5
Sep
2009

Buch für die Prinzessin

Gestern betrat ich voller Tatendrang eine grosse Buchhandlung in meiner Stadt. Ich wollte ein Buch für die Prinzessin kaufen. Sie hatte mir geschrieben, ich solle ihr nichts anderes als ein Buch nach Paris mitbringen. Ein Buch, das ich gemocht habe.

Nun, mir fällt auf Anhieb ein halbes Dutzend Bücher ein, die ich gerne einer Freundin schenken würde. Als erstes dieses hier:

Das ist ein deftiger Roman. Ein Buch, das in einer unverblümten Sprache alles abhandelt, was Frauen so beschäftigt: schwache Männer, Sex oder wie man ihn vermeidet, ungezogene Kinder, resolute Mütter, das Älterwerden, Deutschland während der Judenverfolgung, Amerika und vieles mehr. Es ist ein Buch, das viele Frauen einander schenken, glaube ich. Ich habe meines von meiner Schwägerin Stella bekommen. Und in der Buchhandlung stehen gleich drei Stück davon auf dem Gestell.

Aber für die Prinzessin... naja... ich habe sie seit mindestens 25 Jahren nicht gesehen. Unsere erste Freundschaft endete vor bald 30 Jahren. Und im Moment kann ich höchstens freudig hoffen, dass aus unserem Wiedersehen eine zweite wächst. Man stelle sich eine solche Situation vor! Ich meine: Gemessen an der Bedeutung des kommenden Treffens ist "Grossmutter packt aus" vielleicht doch zu wenig gewichtig. Vielleicht doch nur "just another novel". Also etwas anderes. Vielleicht das hier:

Das habe ich vor vielleicht sieben oder acht Jahren mit Begeisterung gelesen. Die Anlage der Geschichte ist unkonventionell, poetisch: Ein grünes Akkordeon kommt mit einem italienischen Einwanderer nach Amerika und wandert dann von Einwandererhand zu Einwandererhand. Ein wunderbares Buch, fand ich damals. Und unkonventionell, poetisch... ja, das ist gut. Die Prinzessin war immer die Poetischere von uns beiden. Sie singt. Sie tanzt. Ich bin anders. Ich bin prosaisch. Ich mag lange Geschichten. "Ds grüne Akkordeon hätte also etwas Verbindendes. Aber... Das grüne Akkordeon ist kein ganz neues Buch und vielleicht doch schon ein wenig vergessen. Vielleicht sollte es etwas Moderneres sein. Modern und poetisch... modern und poetisch... da sehe ich diesen Band:

Der könnte der Richtige sein! Denn jeder, dem ich von Pamuk erzähle, will dieses eine Buch lesen und kein anderes. Auch die Prinzessin könnte sich dafür interessieren. Denn die Prinzessin kennt den Orient, wenn auch nicht Istanbul, glaube ich. Das Problem ist nur: Ich habe genau dieses eine Buch selber nicht gelesen. Wie könnte ich also ernsthaft beurteilen, ob es der Prinzessin gefallen wird. Seufz! Also gut: Dann vielleicht das hier:

Das ist auch ein Buch über den Orient. In einem gewissen Sinne jedenfalls. Ein bewegendes Buch. Ein Nobelpreis-Buch. Aber es hat einen Haken: Man muss es mit einem langen Atem lesen. Man muss Zeit haben, sich vom ruhigen, mächtigen Strom dieser Geschichte wegtragen zu lassen. Man liest es am besten in den Ferien. Und Ferien... nein, ich glaube, Ferien habe demnächst nur ich. Nicht die Prinzessin. Tja... dann schenke ich ihr ein sprachlich virtuoses, aber kurzweiliges Buch. Eins, das mich vor 13 Jahren gelehrt hat, mich selber zu verstehen. Da steht es, mitten im Gestell:

Aber nein! 13 Jahre! Wie kann ich wissen, ob dieses Buch den Test von 13 Jahren Geschichte überstanden hat? Ob man es heute noch lesen kann, ohne es zu belächeln? Ob es auch eine Frühvierzigerinmit Gewinn lesen kann? Nein, das kann es nicht sein!

Ich bin am Ende meines Lateins!

Deshalb verlasse ich die Buchhandlung. Ohne Buch für die Prinzessin. Dafür habe ich für mich zwei neue Titel gekauft: Pamuks "Istanbul" und das hier:



Zum Glück fahre ich erst am Dienstag. Ich gehe am Montag noch einmal in die Buchhandlung!
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