19
Okt
2016

Enttarnt

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24
Aug
2016

Heiraten ist unterbewertet

Die traditionelle Liebesgeschichte endet mit mindestens einer Hochzeit. Liebesroman-Muffel betonen gerne, wie unsinnig das sei: "Nach der Heirat fangen die Probleme doch erst an", sagen sie. Eben. Gerade deshalb finde ich es wichtig, das Drama des Sich-Kennenlernens mit einem Freudenfest ausklingen zu lassen. Eheprobleme sind dann Thema einer neuen Geschichte.

Im wirklichen Leben ist es ja manchmal doch etwas anders. Ich kann das jetzt beurteilen. Ich habe vor ein paar Tagen geheiratet. Ich bin 51, lebte mit meinem Mann mehr als 15 Jahre lang im Konkubinat - die Probleme kennen wir, einfach ohne Ehe. Ich habe mich also sehenden Auges ins Abenteuer gestürzt. Er sich auch. Zuerst neigte ich noch ängstlich dazu, die bevorstehende Trauung möglichst nüchtern zu betrachten. Doch am Grossen Tag war es plötzlich ganz wunderbar zu wissen, dass der Mann sich für mich entschieden hat - obwohl er weiss, was für ein Reibeisen ich sein kann, und wie kränklich ich bin. Ich war so glücklich wie selten. Er, sonst ein wenig zum Granteltum neigend, strahlte mit mir um die Wette.

Kam noch dazu, dass drei wunderbare Frauen mit halfen, mich so richtig zur Prinzessin herauszuputzen. Ich liess mich sogar schminken, und zwar richtig. Ich sage das jetzt einfach mal so: Ich sah blendend aus. Und ich muss sagen: Mit Hilfe einer gewiss mehrere Millimeter dicken Schutzschicht aus Make-up kann man auch leichter über die sonst recht schmerzlichen Unzulänglichkeiten einiger Verwandter hinweglächeln.

Und danach war es nicht einfach vorüber. Nein. Wenn der Mann und ich jetzt Reibereien habe, sage ich schon mal zu ihm: "Du hast mich nicht geheiratet, damit du mich jetzt so anpfurren kannst." Oder ich denke: "Ich muss schon auch meinen Beitrag leisten, damit diese Ehe gelingt." Ich hoffe, dass ich das nicht mehr vergesse. Dann ist das Fest viel mehr wert als ich geglaubt hatte.

1
Aug
2016

Düster, düster

Die Weltlage ist ungemütlich, auch in unserem kleinen Europa. Seit der Brexit-Abstimmung ist der Zerfall der Europäischen Union in den Bereich des Möglichen gerückt. Der Klimawandel schickt schon mal seine Regenfluten voraus. Und wenn man gewissen Experten glauben will, hat die so genannte Flüchtlingskrise eben erst begonnen.

Früher, denken, früher war alles besser. Wir hatten Gewissheiten: Die EU wird weiter wachsen. Wir werden immer einen Job haben (wenn wir uns nicht zu blöd anstellen), und für unsere Kinder wird alles gut. Und das mit dem Klimawandel: Naja, das sagt man uns seit dreissig Jahren. Aber wir wären ja blöd gewesen, wenn wir deswegen auf's Fliegen verzichtet hätten. Alle anderen haben das schliesslich auch nicht getan.

Ja, eben. Dieses Horrorszenario kennen wir seit zwanzig Jahren. Überhaupt gab es eigentlich immer jede Menge Schrecknisse am Horizont. Wer sich nicht daran erinnert, verklärt die Vergangenheit. Meine Mutter hat einmal gesagt: "Als du zwei Jahre alt warst, hatten wir den Sechstagekrieg. Wir hatten schon Angst, dass daraus ein Weltkrieg wird. Und du warst doch noch so klein." Meine Mutter war nicht mit der Gewissheit geboren, dass es nie wieder Krieg geben wird. Sie hat Jahrgang 1942. Aber wer erinnert sich hier in der Gegend heute noch an den Sechstagekrieg?

Bis zu meinem 24. Lebensjahr war sowieso Kalter Krieg mit allem, dazugehörte: Atombomben, Stellvertreterkriege in Vietnam und Afghanistan, dem bösen Kommunismus. Wer damals in die Kristallkugel blickte, sah nichts als Tod, Zerstörung und Knechtschaft.

Als ich 16 war, kam die Horrorvision vom Waldsterben. Ich erinnere mich noch gut, wie ich als junges Mädchen in unserer Gegend durch den Wald fuhr und die Abgas-Schäden zu sehen versuchte.

Als junge Menschen liebten wir es, nach ein paar Gläschen Wein richtige Horrorszenarien auszumalen. Eines Abends im Jahre 1991 sassen wir in einem Industrievorort meiner Stadt. Wir begannen aufzuzählen, welche Fabriken verkauft worden waren, welche Leute entlassen hatten und welche demnächst schliessen würden. Es drohte Massenarbeitslosigkeit. Wie sollte das herauskommen? Was würde aus all diesen Leuten werden?

Aber die entlassenen Büezer fanden irgendwo wieder Arbeit. Gegen das Waldsterben erfand man den Katalysator. Und der Kommunismus brach eines Tages einfach in sich zusammen.

Ich will nicht sagen, dass wir diesmal auch so glimpflich davonkommen. Ich sage nur: Früher gab es auch Horrorszenarien. Nicht alle sind Realität geworden.

Mein Beitrag zum siebten Wort von Dominik Leitners famosem Projekt *txt. Das Wort heisst "verklären".

