29
Jan
2008

Cleveres Bürschchen

Für Kite Runner muss man in der Schweiz keine Werbung machen. Der Film ist von Marc Forster, und da überbieten sich die Medien schon vor Erscheinen des Films wochenlang mit Lobeshymnen. Das ist der Grund. Dennoch erlaube ich mir hier drei Bemerkungen.

Erstens: Forster demonstriert nicht zum ersten Mal, dass er sehr genau weiss, wie man die Tränendrüsen der Madame Frogg stimuliert. Während des langsamen Sterbens von Held Amirs Vater (Hamayoun Ershadi) jedenfalls wusch mir das Augenwasser richtige Schneisen in die Tagescreme und ich sagte mir: Den James Bond-Streifen, den Forster jetzt gerade dreht, sehe ich mir jedenfalls nicht an. Ich meine: In einem James Bond-Film will man doch lachen und nicht weinen! (Wobei ich beim Herumlesen festgestellt habe, dass offenbar nicht alle Kinofreunde die Tränendrüsen am gleichen Ort haben!)

Und zweitens. Es gibt darin eine Szene, die mich total faszieniert hat. Sie findet gleich zu Beginn der Films statt. Die beiden Buben Amir (rechts) und Hassan sind darin mit ihrem Drachen in den Strassen Kabuls unterwegs.



Schliesslich knien sie zusammen in einer nicht allzu sauberen Ecke und Hassan beteuert Amir: "Du bist mein bester Freund. Ich würde Dreck essen, wenn Du mich darum bitten würdest!" Die Kamera bewegt sich in dieser Szene hinter Amir und man sieht seinen Schultern an, dass sich in seinem Hirn die Versuchung formt, es zu tun: Seinen Freund hier und jetzt zu bitten, Dreck für ihn zu fressen. Doch bevor er sprechen kann, sagt Hassan: "Aber würdest Du mich je um so etwas bitten?" Eine rhetorische Frage, mit der er seinen Freund im letzten Moment zu einem guten Freund macht. Da sagt sich Betrachterin Frogg: Dieser kleine Hassan hat ja eine massenhaft von dem, was man heutzutage auf dem Arbeitsmarkt soziale Kompetenz nennt. Leider nützt sie ihm nicht viel. Er wird erst von Amir verraten, später von den Taliban umgebracht. Soziale Kompetenz ist eben roher Gewalt nicht gewachsen. So rührselig, das zu behaupten, ist Forster denn doch nicht.

Und drittens? Ich gebe dem Film drei Sterne (von fünf). Klar, es ist ein schöner Film, mit faszinierenden und manchmal poetischen Bildern aus Asien. Amirs Vater ist eine vielschichtig Figur, und Ershadi spielt sie mit unglaulicher Kraft. Amir selbst überzeugt mich nicht recht: Seine Wandlung am Schluss des Films geht mir zu weit. Es fällt mir schwer zu glauben, dass ein so introvertierter Mensch schliesslich so viel Zivilcourage entwickelt (auf der anderen Seite.... aber das wäre Stoff für einen zweiten Eintrag). Zu undifferenziert werden mir die Taliban dargestellt. Ich hatte nicht erwartet, im Film netten Taliban zu begegnen. Aber sie müssten ja nicht allesamt bärtige Verkörperungen des Bösen ohne Motiv sein.

27
Jan
2008

Wer ist der Stärkere?

Meine Freundin Monika erzählt mir, jemand habe ihren Mann Leo gelobt. Eine seiner Berufskolleginnen. Leo sei ein sooo integrativer Typ, habe die Kollegin gesagt. Einer, der so vieles möglich mache.

Monika sagt, das sei für sie ungewohnt gewesen. „Beunruhigend war das“, sagte sie. „Fast habe ich mir gewünscht, sie hätte sich über ihn geärgert. Dann hätte ich mich nicht fragen müssen, ob ich nicht vielleicht doch die Geringere von uns beiden bin.“

23
Jan
2008

Die Krise kommt

Auf den Tag genau vor einer Woche haben endlich jemand die Katze aus dem Sack gelassen: "Die Welt und mit ihr die Schweiz steuern auf harte Zeiten zu", sagte ein Kommentator im "Echo der Zeit" auf Radio DRS1.

Anlass war, dass wieder eine Bank in den USA 15 Milliarden US-Dollars abgeschrieben hatte. Aus der Hypothekarkrise war eine Kreditkrise geworden. Nun war es endlich unmöglich geworden, dem Schweizer Medienpublikum weiter vorzudüdeln, die Krise in Amerika habe überhaupt keine Auswirkungen auf die Schweiz, es sei alles in bester Ordnug, kein Grund zur Beunruhigung, die Asiaten würden schon... undsoweiter undsoweiter. Endlich sah Pessimistin Frogg bestätigt, was sie ohnehin schon gewusst hatte: dass die guten Zeiten wieder mal vorbei sind.

Es war kurz nach sechs Uhr abends. Ich stand am Fenster unseres Hotelzimmers in Melchsee-Futt und schaute hinaus in die Januarnacht. Draussen wirbelte heftiger Wind eisig kalte Schneestaubschwaden unter den Strassenlampen auf. Es war ein stiller Moment, fast feierlich. So wie damals, als die ersten Kosovo-Bomben fielen. Wahrscheinlich der einzige Moment unserer Ferien, den ich nie vergessen werde.

20
Jan
2008

Hyperaktiv

An normalen Wochentagen ausserhalb der Hauptsaison ist Melchsee-Frutt ein idyllisches, von Skifahrern und Spaziergängern in erträglicher Zahl frequentiertes Ferienörtchen.



Aber wehe, wenn der Samstag oder Sonntag ein Prachtstägli ist! Wenn die Sonne scheint und der Wind sich legt! Dann wimmelt es dort oben von Spaziergängern, von Schneeschuhläufern, von Langläuflern, von Skifahrern und von Snowboardern. Dann treffen sich dort die ordinären Hündeler und die Schlittenhündeler. Dann pickelt dort ein halbes Dutzend Sportfischer Löcher in den zugefroreren See, alle stellen Stühle aufs Eis und holen aus dem Wasser, was zu holen ist.

So frönt jeder seinem Hobby, und alle sind beschäftigt. Nur die Frogg, sonst dem sportlicher Betätigung durchaus nicht abgeneigt, steht auf einmal staunend da und fragt sich, warum eigentlich niemand einfach an der Sonne sitzen und zufrieden sein kann.

12
Jan
2008

... und tschüss!

Freunde, ich wollte mich hier nur kurz abmelden. Ich fahre für eine Woche in die Skiferien.
Damit Ihr unterdessen etwas zu Lesen habt, hier ein Link auf einen Frogg-Klassiker übers Skifahren.

Ansonsten…: tschüss zusammen und eine schöne Zeit!
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