Eine glückliche Ehe
Auf vielfachen Wunsch liefere ich hier noch den Schluss der Liebesgeschichte von Karl und Katharina nach. Ich bin ja nach der letzten Folge nicht nur ohne Abmeldung in die Ferien verreist. Ich war auch noch überzeugt, die Geschichte fertig erzählt zu haben. Aber einige meiner Leserinnen kennen mich besser als ich selber - denn dieser Text schwirrt mir schon seit Beginn der Serie im Kopf herum:
1958 heirateten Karl und Katharina. Die Ehe sei sehr, sehr glücklich gewesen, sagt sie. "Er hat mich auf Händen getragen, immer!" Dann erzählt sie, wie er, der Frühaufsteher, ihr jeden Morgen eine Tasse Kaffee ans Bett gebracht habe. Sie klingt dabei ein bisschen wie meine verstorbene Grossmutter Walholz. Auch deren Mann, Eugen, war der liebste und der beste aller Ehemänner gewesen. Jedenfalls in ihrer Erinnerung. Ich bin bei solchen Schilderungen immer etwas misstrauisch. Ich meine: Es muss doch auch in den Ehen unserer Grossmütter öde Strecken gegeben haben, Szenen, Zweifel, Verzweiflung, verbotene Sehnsüchte. Verdankt sich das Eheglück unserer Grossmütter einer gnädigen Erinnerung, die manches aufhellt und retouchiert? Oder dem Wunsch der Erzählerin, der jüngeren Zuhörerin von einem gelungenen Leben zu berichten?
Oder waren unsere Grossmütter einfach glücksfähiger als unsere Mütter ("seit er pensioniert ist, ist er immer zu Hause. Manchmal halte ich es fast nicht aus")? Oder meine jüngeren Freundinnen ("Er ist der Mann meines Lebens!" seufzen sie mit rot geweinten und blau geränderten Augen über den unsteten Gesellen, der sich nach letzter Nacht noch auf der Bettkante dann doch wieder für die Ehefrau entschieden hat)?
Wie dem auch sei: Die Ehe von Karl und Katharina überdauerte bis ins neue Jahrtausend. Die beiden hatten zwei Töchter. Sie lebten ihr ganzes Leben lang in ihrer kleinen Wohnung in Luzern und gerieten auch mal mit der barschen Vermieterin aneinander - im Rückblick heitere Episödeli. Karl wurde Lastwagenfahrer und nach seiner Pensionierung ein passionierter Gärtner.
Und dann, eines Tages in den nuller Jahren, fuhr er am Morgen schnell mit dem Rad hinaus nach Horw. Katharina wartete auf ihn mit dem Zmittag. Aber er kam nicht. Dafür kamen später zwei Männer. Als sie die vor der Tür sah, wusste sie sofort, dass etwas Schlimmes passiert war. Und in der Tat: Karl war kurz vor der Allmend auf der Hauptstrasse vom Velo gefallen wie ein Sack Zement - plötzlicher Herztod.
Die Erinnerung daran kennt keine Gnade. Sie ist und bleibt entsetzlich.
Diesen Beitrag habe ich auch beim Herrn neonwilderness angemeldet - als Beitrag zu seinem Glück bringenden Projekt *txt. Das zehnte Wort: "Glück".
1958 heirateten Karl und Katharina. Die Ehe sei sehr, sehr glücklich gewesen, sagt sie. "Er hat mich auf Händen getragen, immer!" Dann erzählt sie, wie er, der Frühaufsteher, ihr jeden Morgen eine Tasse Kaffee ans Bett gebracht habe. Sie klingt dabei ein bisschen wie meine verstorbene Grossmutter Walholz. Auch deren Mann, Eugen, war der liebste und der beste aller Ehemänner gewesen. Jedenfalls in ihrer Erinnerung. Ich bin bei solchen Schilderungen immer etwas misstrauisch. Ich meine: Es muss doch auch in den Ehen unserer Grossmütter öde Strecken gegeben haben, Szenen, Zweifel, Verzweiflung, verbotene Sehnsüchte. Verdankt sich das Eheglück unserer Grossmütter einer gnädigen Erinnerung, die manches aufhellt und retouchiert? Oder dem Wunsch der Erzählerin, der jüngeren Zuhörerin von einem gelungenen Leben zu berichten?
Oder waren unsere Grossmütter einfach glücksfähiger als unsere Mütter ("seit er pensioniert ist, ist er immer zu Hause. Manchmal halte ich es fast nicht aus")? Oder meine jüngeren Freundinnen ("Er ist der Mann meines Lebens!" seufzen sie mit rot geweinten und blau geränderten Augen über den unsteten Gesellen, der sich nach letzter Nacht noch auf der Bettkante dann doch wieder für die Ehefrau entschieden hat)?
Wie dem auch sei: Die Ehe von Karl und Katharina überdauerte bis ins neue Jahrtausend. Die beiden hatten zwei Töchter. Sie lebten ihr ganzes Leben lang in ihrer kleinen Wohnung in Luzern und gerieten auch mal mit der barschen Vermieterin aneinander - im Rückblick heitere Episödeli. Karl wurde Lastwagenfahrer und nach seiner Pensionierung ein passionierter Gärtner.
Und dann, eines Tages in den nuller Jahren, fuhr er am Morgen schnell mit dem Rad hinaus nach Horw. Katharina wartete auf ihn mit dem Zmittag. Aber er kam nicht. Dafür kamen später zwei Männer. Als sie die vor der Tür sah, wusste sie sofort, dass etwas Schlimmes passiert war. Und in der Tat: Karl war kurz vor der Allmend auf der Hauptstrasse vom Velo gefallen wie ein Sack Zement - plötzlicher Herztod.
Die Erinnerung daran kennt keine Gnade. Sie ist und bleibt entsetzlich.
Diesen Beitrag habe ich auch beim Herrn neonwilderness angemeldet - als Beitrag zu seinem Glück bringenden Projekt *txt. Das zehnte Wort: "Glück".
diefrogg - 21. Jul, 18:09
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