24
Jul
2016

Türkische Freundin

A. hat dunkle Locken wie ich und spricht ein fröhliches, gebrochenes Englisch. Ich lernte sie vor Jahren irgendwo in der Türkei kennen. Schon damals arbeitete sie in einem Hotel ein einer Touristenstadt, hatte mit Kopftüchern nicht viel am Hut und trank gerne ein Gläschen. Eine Frau Mitte dreissig, ohne Mann, aber mit einer grossen Familie. Eine Frau, die viel arbeitet, gerne reist und das Leben geniessen will.

Wir sind all die Jahre in lockerem Kontakt geblieben. Vier Tage nach dem Putschversuch erkundigte ich mich, wie es ihr gehe. Die Antwort kam schnell und klang verzweifelt. "Mein Hotel wird sehr bald geschlossen", schreibt sie. "Wir hatten grosse Probleme, zuerst mit den Russen, dann die Anschläge in Istanbul. Ich weiss nicht, wie es weitergeht. Wir versuchen, irgendwie zu überleben."

Davor waren die Berichte aus der Türkei für mich durchaus beunruhigend, aber auch schemenhaft. Putschversuch, Einschränkung der Pressefreiheit, verhaftete Richter, Massendemonstrationen von Erdogan-Anhängern, eine handfeste Wirtschaftskrise - das alles übersteigt das durchschnittliche westliche Fassungsvermögen.

Aber seinen Job zu verlieren, mitten in einer Zeit, in der alle anderen auch ihren Job verlieren! Das ist schlimm, das kann ich nochvollziehen. Der Rest ist wohl mindestens so schlimm, ich ahne es nun plötzlich. "Ich empfinde tiefe Furcht, wenn ich an die kommenden Tage denke", schreibt A.

Ich wünschte, ich könnte etwas tun. Aber selbst wenn ich hier, auf einem sterbenden Blog mit zwei Dutzend Lesern, dem Schrecken eine Stimme zu geben versuche, ist das im Grunde heikel. Wir wissen ja, dass der zensurwütige Erdogan seinen Blick auch auf die westlichen Medien gerichtet hat. Mir kann er nichts anhaben. Aber A.?

16
Mai
2016

Mein Wäschekorb, mein Brotmesser


Mein Erwachsenenleben begann mit genau zwei Anschaffungen: einem Brotmesser und einem Wäschekorb. Beide Gegenstände erinnern mich heute noch daran, wie knapp ich damals die Kurve gekriegt habe.

Ich war 21, hatte eben ein Studium an der Uni begonnen und war in eine fremde Stadt gezogen. Ich wohnte zur Untermiete bei einem Kumpel. Der Kumpel hatte kein Brotesser. Und ohne Brotmesser, gopfriedstutznochmal, ohne Brotmesser kann die Enkelin eines Bäckers nicht leben, sagte ich. Also kaufte ich eins. Sonst jedoch fügte ich Kumpels wenigen Besitztümern kaum etwas hinzu. Auch nicht in meinem möblierten Zimmer, in dem ein fremder Schreibtisch stand und ein fremdes Büchergestell und ein fremdes Bett - und mein eigener Wäschekorb, dessen Anblick wahrhaftig meine Seele wärmte, wenn auch nicht hinreichend.

Sagt unsere Wohnungseinsrichtung etwas über den Zustand unserer Seele? Wahrscheinlich schon. Aber wer kann die Zeichen richtig lesen?

Ich frönte der Kargheit. Ich hatte wenig Geld, aber daran allein lag es nicht. All den Krimskrams meiner Mädchenjahre, meine Bücher, meine Bilder hatte ich bei meinen Eltern zurückgelassen. Dass ich dort quasi fluchtartig auszog, fühlte sich an wie ein Racheakt - auch wenn ich nicht genau wusste, wofür. Ich liess mir sogar die Haare schneiden, meine dichten, lockigen Haare. All diese Äusserlichkeiten, ich brauche sie nicht. Ich war Asketin. Ich war nackt und neu auf dem Planeten. Ich würde mich selber erfinden.

Zuerst ging alles gut. Ich blickte aus neunten Stock von Kumpels Wohnsilo hinaus in die grauen Novembertage. Ich schwelgte im Lesen, ich schrieb. Aber immer öfter begannen die Novembertage in mich hineinzublicken. Und dann die Dezembertage. Ich war oft allein. Vier Seminare und vier Vorlesungen die Woche - sie vermochten mein Bedürfnis nach Gesellschaft nicht zu stillen. Die Einsamkeit nahm mich in ihren Würgegriff. Ich glaubte, wahnsinnig zu werden. Ich blickte vom neunten Stock in die Tiefe und spürte unten, im Sandkasten, ihren Sog. Ich konnte mit niemandem darüber sprechen. Es war unaussprechlich. Das ging über Monate so. Oft konnte ich mich nur mit Mühe auf meine Bücher konzentrieren.

Im Februar flüchtete ich in eine Liebe, die nicht in meinen Lebensplan passte. Egal. Der Mann war wunderbar. Und hat mir wahrscheinlich das Leben gerettet. Der Plan - zweitrangig.

Später zog ich um. Allmählich begann sich mein Zimmer mit Habseligkeiten zu füllen. Die Angstzustände wurden seltener und kürzer. Hätte mein Leben eine andere Richtung genommen, wenn ich meine Wohnung von Anfang an anders eingerichtet hätte? Keine Ahnung. Egal. Es ist doch alles gut herausgekommen, denke ich heute.

Dies ist ein Beitrag zum famosen Projekt *txt von Dominik Leitner. Das fünfte Wort lautet Habseligkeiten.
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Journal einer Kussbereiten

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