiges zu verpassen.

Ich darf noch meinen absoluten Lieblingsautor empfehlen, der all das kann, was Stephen King fehlt - jeder Satz, jedes Wort sitzt, es ist spannend, obwohl die Geschichten an der Oberfläche banale Gangsterstories sind -, allerdings kommt man um den Originaltext (frz.) nicht rum, da lob' ich mir halt die Bieler Zweisprachigkeit.... Jean-Patricke Manchette, Romans Noirs. Der hat leider keine Rezeptbücher geschrieben.

diefrogg - 14. Mai, 20:07

Das ist eine Einschätzung...

von King, die jedenfalls nahe legt, dass ich nicht viel verpasst habe, wenn ich bislang sonst nichts von ihm gelesen habe! "Carrie" oder "Misery" würde ich vielleicht mal versuchen. Wobei ich mich dann jeweils nerve, wenn bei Charakterbeschreibungen fürs Handfeste eher begabte Männer meinen, sie wüssten, wie man das Innenleben weiblicher Figuren beschreibt. Aber probieren schadet ja nichts. Dieses Schema "Aussenseiter setzen sich auf gruselige Weise zur Wehr" scheint eine der Geschichten zu sein, die er gern erzählt. Das ist eigentlich ein interessanter Ansatz

Den Namen Manchette habe ich noch nie gehört! Ich lebe irgendwie mit dem Rücken zum Röstigraben und schaue wohl ein bisschen zu konzentriert über den Ärmelkanal oder gar den Nordatlantik. Man verpasst dabei vieles. Vielleicht sammle ich mal die erbärmlichen Reste meiner Französischkenntnisse zusammen und versuche es mit ihm.
C. Araxe - 16. Mai, 21:10

King als Maßstab für gutes Schreiben und als kompetente Wertung, was ein kompetenter Autor ist? Auf die Idee würde ich niemals kommen. Sicher ist mein Urteil sehr subjektiv, was für mich gute Literatur ausmacht. Weder Verkaufszahlen spielen da eine Rolle, noch jegliche Preise, auch wenn ich bei Letzteren zumindest oft doch schaue, ob das was für mich ist. „Nur” eine packende Story zu schreiben, ist für mich meist zu wenig. Mitunter oder auch doch vielfach, mag ich gerade das, was nicht so flüssig ist. Das, was sich eben nicht so einfach lesen lässt. Außer dem Bloggen (und das ohne jeglichen literarischen Anspruch – ich schreibe da einfach aus dem Bauch heraus) schreibe ich zwar nichts; ich bin da eher, was Kreativität betrifft, im „künstlicheren” (ich mag das Wort „Kunst” nicht) Sinne unterwegs. Aber ich denke, dass man die Herangehensweise ähnlich sehen kann. Ausschlaggebend ist der Impuls, dies unbedingt zu wollen, ungeachtet von dem, was die Umwelt dazu meinen könnte. Ein Drang aus sich selbst heraus, dem einfach nachgegeben werden muss. Also, wenn Sie wirklich wollen (in diesem Sinne schlicht müssen), dann machen Sie das auch. Harte Arbeit, Zweifel und all das spielen eigentlich überhaupt keine Rolle, wenn da genug in Ihnen ist, das will und muss.

diefrogg - 16. Mai, 22:30

Doch, ich glaube,...

ich kann King als Massstab nehmen - denn dieses Buch von ihm gefällt mir. Was er darin schreibt, kann ich ernst nehmen, und ich weiss, was ich damit messe. Seine eigenen Romane kenne ich nicht, aber um die geht es mir nicht. Was packende Stories betrifft, so gilt für mich die Regel: Wenn sie mich packt, ist sie gut. Weil sie ein Thema aufgreift, das mich irgendwo berührt. Diese ganzen unputdownable-cliffhangers-Techniken kenne ich mittlerweile zu gut, um mich davon zu irgendetwas zwingen zu lassen. Und sonst: Ich mache, was ich mache. Mal sehen, was dabei herauskommt.
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