16
Sep
2009

Mit der Hermes Giganta

Ist es der fast schon vorweihnachtliche Hochnebel, der seit Tagen zur Innerlichkeit einlädt? Oder war es der Besuch bei der Prinzessin, meiner Jugendfreundin? Was auch immer es ist: Irgendetwas drängt mich dazu, Fragen zu stellen. Unbequeme Fragen. Was habe ich einmal gewollt? Was bin ich geworden? Ist das ok? Oder habe ich die Versprechen meiner Jugend gebrochen?

Solche Fragen kommen zu einer himmeltraurigen Zeit, nicht nur wegen des Nebels: Meine Karriere als Journalistin existiert faktisch gerade nicht, auch wenn ich noch bei einer respektablen Zeitung mein Brot verdiene. Meinen Krimi ist Makulatur. Und was ich sonst noch schreiben will, weiss ich nicht. Es fehlt zwar nicht an Ideen. Aber es fehlt an Zeit. An Kraft. Und an Überzeugung.

Aber dann frage ich mich: Wem habe ich irgendetwas versprochen?

Und ich denke an die Zwölfjährige, die ich einmal war. Ich sehe mich an einer alten Schreibmaschine (später nannte ich sie stets "meine Hermes Giganta". Eine Hermes Baby habe ich nie besessen). Mit jener Schreibmaschine schrieb ich beachtliche 300 Seiten meines ersten Romans. Ich schrieb epische Geschichten für die Prinzessin. Und wenn mir gerade nichts einfiel, was selten vorkam, dann sass ich davor und malte mir meine Zukunft aus. Dann sah ich mich als erwachsene Frau mit einer Schreibmaschine in einem Zimmer. Und abends kam mein Mann nach Hause und fragte: "Na, was hast Du heute geschrieben?" Mehr sah ich nicht. Ich sah keine Kinder, keine berauschenden Buchvernissagen, keine Bestsellerlisten, kein Eigenheim und keine tollen Kleider. Nur meine Schreibmaschine und jenen Mann, der zur Tür hereinkam.

Und irgendwie ist genau das ja auch in Erfüllung gegangen - wenn auch nicht ganz genau so, wie ich es mir vorgestellt habe. Aber das ist schon in Ordnung: Kein Wunsch, keine Vorstellung erfüllt sich ja so, wie man es sich vorgestellt hat. Jedenfalls verhält es sich jetzt so: Wenn ich abends von der Arbeit nach Hause komme, dann finde ich dort Herrn T. vor seinem Computer und er fragt mich: "Na, was steht in der Zeitung von morgen?"

12
Sep
2009

Verschollene Freundin

Wenn wir alte, lange verschwundene Freundinnen besuchen, dann hoffen wir inständig auf den legendären Faden. Jenen Faden, den beide aufnehmen und weiter knüpfen können, ohne sich dabei zu langweilen. Wir wünschen uns, dass wir auf der Suche danach nicht zu tief in die Keller der Vergangenheit hinuntersteigen müssen. Denn dort liegen meist sowieso nur noch verstaubte und angenagte Textilstücke herum.

Was die Prinzessin betraf, so erwiesen sich diesbezügliche Sorgen zum Glück als unbegründet. Uns verband mehr als ein Faden. Uns verband sogar mehr als ein ganzes Fadenkneuel. Ja, manchmal schienen die Fäden wie die Fluten eines Wasserfalls auf uns niederzustürzen (So kam es mir jedenfalls vor). Wir redeten drei Tage lang. Fast ohne Pause.

Schnell fragte ich mich, wie ich sie vor meiner Reise "Prinzessin" habe nennen können. Klar, sie ist noch immer die zierliche, zauberhafte Person, die sie mit 18 war. Aber sie hat etwas angefangen mit ihrem Leben. Und wenn ich eine typische Handbewegung von ihr wiedergeben müsste, dann wäre es ihre feingliedrige Faust. Halb kämpferisch, halb spielerisch streckt sie sie vor, wenn sie ihr Auto in die Verkehrslücken von Paris zwingt.

Ich habe jetzt zwar noch keinen neuen Namen für sie.

Aber dafür endlich das richtige Buch:

Dieses hier.

5
Sep
2009

Buch für die Prinzessin

Gestern betrat ich voller Tatendrang eine grosse Buchhandlung in meiner Stadt. Ich wollte ein Buch für die Prinzessin kaufen. Sie hatte mir geschrieben, ich solle ihr nichts anderes als ein Buch nach Paris mitbringen. Ein Buch, das ich gemocht habe.

Nun, mir fällt auf Anhieb ein halbes Dutzend Bücher ein, die ich gerne einer Freundin schenken würde. Als erstes dieses hier:

Das ist ein deftiger Roman. Ein Buch, das in einer unverblümten Sprache alles abhandelt, was Frauen so beschäftigt: schwache Männer, Sex oder wie man ihn vermeidet, ungezogene Kinder, resolute Mütter, das Älterwerden, Deutschland während der Judenverfolgung, Amerika und vieles mehr. Es ist ein Buch, das viele Frauen einander schenken, glaube ich. Ich habe meines von meiner Schwägerin Stella bekommen. Und in der Buchhandlung stehen gleich drei Stück davon auf dem Gestell.

Aber für die Prinzessin... naja... ich habe sie seit mindestens 25 Jahren nicht gesehen. Unsere erste Freundschaft endete vor bald 30 Jahren. Und im Moment kann ich höchstens freudig hoffen, dass aus unserem Wiedersehen eine zweite wächst. Man stelle sich eine solche Situation vor! Ich meine: Gemessen an der Bedeutung des kommenden Treffens ist "Grossmutter packt aus" vielleicht doch zu wenig gewichtig. Vielleicht doch nur "just another novel". Also etwas anderes. Vielleicht das hier:

Das habe ich vor vielleicht sieben oder acht Jahren mit Begeisterung gelesen. Die Anlage der Geschichte ist unkonventionell, poetisch: Ein grünes Akkordeon kommt mit einem italienischen Einwanderer nach Amerika und wandert dann von Einwandererhand zu Einwandererhand. Ein wunderbares Buch, fand ich damals. Und unkonventionell, poetisch... ja, das ist gut. Die Prinzessin war immer die Poetischere von uns beiden. Sie singt. Sie tanzt. Ich bin anders. Ich bin prosaisch. Ich mag lange Geschichten. "Ds grüne Akkordeon hätte also etwas Verbindendes. Aber... Das grüne Akkordeon ist kein ganz neues Buch und vielleicht doch schon ein wenig vergessen. Vielleicht sollte es etwas Moderneres sein. Modern und poetisch... modern und poetisch... da sehe ich diesen Band:

Der könnte der Richtige sein! Denn jeder, dem ich von Pamuk erzähle, will dieses eine Buch lesen und kein anderes. Auch die Prinzessin könnte sich dafür interessieren. Denn die Prinzessin kennt den Orient, wenn auch nicht Istanbul, glaube ich. Das Problem ist nur: Ich habe genau dieses eine Buch selber nicht gelesen. Wie könnte ich also ernsthaft beurteilen, ob es der Prinzessin gefallen wird. Seufz! Also gut: Dann vielleicht das hier:

Das ist auch ein Buch über den Orient. In einem gewissen Sinne jedenfalls. Ein bewegendes Buch. Ein Nobelpreis-Buch. Aber es hat einen Haken: Man muss es mit einem langen Atem lesen. Man muss Zeit haben, sich vom ruhigen, mächtigen Strom dieser Geschichte wegtragen zu lassen. Man liest es am besten in den Ferien. Und Ferien... nein, ich glaube, Ferien habe demnächst nur ich. Nicht die Prinzessin. Tja... dann schenke ich ihr ein sprachlich virtuoses, aber kurzweiliges Buch. Eins, das mich vor 13 Jahren gelehrt hat, mich selber zu verstehen. Da steht es, mitten im Gestell:

Aber nein! 13 Jahre! Wie kann ich wissen, ob dieses Buch den Test von 13 Jahren Geschichte überstanden hat? Ob man es heute noch lesen kann, ohne es zu belächeln? Ob es auch eine Frühvierzigerinmit Gewinn lesen kann? Nein, das kann es nicht sein!

Ich bin am Ende meines Lateins!

Deshalb verlasse ich die Buchhandlung. Ohne Buch für die Prinzessin. Dafür habe ich für mich zwei neue Titel gekauft: Pamuks "Istanbul" und das hier:



Zum Glück fahre ich erst am Dienstag. Ich gehe am Montag noch einmal in die Buchhandlung!

4
Sep
2009

Mobbing auf dem Bauernhof

Zur Zeit erregt ein Werbefilm für Schweizer Obst am Schweizer Fernsehen meinen Ärger.



Anstoss erregt bei Frau Frogg die Stelle, an der der Hund sagt: "...bevor der anger wider chunt". (Auf Hochdeutsch: ..."bevor der andere wieder kommt"). Der Hund meint den dümmliche Gänserich mit der Quakstimme. Offenbar ärgert sich der Köter über die Gans. Und das sagt er dem Publikum in anbiederndem Ton - als es der Vogel noch nicht hören kann. Damit erfüllt dieses "bevor der anger wider chunt" erfüllt meines Erachtens den Tatbestand des Mobbing: Der Hund sucht das Publikum als Verbündeten gegen den ohnehin schon schwächeren Gänserich.

Okay, okay! Es ist ja nur Fernsehwerbung! Warum sollten sich Werbefiguren plötzlich vorbildlich verhalten?

Ja, okay, aber nume zum säge: Es nimmt ausgerechnet unserer Frau Frogg, einer grossen Zwetschgenliebhaberin, die Lust auf den Kauf von Schweizer Zwetschgen. Denn wenn schon die Tiere unter diesen Obstbäumen so lieblos miteinander umgehen - wie steht es dann erst mit den Menschen?

2
Sep
2009

Meistgelesen

Vor rund einem Monat habe ich mir von Herrn T. einen Blogcounter installieren lassen. Seither ist dieser eine meiner Lieblingslektüren geworden. Er schmeichelt Frau Frogg's Eitelkeit. Endlich sieht sie, wenigstens ahnungsweise, wer den Froggblog liest. Denn der Blogcounter zeigt so genannte Referer. Das heisst: Frau Frogg sieht dort, von welchen Rechnern oder Seiten jemand bei ihr gelandet ist. Ausserdem kann sie ablesen, welche ihrer Beiträge am meisten gelesen werden.

Eine erfreuliche Sache. 1560 Besucher verzeichnet der Froggblog in einem Monat. 1107 kamen direkt auf die Homepage, das heisst: Sie lasen jeweils den neuesten Eintrag. Doch es kam auch zu einer herben Enttäuschung: Frau Frogg hatte sich ja immer mit der Überzeugung geschmeichelt, es sei die Qualität ihrer Schreibe, die Leser in nicht geringer Zahl zu ihr lockten. Aber jetzt stellt sie fest: Dem ist nicht so. Ihr Top-Referrer ist http://images.google.de/. Sage und schreibe 312 Klicks kamen über die Bildsuch-Maschine bei Frau Frogg herein.

Dieser Anteil an Bildguckern gibt mir zu denken. Erst recht, weil ein Eintrag mit einem ganz und gar aussergewöhnlichen Bild dritter Stelle der Froggblog-Hitparade steht. Dieses hier:



Sage und schreibe 168 Personen sind laut Blogcounter angeblich wegen dieses Bildes auf meine Website aufmerksam geworden. Die Sultane von Istanbul werden sich darüber im Himmel der Muslime die Hände reiben. Denn es handelt sich um die Tughra, ihr Logo. Für mich aber ist die Sache geradezu peinlich: Ich habe das Bild nicht einmal selbst gemacht. Ich habe es lediglich einmal von www.arabische-kalligrafie.ch für den Beitrag Abschied von Istanbul herunterkopiert.

Und: Ich bin mir nicht einmal sicher, ob all die Betrachter der Tughra wirklich auf meiner Seite waren. Oder ob das Bild nur auf der Suchmaschine erschienen ist.

Nun, ich weiss: Es gilt als unanständig, fremder Leute Bilder in den eigenen Blog zu kopieren. Wahrscheinlich ist diese leichte Verzerrung meiner Leserzahlen die gerechte Strafe für diesen Verstoss gegen Blogger'sche Anstandsregeln.
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Journal einer Kussbereiten

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Danke für diesen Kommentar, eine sehr traurige Geschichte....
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